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Kinematische Kette – King's Counsel
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Kinematik'
W. Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte (2 Bde., 2. Aufl., Lpz. 1879–80).
Kineschma. 1) Kreis im südwestl. Teil des russ. Gouvernements Kostroma, zu beiden Seiten der Wolga,
eine erhöhte Ebene, stellenweise mit Schluchten durchschnitten, hat 5044,8 qkm, 129218 E., Ackerbau, Leinen- und Baumwollweberei und
Spinnerei; Gewinnung von Phosphoriten. –
2) Kreisstadt im Kreis K., rechts an der Wolga und an der Eisenbahn Schuja-K., hat (1892) 4210 E., Post, Telegraph, 8 Kirchen,
Flußhafen und Handel.
Kinesĭas, griech. Dichter und Musiker, Verfasser von Dithyramben in der zweiten Hälfte des 5. Jahrh. v.Chr., eine Hauptzielscheibe des Spottes
und Hohns des Aristophanes und anderer Komiker.
Kinesioneurōsen (grch.), Nervenleiden des Bewegungsapparates.
Kinētik (vom grch. kinēsis, Bewegung als Thätigkeit), im Gegensatz zu
Kinematik (s. d.) diejenige Bewegungslehre, welche die Erzeugung der Bewegungsformen durch Kräfte betrachtet und die Masse der bewegten Körper
in die Rechnung einführt.
Kinētische Gastheorie, auch dynamische Gastheorie, die Anschauung, daß
der gasförmige Aggregatzustand darin besteht, daß die Gasmoleküle sich in fortschreitender Bewegung befinden. Gay-Lussac und Joule haben gezeigt, daß ein Gas, das aus
einem Gefäß in ein leeres überströmt, also ohne einen Widerstand zu überwinden und Arbeit zu leisten, keine Temperaturänderung erfährt. Nimmt man an, daß die Wärme
des Gases in der kinetischen Energie der Moleküle liegt, so ändert sich also letztere bei dem erwähnten Vorgang nicht, es können also keine Kräfte wirksam gewesen sein,
welche die kinetische Energie vermehrt oder vermindert hätten. Demnach erscheint auch die ältere Vorstellung, nach der sich die Moleküle des Gases abstoßen, woraus
eben die Expansivkraft hervorgehen soll, nicht haltbar. Daniel Bernoulli, Krönig, Clausius u.a. stellen sich die Gasmoleküle mit großen Geschwindigkeiten fortschreitend
bewegt vor und leiten den Druck auf die Gefäßwände von den zahlreichen Stößen der Moleküle her. Die Bahnen der Moleküle sind nach Clausius geradlinig, da wegen der
geringen Dichte des Gases die Moleküle relativ sehr weit voneinander entfernt sind und daher keine Kräfte wirksam sind. Nur wenn ein Molekül an die Wand oder gegen
ein anderes Molekül stößt, ändert sich die Bewegungsrichtung plötzlich, sodaß Zickzackbahnen entstehen. Denkt man sich n Moleküle von der Geschwindigkeit u und der
Masse m in einem Würfel vom Volumen v, also von der Seite 3√v bewegt und zwar je n/3 Moleküle parallel einer
Würfelseite, so ist die Stoßzahl dieser n/3 Moleküle auf eine Würfelfläche 1/2·n/3·u/3√v in der Sekunde und daher die auf
die Wand in der Sekunde übertragene Bewegungsgröße 1/2·n/3·u/3√v·2mu, die zugleich den Druck
p·3√v·3√v auf die Wandfläche vorstellt, wenn p der Druck auf die Flächeneinheit ist. Hieraus folgt ↔
3/2·p·v=(n·m·u²)/2, was dem Mariotte-Gay-Lussacschen Gesetz entspricht, wenn die (rechts stehende) kinetische Energie
proportional der absoluten Temperatur gesetzt wird. Die Geschwindigkeiten, die man den Gasmolekülen nach dieser Theorie zuschreiben muß, lassen sich aus der letzten
Formel ersehen. Dieselben sind bei 0°C. für Sauerstoff 461, Stickstoff 492, Wasserstoff 1844 m in der Sekunde. Ein Gas stellt sich nach dieser Theorie als eine Staubwolke von
nicht zusammenhängenden, sich regellos in Zickzacklinien durcheinander bewegenden Molekülen dar. Das von Dalton gefundene Gesetz, nach dem sich bei der Diffusion,
Mischung, Absorption zwei verschiedene Gase wie leere Räume gegeneinander verhalten, wird hierdurch verständlich. (S. Daltonsches Gesetz und
Diffusion der Gase.) – Vgl. O. E. Meyer, Die kinetische Theorie der Gase (Bresl. 1877); van der Waals, Die Kontinuität des gasförmigen und flüssigen
Zustandes (deutsch von Roth, Lpz. 1881).
Kinētische Künste, soviel wie mimische Künste.
Kinetīt, ein durch Nitrocellulose gelatiniertes Nitrobenzol, in das ein Gemenge von salpetersaurem und chlorsaurem Kalium
eingeknetet ist. K. findet als Sprengstoff in der Form von Patronen Verwendung. Die Explosion wird durch ein stark geladenes Zündhütchen eingeleitet.
King, chines. und japan. Gewicht, s. Catty.
Kingani oder Rufu, Fluß in Deutsch-Ostafrika, entsteht aus der Vereinigung des Gerengere (Geringeri) und
Mgeta bei Usungula in Usaramo und strömt als rotbraunes, süßliches Wasser in gewundenem Lauf zwischen schlammigen Ufern in einer Breite von 15 bis 45 m dem Meere
zu. Seine Mündung, bei Bagamojo, umschließen Lagunen und Mangrovewaldungen. Bis Dunda ist er zu jeder Jahreszeit schiffbar. Zwischen Bikiro und Bagamojo bei dem
Fort Mtoni befindet sich die von den Karawanen benutzte Kinganifähre.
King-Charles (spr. tschahrls), Hund, s. Spaniel.
Kinglake (spr. -lehk), Alexander William, engl. Politiker und Geschichtschreiber, geb. 5. Aug. 1809 in Devonshire,
studierte in Cambridge, wurde 1837 Sachwalter und machte sich zuerst einen Namen durch die u.d.T. «Eothen» (Lond. 1844 u.ö.)
veröffentlichte Beschreibung einer Orientreise, die durch ihre glänzende Darstellung und Originalität Aufsehen erregte. Interesse für Krieg und Abenteuer bewog K. den
franz. General Saint-Arnaud auf einer Expedition in Algerien zu begleiten und sich 1854 dem Feldzug nach der Krim anzuschließen. 1857 trat er ins Parlament, schloß sich
den Liberalen an, bekämpfte aber eifrig die auswärtige Politik Palmerstons, die den engsten Anschluß an Frankreich erstrebte. 1868 verlor er seinen Parlamentssitz und
widmete sich nun ganz der Vollendung seines großen Werks «Invasion of the Crimea» (8 Bde., Lond. 1863–87), das in Frankreich
großen Anstoß erregte und zur Zeit des Kaiserreichs verboten war. K. starb 2. Jan. 1891 in London.
King's (Queen's) Bench (spr. bentsch), früher ein
besonderer hoher Gerichtshof, jetzt eine Abteilung des High Court in England
(s. Court).
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