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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Koptische Sprache

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Kopten - Koptische Sprache.

besten vom griechischen Aigyptos abgeleitet, was am deutlichsten wird, wenn man die arabische Bezeichnung der K., nämlich Ghubt oder Ghibt, daneben hält. Ein weiteres Zeugnis für die Abstammung der K. von den alten Ägyptern ist ihre Sprache, die auf das engste mit dem Altägyptischen verwandt ist (s. Koptische Sprache). Zur Zeit der arabischen Eroberung war das Koptische Landessprache, während daneben bei den höhern Ständen das Griechische in Gebrauch war; seitdem ist ersteres allmählich aus dem Volksleben verschwunden, indem mit den Arabern auch die arabische Sprache herrschend wurde. Indes war es noch zwei Jahrhunderte nach der Eroberung unter den Eingebornen fast im alleinigen Gebrauch und im 10. Jahrh. noch vorherrschend. Der arabische Geschichtschreiber Makrisi berichtet sogar noch aus dem Anfang des 15. Jahrh., daß in Oberägypten Frauen und Kinder fast nur koptisch redeten. Mit dem Überwuchern des Arabischen verschwand diese uralte Sprache, und heute hat sie als Volkssprache gänzlich aufgehört und fristet nur noch als Kirchensprache ein kümmerliches Dasein. Außer der Sprache erinnern noch manche Sitten der K. an die alten Ägypter, so die Beschneidung, welche sie keineswegs von den verhaßten Mohammedanern angenommen haben. Die K., früher die Hauptbevölkerung des Landes bildend, sind jetzt wenig zahlreich (etwa 500,000); in Unterägypten gibt es nur vereinzelte Gemeinden, deren stärkste (10,000 Seelen) in Kairo sich findet. Westlich vom Nildelta sind sie in den Klöstern an den Natronseen ansässig. In Mittelägypten, namentlich im Fayûm, sind sie zahlreicher. Zwischen Nil und Rotem Meer liegen die uralten Koptenklöster des heil. Antonius und des heil. Paulus. - Die Geschichte der K. seit der arabischen Invasion besteht aus einer fast ununterbrochenen Reihe von Bedrückungen, Ungerechtigkeiten und Verfolgungen und ist auf vielen Seiten mit Blut geschrieben. Erst seit Anfang des 19. Jahrh. genießen sie Duldung. Durch die jahrhundertelange Bedrückung wurden auch Charakter und Sinnesart, Bildung und Erziehung dieses Volkes bedingt. Sie sind von finsterer Gemütsart, mißtrauisch und verschlossen, habsüchtig und geldgierig im höchsten Grad, falsch und heuchlerisch, je nach den Umständen entweder kriechend und unterwürfig oder trotzig, hart und herrisch. Die Erziehung und Bildung, welche die K. besitzen, erhalten die Knaben in den Gemeindeschulen, in denen Auswendiglernen der Bibel, der liturgischen Gebete und Rechnen betrieben wird; die Mädchen erhalten keinerlei Ausbildung. Die geringen Kenntnisse genügen, um die K. als Schreiber, Rechnungsführer, Steuerbeamte anzustellen; sonst sind sie Kaufleute, Handwerker oder Gewerbtreibende, Fälscher von Antiquitäten, und nur wenige widmen sich dem Gelehrtenstand, um hin und wieder eine unbedeutende Schrift in koptischer Sprache abzufassen. In den meisten Klöstern existieren große koptische Bibliotheken, allein die Manuskripte haben weniger durch ihren Inhalt (biblischer und kirchlicher Art) als durch ihr Alter Wert.

