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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kollektivvertrag - Kollimation.

Kollektivvertrag, ein von mehreren Staaten untereinander und miteinander vereinbarter völkerrechtlicher Vertrag.

Kollenchym (griech.), in der Pflanzenanatomie ein Gewebe, das aus Zellen mit stark verdickten, in Wasser quellbaren Kanten, aber sonst mit zarter Wandung besteht. Es gehört zu den mechanisch bedeutsamen Elementen des Pflanzenkörpers.

Koller (Goller), ein vorn mit Knöpfen oder Nesteln verschließbarer Kragen, der vom Ende des 15. Jahrh. an von den Frauen über dem ausgeschnittenen Kleid um Schultern, Brust und Rücken getragen wurde und später in ein enges, ärmelloses Überziehjäckchen überging; im 17. Jahrh. ein lederner Harnisch der Reiterei und des Fußvolkes, daher jetzt s. v. w. lederne Reitjacke, Wams, Kollett.

Koller, in der ältern Tierarzneikunde jede mit Verringerung des Bewußtseins oder mit tobsüchtigem Benehmen verbundene Gehirnkrankheit der Pferde, namentlich die akute Hirnhöhlenwassersucht und der Dummkoller. Gegenwärtig wird die Bezeichnung K. nur noch als synonym mit Dummkoller angewandt. Die in der frühern Zeit unterschiedenen Formen des Kollers (rasender K., Springkoller, Schlafkoller, Lauschkoller, Schiebekoller, Magenkoller, Samenkoller, Mutterkoller) läßt die neuere Wissenschaft fallen.

Koller, Alexander Freiherr von, österreich. General der Kavallerie, geb. 3. Juni 1813 zu Prag, Sohn des Unterstaatssekretärs August v. K., trat in ein Husarenregiment, ward 1848 Rittmeister, 1849 Major, 1851 Oberst, 1859 Generalmajor und machte den italienischen Feldzug mit. Seit 1866 Feldmarschallleutnant, befehligte er die 9. Division in Prag, dann die 14. in Preßburg. 1871 ward er zum kommandierenden General in Prag und Statthalter von Böhmen ernannt und verwaltete seine Ämter mit Thatkraft und Umsicht im Sinn des Zentralismus. 1874-76 war er Reichskriegsminister. Seitdem ist er Mitglied des Herrenhauses, in welchem er sich der Verfassungspartei anschloß.

Koller, Georg von, Präsident des preuß. Abgeordnetenhauses, geb. 17. Febr. 1823 zu Jasenitz bei Stettin, studierte 1841-44 zu Heidelberg und Berlin die Rechte, trat 1844 als Auskultator in den Staatsjustizdienst, ward 1846 Referendar beim Oberlandesgericht in Halberstadt, 1848 interimistischer und 1850 definitiv angestellter Landrat des Kreises Kammin, von welchem Amt er 1868 zurücktrat, um sich ganz der Bewirtschaftung seines Ritterguts Kantreck bei Pribbernow zu widmen. 1866 ward erin den Landtag gewählt, in welchem er sich der strengkonservativen Partei anschloß und während mehrerer Sessionen das Amt eines Vizepräsidenten bekleidete. Am 30. Okt. 1879 ward er von der konservativ-klerikalen Majorität zum ersten Präsidenten (an Bennigsens Stelle) erwählt und verwaltete dies Amt mit Geschick und Unparteilichkeit. 1884 ward er zum Mitglied des Staatsrats ernannt. - Sein jüngerer Bruder, Ernst Matthias von K., geb. 8. Juli 1841 zu Kantreck, seit 1868 Landrat in Kammin, ist seit 1881 Mitglied des Reichstags und ein gewandter und schlagfertiger Redner der konservativen Partei.

Kollerader, bei Pferden die Ader zwischen den Ohren, beim Menschen die im Zorn auf der Stirn erscheinende Hautvene.

Kollerbüsche, s. v. w. Hexenbesen (s. d.).

