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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Kaukasische Bergvölker; Kaukasische Kosakenheere; Kaukasische Kriege

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Kaukasische Bergvölker – Kaukasische Kriege

Die Bevölkerung besteht, außer den kaukas. Bergvölkern (s. Kaukasusvölker), aus 2 326 000 Russen, 994 000 Armeniern, über 900 000 Georgiern, 1 100 000 Tataren, 8200 Kurden, 4700 Juden, 45000 Griechen, etwa 22 000 Deutschen (15 Kolonien in Ciskaukasien, 8 in Transkaukasien), 12 000 Persern u. s. w. Der größte Teil bekennt sich zur orthodoxen Kirche; sehr bedeutend ist auch die Zahl der Mohammedaner (Sunniten und Schiiten); die Kalmücken im Gouvernement Stawropol sind zumeist Buddhisten, und in Eriwan leben gegen 7000 Jesiden. Sitz der Verwaltung ist Tiflis, Generalgouverneur und Generalkommandant der Armee des Kaukasus der General der Kavallerie Fürst Scheremetjew. – 1785 wurde schon eine russ. Statthalterschaft K. errichtet, die sich jedoch nur auf die Nordseite des Kaukasus beschränkte. Sie dehnte sich mit dem Fortschreiten der Eroberungen (s. Kaukasische Kriege) immer mehr aus und wurde 1882 in das Generalgouvernement K. umgewandelt.

Kaukasische Bergvölker, s. Kaukasusvölker.

Kaukasische Kosakenheere, kaukas. Truppen, die aus dem Kuban-Kosakenheer (s. d.) und dem Terek-Kosakenheer (s. d.) bestehen.

Kaukasische Kriege. 1770 betraten die ersten Russen das kaukas. Gebiet. Der zwischen Rußland und der Türkei 1768 entbrannte Krieg brachte ersteres durch den Frieden von Küčük-Kainardža (21. Juli 1774) in den Besitz der Kuban- und Tereklinie. 1785 wurde aus den Gebieten Jekaterinograd, Mosdok, Alexandrow und Stawropol die kaukas. Statthalterschaft gebildet. 1796 kamen die Städte Derbent, Kuba und Baku unter russ. Herrschaft. Während bereits 1783 der unter pers. Oberhoheit stehende christl. Fürst Iraklis II. von Georgien russ. Vasall geworden war, fiel unter dem Nachfolger desselben, Georg III., Georgien an Rußland und wurde 1801 ein russ. Gouvernement. 1802 erwarben die Russen Ossetien, 1803 Lesghien, und in den Kämpfen mit den Persern 1804–13 verloren letztere in dem Frieden von Gulistan (24. Okt. 1813) den größten Teil ihrer kaukas. Besitzungen: die Chanate Gandscha (Kreis Jelisawetpol), Schirwan (Schemacha), Talisch (Lenkoran) und Karabagh (Schuscha), während 1804 schon Mingrelien und 1810 Imeretien unter russ. Herrschaft gekommen war. Fast ganz Transkaukasien war russ. Gebiet geworden; noch nicht unterworfen waren aber die Gorzen, die die Gebirge bewohnenden Bergvölker, mit welchen der Kampf erst 1816 durch den russ. General Jermolow aufgenommen wurde. Es kam darauf an, sie möglichst abzuschließen. Infolgedessen legte man eine Reihe mit Kosaken besetzter kleiner Befestigungen zwischen dem Kaspischen und Schwarzen Meere an. Die «Kaukasische Linie» zog von der Labamündung den Kuban aufwärts, längs der Malka bis zum Terek und diesen abwärts bis Kisljar; die «Tschernomorsche Linie» lief vom Schwarzen Meer längs des Kuban bis zur Labamündung und die Laba aufwärts. 1817 wurden hier die Befestigungen Grosnaja, 1819 Wnesapnaja errichtet. Durch die Besetzung des Schamkalschen Gebietes, des Kurinschen und Kasikumuchschen Chanats, der Großen und der Kleinen Kabarda, Akuschas und durch die Verwüstung der Tschetschnja wurde einerseits die bis dahin nur durch die Grusinische, mitten über das Gebirge und die längs des Kaspischen Meers führende Straße vermittelte Verbindung von Cis- und Transkaukasien hergestellt und andererseits die Trennung der Bergvölker bewirkt. Persien nahm 1826 den Krieg mit Rußland zur Wiedererwerbung seiner kaukas. Besitzungen wieder auf, mußte aber in dem Frieden von Turkmantschai (23. Febr. 1828) Eriwan und Nachitschewan an Rußland abtreten. Auch der Russisch-Türkische Krieg 1828–29 verlief für Rußland günstig, sodaß es in dem Frieden zu Adrianopel (14. Sept. 1829) den jetzigen Kreis Achalzych und die Festungen Anapa und Poti erwarb.

