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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Konstatieren - Konstitution.

Papstes wurde verschoben. Darauf wurde die zweite Aufgabe, die Ausrottung der Ketzerei (causa fidei), vorgenommen, indem Huß zum Tod verurteilt und 6. Juli 1415 vor den Thoren von Konstanz verbrannt wurde. Die Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern (causa reformationis) aber kam nicht zu stande wegen der Uneinigkeit der Mitglieder und Siegmunds unzeitiger Reise ins Ausland. Kaum hatte sich das Konzil über die Grundsätze der Reform, welche sich auf die äußere Verfassung der Kirche und auf das Leben und die Bildung der Geistlichkeit erstrecken sollte, geeinigt, so setzte die Kardinalspartei mit Hilfe der Franzosen 11. Nov. 1417 die Wahl Martins V. zum Papste durch. Dieser verschleppte die weitern Verhandlungen über die Kirchenreform, machte in den Dekreten vom 21. März 1418 nur geringe Zugeständnisse und schloß mit den einzelnen Nationen Konkordate, welche einige Beschwerden beseitigten. Hierauf ward das Konzil 22. April 1418 geschlossen. Gleichzeitig mit dem Konzil tagten zwei Reichstage (1415 und 1417), auf denen vergeblich über eine Reichsreform beraten, Herzog Friedrich von Tirol geächtet und Burggraf Friedrich von Nürnberg mit der Mark Brandenburg belehnt wurde. Vgl. Ulrich v. Richenthal, Chronik des Konziliums in K. (Augsb. 1533, Frankf. 1575); v. d. Hardt, Magnum concilium Constantiense (Frankf. u. Leipz. 1700-1702, 6 Bde.); Lenfant, Histoire du concile de Constance (Amsterd. 1714, 2 Bde.); Tosti, Geschichte des Konzils von Konstanz (deutsch von Arnold, Schaffh. 1860); Marmor, Das Konzil zu Konstanz in den Jahren 1414-18 (2. Aufl., Konst. 1874).

Konstatieren (lat.), etwas als Thatsache feststellen.

Konstellation (lat.), die Stellung von Sternen gegeneinander, von der Erde aus betrachtet, also gleichbedeutend mit Aspekten (s. d.). Die K. ist eine nahezu unveränderliche bei den Fixsternen, die danach in sogen. Sternbilder (s. d.) gruppiert sind, und eine veränderliche bei den Planeten, in Bezug dieser auf jene und aufeinander. Dieser Bezug, besonders wie er zur Geburtsstunde eines Menschen sich gestaltete, war ein Hauptgegenstand der Astrologie. K. ist auch s. v. w. Sternbild, Gestirn.

Konsternieren (lat.), bestürzt machen, verblüffen; Konsternation, Bestürzung.

Konstipation (lat.), Verstopfung, Hartleibigkeit; konstipierende Mittel (Constipantia), stopfende Mittel, welche übermäßige Stuhlausleerungen hemmen, z. B. Opium.

Konstituante (franz.), s. v. w. Konstituierende Versammlung (s. d.).

Konstituént (lat.), Vollmachtgeber, insbesondere der Auftraggeber eines Rechtsanwalts.

Konstituieren (lat.), etwas festsetzen, feststellen, besonders in Bezug auf staatliche Einrichtungen; etwas in seiner Ganzheit oder Wesenheit mit darstellen; jemand in eine Würde oder Stellung einsetzen; daher sich k. (von einer Versammlung), s. v. w. sich als einen zu bestimmtem Zweck zusammengetretenen Verein begründen.

Konstituierende Versammlung (franz. Constituante), Versammlung von Volksvertretern, welche auf außerordentliche Weise einberufen ist, um eine neue Verfassung festzustellen. Dergleichen Versammlungen waren die französische Nationalversammlung von 1789, die belgische K. V. von 1830, die französische Nationalversammlung von 1848, die deutsche Nationalversammlung von 1848, der konstituierende Reichstag des Norddeutschen Bundes von 1867 und die 12. Febr. 1871 in Bordeaux eröffnete und 31. Dez. 1875 in Versailles geschlossene französische Nationalversammlung.

