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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Knospenkapitäl - Knotenknüpfen.

wie Taraxacum, Sonchus u. a.); sogar auf Blättern entstehen sie bisweilen, besonders wenn dieselben in feuchte Erde gesteckt werden, wie bei den Begonien, den Hyazinthenblättern u. a., oder auch an nicht abgelösten Blättern, wie bei Cardamine. An jeder K. unterscheidet man die Knospenachse, d. h. den noch ganz verkürzten Stengelteil, und die an dieser sitzenden, noch dicht aufeinander liegenden Blattorgane (Fig. 3). Bei den Winterknospen unsrer Holzgewächse sind die letztern meist schuppenförmig, von mehr oder minder lederartiger Beschaffenheit und meist dunkler Farbe. Sie bedecken meist die K. vollständig und gewähren den zartern innern Teilen einen Schutz gegen die Einflüsse der winterlichen Witterung (Knospendecken, Tegumenta; Knospenschuppen, Squamae s. Perulae); nach innen gehen sie in der Gestalt und Ausbildung allmählich in die Laubblätter über, welche in der K. schon angelegt sind. Knospen, welche keine Knospendecken besitzen und nur von den äußersten Laubblättern bedeckt sind, heißen nackte (Gemma nuda), z. B. bei Cornus sanguinea, Viburnum lantana, Rhamnus frangula. Häufig sind die äußern Blattorgane der K. mit einem Überzug bekleidet, durch welchen der Schutz vor äußern Einflüssen erhöht wird. So finden sich Haarbildungen (Gemma pubescens), noch häufiger ein klebriges, aus Harz oder Harz und Gummi bestehendes Sekret, welches die Knospenschuppen miteinander verklebt und sie überzieht (G. glutinosa). Sowohl die Art, wie sich die Blätter der K. gegenseitig decken (Deckung, Follatio), als auch die Lage des einzelnen Blattes in der K. (Knospenlage, Vernatio) zeigen wichtige Eigentümlichkeiten.

Knospenkapitäl, s. Knollenkapitäl.

Knospenknöllchen (Tuberogemma), Knospen von knollenförmiger Gestalt, welche sich von selbst ablösen und zu neuen Pflänzchen entwickeln, wie die in den Blattachseln des Scharbockkrauts (Ranunculus Ficaria).

Knospenkoralle, s. Korallen.

Knospung, s. Knospe.

Knötchen, Hautkrankheit, s. Papeln.

Knoten, Verschlingung dünner, biegsamer Körper; in der Poetik die Verwickelung der einzelnen Partien der Handlung, welche der Dichter zur Anschauung bringt; in der Astronomie im allgemeinen die Punkte, in welchen sich die Bahnen zweier um einen gemeinschaftlichen Zentralkörper oder einen gemeinsamen Schwerpunkt laufender Himmelskörper für den Beobachter am Himmelsgewölbe schneiden, im engern Sinn die Durchschnittspunkte der Planeten-, Trabanten- und Kometenbahnen mit der Ebene der Erdbahn. Knotenlinie heißt die gerade Linie, in welcher die Ebene der Ekliptik von der Ebene einer Planeten- oder Kometenbahn geschnitten wird. Aufsteigenden K. (^[img]) nennt man denjenigen Punkt, durch welchen der betreffende Himmelskörper sich über die Ekliptik, d. h. am Himmel gegen N., erhebt, während der andre, durch welchen derselbe unter die Ekliptik, d. h. gegen S., geht, der absteigende K. (^[img]) heißt. Die Lage der K. ist keine unveränderliche. Diese Erscheinung ist eine Folge der gegenseitigen Anziehung der Himmelskörper. Jeder Planet z. B. strebt, die andern Planeten, also auch die Erde, in seine Bahn zu ziehen, gleichwie die Erde ihrerseits auf die übrigen Planeten eine ähnliche Wirkung ausübt; dadurch wird z. B. ein früheres Erreichen der gemeinschaftlichen Durchschnitts- oder Knotenpunkte veranlaßt. Bei der Mondbahn beträgt diese rückgängige Bewegung der K. jährlich 19°, so daß die K. in 18-19 Jahren oder genauer in 6798 Tagen durch die ganze Ekliptik rücken. Bei den Planeten wird die Längenverringerung der K. erst nach größern Zeiträumen bemerkbar. - In der Anatomie bezeichnet K. eine Anschwellung gewisser Teile, z. B. der Nerven (Nervenknoten), sowie auch eine Verschlingung von Gefäßen (Gefäßknoten); in der Pathologie eine krankhafte Ansammlung flüssiger oder fester Körper, verbunden mit Anschwellung (Gichtknoten, Hämorrhoidalknoten). - In der Botanik heißt K. (nodus) diejenige Stelle des Stengels, an welcher Blätter ansitzen, weil daselbst der Stengel oft eine Anschwellung zeigt und, wenn er im übrigen hohl ist, massiv erscheint (vgl. Stengel). - In der Nautik heißen K. (Logknoten) die an der Logleine befestigten Marken, nach welchen der Fortgang des Schiffs bestimmt wird. Die Knotenlänge beträgt so viel Meridiantertien, wie das Logglas Zeitsekunden zum Ablauf braucht. 1 Seemeile ist gleich der mittlern Meridianminute = 1852 m, mithin ist 1 Meridiantertie = 0,514 m. Läuft nun das Logglas, wie üblich, in 15 Sekunden ab, so ist 1 K. = 7,716 m. 1 K.: 1 Seemeile = 15 Sekunden: 1 Stunde (d. h. = 1:240). Läuft ein Schiff in 15 Sek. 1 K., so läuft es in 1 Stunde 240 K. = 1852 m = 1 Seemeile. - Über Schwingungsknoten s. Schall.