Kollergang, Mahlwerk, bei welchem zwei aufrecht stehende, aus Gußeisen oder Stein bestehende, den Mühlsteinen ähnliche Scheiben (Läufer) auf einer Bodenplatte aus Eisen oder Stein um ihre eigne Achse und um eine gemeinschaftliche Mittelachse rotieren. Die Steine sind in ungleichen Abständen von letzterer auf einer horizontalen Achse befestigt und erhalten den Antrieb von der Mittelachse aus. Das zu zerkleinernde Material wird durch einen Trichter aufgegeben und durch eine Öffnung im Bodenstein entfernt. Bisweilen versetzt man auch den Bodenstein in Rotation, wobei sich dann die Läufer nur um ihre horizontale Achse drehen.

Kollerhahn, s. v. w. Kampfläufer.

Kollesis, s. Damaszener Stahl.

Kolleteren (Leimzotten), in der Pflanzenanatomie die absondernden Haarbildungen besonders auf Knospenschuppen, erzeugen auf diesen einen Überzug von Harz, Gummischleim oder Leim und schützen die zarten Innenteile der Knospe als schlechte Wärmeleiter vor den Wirkungen der Kälte.

Kollett (franz.), Reitjacke, Koller (s. d.).

Kolli (ital.), Mehrzahl von Kollo (s. d.).

Kollidieren (lat.), zusammenstoßen; in feindliche Berührung kommen (vgl. Kollision).

Kölliker, Albert, Anatom, geb. 6. Juli 1817 zu Zürich, studierte seit 1836 Naturwissenschaft in Zürich, Bonn und Berlin, ward 1842 Assistent Henles, habilitierte sich 1843 als Privatdozent in Zürich, ward 1845 Professor der Physiologie und vergleichenden Anatomie daselbst und ging 1847 in gleicher Stellung nach Würzburg. Köllikers Ruf als höchste Autorität in der normalen mikroskopischen Anatomie ist seit dem ersten Erscheinen seines "Handbuchs der Gewebelehre" (5. Aufl., Leipz. 1867) nicht nur in Deutschland bis heute anerkannt, derselbe hat ihm auch Schüler aus fast allen Weltteilen zugeführt. Seine entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen können denen der besten Forscher an die Seite gestellt werden. Auch ist er ein ausgezeichneter Zoolog und hat namentlich über die Mollusken und Würmer bahnbrechende Arbeiten geliefert. Von seinen übrigen Werken sind noch hervorzuheben: "Über die Pacinischen Körperchen" (mit Henle, Zürich 1843); "Mikroskopische Anatomie" (Leipz. 1850-54, 2 Bde.); "Entwickelungsgeschichte des Menschen" (das. 1861, 2. Aufl. 1876); "Icones histologicae" (das. 1863-65, 2 Tle.); ferner: "Entwickelungsgeschichte der Cephalopoden" (Zürich 1844); "Die Schwimmpolypen von Messina" (Leipz. 1853); "Über das Ende der Wirbelsäule der Ganoiden und einiger Teleostier" (das. 1860); "Weitere Beobachtungen über die Wirbel der Selachier" (Frankf. 1863); "Anatomisch-systematische Beschreibung der Alcyonarien" (das. 1870-72, Bd. 1); "Morphologie und Entwickelungsgeschichte des Pennatulidenstammes nebst allgemeinen Betrachtungen zur Deszendenzlehre" (das. 1872); "Die normale Resorption des Knochengewebes" (Leipz. 1873); "Grundriß der Entwickelungsgeschichte" (das. 1880, 2. Aufl. 1884). Seit 1849 redigiert er mit v. Siebold die "Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie".

Kollimation (lat.), eigentlich das Zusammenfallen zweier Linien, bei einem Winkelmeßinstrument die Übereinstimmung der Ablesung mit der wirklichen Größe des gemessenen Winkels. Unter Kollimationslinie versteht man die Linie, in welcher visiert wird, also z. B. bei einem Fernrohr die Linie, welche das Objekt mit dem Kreuzungspunkt des Fadenkreuzes verbindet. Dieselbe soll parallel sein zum Radius des Teilkreises, der nach dem Punkte der Ablesung geht; die Abweichung hiervon ist der Kollimationsfehler. Die bessern Instrumente besitzen mechanische Einrichtungen (Kollimationsschrauben) zur Beseitigung der Kollimationsfehler.