Konstitūt (lat.), s. v. w. Constitutum (s. d.).

Konstitution (lat.), Zusammensetzung, Begründung, Anordnung, Einrichtung; in der Rechtssprache s. v. w. Festsetzung, Satzung, Rechtsbestimmung. Im altrömischen Staat bezeichnete Constitutio jede kaiserliche Verordnung, neben den alten Volksschlüssen (leges) und den Senatuskonsulten Hauptquelle der Rechtsbildung. Ihrer Form nach waren die Constitutiones principum entweder allgemeine Anordnungen (edicta), oder Aufträge und Instruktionen für Beamte (mandata), oder Urteile (decreta) in Rechtssachen, oder endlich Antworten (rescripta) auf Anfragen von Beamten oder auf Bittgesuche von Privaten. Sammlungen kaiserlicher Konstitutionen wurden wiederholt veranstaltet von Papirius Justus, Julius Paulus, im "Gregorianus Codex" (nach 295) und im "Hermogenianus Codex" (nach 365). Offizielle waren der 438 publizierte "Theodosianus Codex" von Theodosius II. und der einen Bestandteil des "Corpus juris civilis" bildende "Codex Justinianeus". Eine Zusammenstellung der von Justinian erlassenen und außerhalb der Konstitutionen-Sammlungen erhaltenen Konstitutionen besorgte G. Hänel ("Corpus legum", Leipz. 1857-1860). Auch im Mittelalter und bis in die neuere Zeit kommt die Bezeichnung K. für die Gesetze der Kaiser (z. B. die dem "Corpus juris civilis" beigefügten Konstitutionen Friedrichs II.) und der Landesherren vor, unter welch letztern die sogen. kursächsischen Konstitutionen von 1572 (vgl. Schletter, Die Konstitutionen Kurfürst Augusts von Sachsen, Leipz. 1857) hervorzuheben sind. - In der Kirchengeschichte nennt man Konstitutionen der Apostel eine aus acht Büchern bestehende Sammlung von Kirchenrechtssätzen, welche eine alte Sage irrig auf die Apostel zurückführt, die aber meist noch der Zeit vor dem Konzil zu Nicäa (325) angehören; sie sind herausgegeben von Ültzen ("Constitutiones apostolicae", Schwer. 1853).

Im Staatswesen bedeutet K. Verfassung, auch Verfassungsurkunde (Konstitutionsurkunde, Konstitutionsakte), besonders eine solche, welche im monarchischen Staate das Repräsentativsystem und die Ministerverantwortlichkeit feststellt; daher man als konstitutionelle Monarchie diejenige bezeichnet, in welcher der Regent bei Ausübung des Gesetzgebungsrechts an die Zustimmung der Volksvertretung gebunden ist, welch letzterer zudem das Steuerbewilligungsrecht und das Recht der Genehmigung des Staatshaushalts, damit aber auch dasjenige der Kontrolle der Staatsverwaltung selbst zusteht. Konstitutionell nennt man ferner denjenigen, welcher auf die Wahrung dieser Rechte bedacht, und ein Verhalten, wie es einer derartigen Verfassung entsprechend ist.

In der Medizin bezeichnet K. die größere oder geringere Neigung eines Individuums oder einer Bevölkerungsgruppe zu gewissen Erkrankungen und das besondere Vermögen, diese Krankheiten leichter oder schwerer zu überstehen. Bei der individuellen K. hat man wohl eine robuste oder kräftige, eine debile oder schwächliche, eine floride oder reizbare, eine torpide oder träge, dann auch eine arterielle, venöse, lymphatische und nervöse K. unterschieden und erkennt diese Formen schon am Körperbau, Blick, Gesichtsausdruck, an der Farbe und Beschaffenheit der Haut, an den Äußerungen der geistigen Thätigkeit etc. Diese individuelle Beschaffenheit ist zurückzuführen auf Abstammung und Lebensweise, aber wohl auch