Knotenblume, s. Leucojum.

Knotenerze, s. Sandsteine u. Triasformation.

Knotenfänger, s. Papier.

Knotenknüpfen. Wie bei uns der Knoten im Taschentuch als Erinnerungsmittel, so dient bei fast allen Naturvölkern der in bestimmter Weise geschürzte Knoten als Zählungs- und Abrechnungsmittel sowie als Vertreter der Schrift, und bei den alten Peruanern war die Knotenschrift zu einem vollständigen Verständigungsmittel und Dokumentenwesen ausgebildet, sofern durch verschieden geschürzte Knoten in verschieden gefärbten, aber miteinander verbundenen Faden (s. Quipu) die kompliziertesten Verträge und ganze historische Dokumente niedergelegt wurden. Die nordamerikanischen Indianer ersetzten diese Knotenstränge durch Gürtel mit Knoten und dazwischen aufgereihten Perlen und Muscheln (s. Wampumgürtel), deren kunstgerechte Verfertigung bestimmten Personen oblag. Daran knüpft sich wohl die Auffassung, daß ein geschürzter Knoten ein Heiligtum und ein Rätsel zugleich sei, ein unauflöslicher Kontrakt, weshalb auf den Inseln der Südsee das Tabu (s. d.) stets durch einen in verschiedene Materiale geschürzten Knoten dargestellt wird, und es scheint, daß der "Strohwisch an der Stange", welcher bei uns den Zugang zu einem Ort verbietet, aus ähnlichen Zeichen entsprungen ist. Auch bei unsern Vorfahren wurde das K. als Symbol eines abgeschlossenen Vertrags angesehen, und selbst diejenigen Zeugen, welche vor Gericht ihre Unterschrift geben konnten, mußten noch als Bekräftigung ihrer Zeugenschaft einen Knoten in einen an dem betreffenden Dokument befestigten Riemen knüpfen. Daher Knotenknüpfer (nodator) in mittelalterlicher Gerichtssprache s. v. w. Zeuge. Mit dieser geheimnisvollen Bedeutung, die man in das K. legte, gewann dasselbe später die Bedeutung einer magischen Handlung, und der Knoten wurde zum Zauberknoten. Man glaubte, daß, wenn man mit Bezugnahme auf eine bestimmte Person und unter bestimmten Zeremonien Knoten in bunte Schnüre und Bänder knüpfe, man jene Person dadurch unauflöslich in bestimmter Beziehung fessele. Namentlich glaubte man dadurch Akte, bei welchen Eröffnen des Leibes die Hauptsache ist, also Em-^[folgende Seite]