Die koptische Kirche hat sich aus den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart unverändert erhalten. Charakteristisch für sie sind die Verewigung des Althergebrachten, ein stumpfes, geistloses Sichgehenlassen in den altgewohnten Formen der Lehre und des Kultus und eine tiefe sittliche Verkommenheit. Dabei nimmt diese Kirche eine sektiererische Sonderstellung ein und zeichnet sich durch Feindseligkeit gegen andre christliche Gemeinschaften aus. Das Christentum der K. ist jenes der Monophysiten oder Eutychianer, jener Sekte, welche im 5. Jahrh. entstand. Nur ein kleiner Teil der K. ist mit der römischen oder griechischen Kirche uniert, während die Masse als jakobitische K. eine selbständige Stellung einnimmt. Das oberste Haupt der Kirche ist der Patriarch, der in Alexandria residiert, den Titel Mutran el Iskandrijeh (Metropolit von Alexandria) führt und als Nachkomme des Evangelisten Markus angesehen wird. Mit letzterm beginnen die K. auch die Zählung ihrer Patriarchen bis zu dem 1870 ernannten Patriarchen Markos, welcher der 112. in der Reihe ist. Der Patriarch wird durch das Los unter neun Mönchen des Antoniusklosters bestimmt. Der nächste im Rang ist der Abuna von Abessinien, der in Gondar residiert und vom koptischen Patriarchen ernannt wird. Es folgen dann zwölf Bischöfe, die gleichfalls aus den Mönchen gewählt werden. Über die innern Zustände der koptischen Kirche genaue Nachrichten zu erhalten, ist bei dem verschlossenen Wesen des Volkes nicht leicht. Die Kirchen sind meist schmutzig, in vernachlässigtem Zustand und wenig auf Teilnahme der Gemeinde am Gottesdienst berechnet, bei welchem der Priester die Hauptrolle spielt. An der Feier des Abendmahls beteiligt sich die ganze Gemeinde, es findet häufig statt und hat mehr die Form der Liebesmahle; Brot und Wein werden gemischt mit einem Löffel verabreicht. Die Priester werden als rohe, ungebildete und der Trunksucht ergebene Leute geschildert, unter deren Herrschaft dem Volk alles lebendige Christentum abhanden gekommen ist, so daß jetzt strenge Fasten und verschiedene abergläubische Gebräuche, das Tragen von Amuletten, welche die Kirche weiht, Opfer und ein sehr ausgebildeter Marienkultus den Hauptinhalt des kirchlichen Lebens ausmachen. Versuche, die K. zu einer andern christlichen Kirche hinüberzuziehen, scheiterten bisher und haben auch bei dem sektiererischen Dünkel des Volkes wenig Aussicht auf Erfolg. Vgl. Makrizi, Geschichte der K. (hrsg. und übersetzt von Wüstenfeld, Götting. 1845); Butler, The ancient churches of Egypt (Oxf. 1885, 2 Bde.); weitere Litteratur bei Ägypten, S. 223 u. 230.

Koptische Sprache, die in Ägypten etwa vom 2. bis 17. Jahrh. n. Chr. gesprochene. Sprache, die, vom 10. Jahrh. ab durch das Arabische mehr und mehr zurückgedrängt, sich schließlich in die ägyptischen Klöster flüchtete, jetzt aber völlig erloschen ist. Sie ist von großer Bedeutung, insofern sie das Haupthilfsmittel für die Entzifferung der altägyptischen Denkmäler abgibt. Die k. S. ist eine Tochtersprache der alten Sprache Ägyptens; außerdem ist sie mit den übrigen hamitischen Sprachen, entfernter mit den semitischen Sprachen verwandt. Der koptische Wortschatz ist aber großenteils aus dem Griechischen entlehnt, und ebenso ist das koptische Alphabet dem griechischen nachgebildet, von dem es sich nur durch fettere und mehr gerundete Schriftzeichen und durch Hinzufügung einiger dem griechischen Alphabet fehlender Buchstaben, z. B. eines Zeichens für sch, unterscheidet. Das Koptische zerfiel in drei Dialekte: den von Memphis, den von Theben im Süden und einen nördlichen (vgl. Kopten). Die Litteratur ist durchaus christlich-theologischen Inhalts und besteht aus Übersetzungen der biblischen Schriften, Lebensbeschreibungen von Heiligen u. dgl., die meistens in den frühern Jahrhunderten n. Chr. verfaßt sind. Neuere Grammatiken der koptischen Sprache lieferten: Rossellini (Rom 1837), Peyron (Turin 1841), Schwartze (Berl. 1850), Uhlemann (Leipz. 1853), L. Stern (das. 1880), eine koptisch-hieroglyphische Grammatik Rossi (Tur. 1878);