Während dieser Zeit entstand aber den Russen ein neuer, gefährlicher Feind in der von Mulla-Mohamed gepredigten Lehre des Muridismus, zu dessen Haupt Schamyl an Stelle des 1835 ermordeten Hamsat-Beg gemacht wurde. Erst 1839 begannen die Russen ernstlich gegen die Bergvölker vorzugehen. Es wurden drei Kolonnen formiert, von denen die eine unter Generallieutenant Rajewskij sich nach Westen wenden sollte, um an der Ostküste des Schwarzen Meers weitere befestigte Punkte anzulegen; die andere, unter Generallieutenant Golowin, ging gegen den Süden Dagestans nach dem obern Samur vor. Die dritte unter dem Generallieutenant Grabbe, in der Stärke von 5613 Mann und 900 Pferden, sollte von Wnesapnaja aus gegen den Norden Dagestans, wo sich Schamyl festgesetzt hatte, vorgehen. Am 2. Juni begann der Vormarsch von Wnesapnaja aus. Am 5. Juni traf man auf Schamyl, welcher etwa 5000 Streiter um sich versammelt hatte, und schlug ihn bei dem Aul Burtunai. Schamyl ging nach Arghuan und stellte sich hier mit 6000 Lesghiern den Russen entgegen. Trotz der fast unzugänglichen Lage dieses Dorfs erstürmten die Russen dasselbe 13. Juni; Schamyl floh nach seiner Felsenfeste Achulgo am Koi-su. Erst 3. Sept. wurde die Feste von den Russen mit einem Verluste von 150 Mann an Toten und 494 Mann an Verwundeten genommen. Schamyl entkam, er flüchtete sich nach Weden, doch war der Muridismus noch nicht niedergeschlagen. Grabbe hatte seine Truppen nach Temir-Chan-Schura und Wnesapnaja zurückgeführt; und nach kurzer Zeit erhob sich wieder der ganze östliche Kaukasus, sodaß mehrere Jahre hindurch die Russen keine dauernden Erfolge hier erreichen konnten. 1843 eroberte Schamyl Awarien und das Land am Koi-su nebst neun russ. Forts, sodaß den Russen in Dagestan nur Nisowoje und Temir-Chan-Schura verblieben.

Das kaukas. Korps erhielt 1844 durch Zuweisung des ganzen 5. Armeekorps einen Zuwachs von 40 000 Mann. Dennoch verlor Fürst Woronzow 1844 mehrere feste Plätze an die Muriden und vermochte den Sitz Schamyls, die Feste Dargo, nicht zu gewinnen. Der Orientkrieg 1853–56 steigerte die Schwierigkeiten der Russen, deren Truppen im Kaukasus zwar auf 270 000 Mann verstärkt, aber durch die Bergvölker in solchem Umfange in Anspruch genommen wurden, daß gegen die Türken auf dem armenischen Kriegstheater nur wenig ausgerichtet werden konnte. Die Forts am Schwarzen Meere mußten geräumt werden und fielen in die Gewalt der Tscherkessen, denen die Türkei Waffen und Geld zusandte. Nach Beendigung des Krieges übernahm Fürst Barjatinskij den Oberbefehl im Kaukasus, und diesem gelang es, den Muridismus zu unterdrücken. Im Aug. 1856 wurden fünf Militärkommandos errichtet, und die Hauptmacht der Russen wurde im östl. Kaukasus versammelt. Von Süden und Osten her drangen russ. Kolonnen in die hohen Grenzgebirge und die Tschetschnja unter General Jewdokimow und Fürst

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