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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Korallenachat - Korallenriffe und Koralleninseln.

Seetieren, jetzt nur Polypenstöcke. Je nach der Beschaffenheit der harten Masse (des sogen. Skeletts) der K. unterscheidet man Horn- und Kalkkorallen; nach dem Bau der sie bildenden Tiere aber gehören sie teils zu den Hydromedusen (s. d.), teils und zwar vorwiegend zu den Korallpolypen (s. d.). Es sind jedoch von dem Begriff K. ausgeschlossen alle diejenigen Arten aus den genannten beiden Ordnungen, welche kein zusammenhängendes Skelett bilden, sondern entweder ganz weich bleiben, oder nur zerstreute Kalkkörperchen enthalten; ebenso kann auch nie ein einzelner Hydroid- oder Korallpolyp eine Koralle bilden, vielmehr ist stets dazu eine Kolonie (Stock) erforderlich. Die Tiere, welche die mit K. bezeichneten Skelette liefern, sind einfache Schläuche mit je einer von Tentakeln umgebenen Mundöffnung, welche in das Innere (Magen) führt. Unter sich stehen sie alle in der Art in Verbindung, daß die Nährsäfte, welche das Individuum zubereitet, der Gesamtheit zu gute kommen. Die Kolonien entstehen dadurch, daß sich entweder von der festgewachsenen Basis, oder von den Seiten, oder auch von der Umgebung der Mundöffnung her Knospen bilden, die sich nicht loslösen, oder daß in ähnlicher Weise eine unvollständige Teilung stattfindet. Allmählich sterben die ältern Exemplare ab, indes die jüngern, aus ihnen hervorgegangenen weiter wachsen und sich wiederum auf dem angegebenen Weg vermehren. (Näheres bei Korallpolypen und Hydromedusen.) Das Wachstum ist keineswegs langsam; so erzählt Darwin, daß ein im Persischen Meerbusen versunkenes Schiff schon nach 20 Monaten eine Korallenkruste von 60 cm Dicke aufzuweisen hatte. Darum ist auch die Bedeutung der K. für die Struktur der Erdoberfläche in Gegenwart und Vergangenheit eine ganz hervorragende zu nennen. Besonders gilt dies von den Formen, welche die Korallenriffe (s. d.) bilden. Aus der Gruppe der Korallpolypen sind die interessantesten lebenden Vertreter die folgenden: 1) von den Octactinia die Edelkoralle (s. d.), die Seefeder (Pennatula), die weiße Koralle (Isis), die Horn- oder Rindenkoralle (Gorgonia) und die Orgelkoralle (Tubipora); 2) von den Polyactinia die mit vielen Poren versehenen Schwammkorallen oder Madreporen (Madrepora), Lochkorallen oder Poriten (Porites), Knospenkorallen oder Dendrophyllien (Dendrophyllia), die porenlosen Pilzkorallen oder Fungien (Fungia; bei den Chinesen als Reibeisen benutzt), Sternkorallen (Astraea), Labyrinth- oder Hirnkorallen (Maeandrina) etc. S. die betreffenden Figuren auf beifolgender Tafel. Von den K. wird besonders die Edelkoralle (s. d.) auf Schmucksachen verarbeitet (s. Schmucksachen). Von den versteinerten K. verdienen Erwähnung: Catenipora (s. Tafel "Silurische Formation"), Chaetetes (s. Tafel "Steinkohlenformation I"), Thecosmilia (s. Tafel "Juraformation I"), Cyclolites u. Cyathina (s. Tafel "Kreideformation") und Turbinolia (s. Tafel "Tertiärformation I"). Zu den Hydromedusen gehören dagegen die Milleporiden oder Punktkorallen (Millepora) und Stylasteriden (Stylasteridae). Vgl. Dana, Corals and coral-islands (neue Ausg., Lond. 1875); Häckel, Arabische K. (Berl. 1875); Klunzinger, Koralltiere des Roten Meers (das. 1878).

Korallenachat, mit blutroten Adern durchzogener Achat (s. d.).

Korallenbaum, s. Erythrina.

Korallenbohne, s. Erythrina.

Korallenerz, schaliger, mit Thon und Kohle gemengter Zinnober.

Korallenfisch, s. v. w. Seewolf.

Korallenfischerei, s. Edelkoralle.

Korallenholz, s. Erythrina.

Koralleninseln, s. Korallenriffe.

Korallenkalk (engl. Coral-rag), s. Juraformation; jüngster K., s. v. w. Madreporenkalk.

Korallenkirsche, s. v. w. Judenkirsche, s. Physalis.

Korallenmeer, s. Korallenriffe.

Korallenmoos (Corallina officinalis L.), zur Ordnung der Florideen gehörige Meeresalge der europäischen Küsten, mit strauchartigem, fiederförmig verzweigtem, gegliedertem Thallus, der mit kohlensaurem Kalk dicht inkrustiert ist und daher korallenartig erscheint, wurde früher arzneilich benutzt. K. auch s. v. w. Cladonia rangiferina.

Korallenriffe und Koralleninseln. Die Koralleninseln sind massenhafte Anhäufungen von Kolonien gewisser Geschlechter von Korallen (Asträen, Mäandrinen, Madreporen, Milleporen) in sehr zahlreichen Arten, in der Gegenwart auf die wärmern Meere der Erde beschränkt, wo sie etwa zwischen 28° nördl. und südl. Br. über die Äquatorialzone verbreitet sind, da die Tiere zu ihrem Fortkommen eine Temperatur von wenigstens 18° C., zu ihrem rechten Gedeihen aber von 20° C. verlangen. Nur an einzelnen günstigen Lokalitäten verbreiten sie sich weiter gegen die Pole hin, so im Roten Meer bis 30° nördl. Br., während sie auf der südlichen Hemisphäre nur an der Westküste Australiens bis 29° reichen, an andern Stellen bloß bis zum 25.°; gänzlich fehlen sie an den Westküsten Afrikas und Amerikas. Die Malediven und Lakadiven im Indischen Ozean, Hunderte von Koralleninseln im Stillen Ozean, die Bermudas und andre Inseln im Atlantischen Ozean, die Ostküste Australiens, namentlich aber die Torresstraße, deren Fahrwasser seit der Zeit der Entdeckung derselben so bedeutend durch Ausbreitung der Korallenbauten beschränkt wurde, daß man an ein gänzliches Sperren derselben denken darf, sind Beispiele besonders stark entwickelter Bauthätigkeit der Korallen. Die Korallen siedeln sich familienweise auf dem Grunde des Meers an und bilden einzelne Höcker, zwischen denen sich Trümmer der Korallenstöcke, vom Meer zusammengespült, ausbreiten. Neue Generationen folgen, sich auf den alten Höckern aufsetzend, sie erhöhend und ihre Zwischenräume überwölbend. Das Wachstum ist verhältnismäßig rasch (s. Korallen). Die kalkreichen Exkremente zahlreicher die Korallenfelder abweidender Fische und Spritzwürmer mischen sich mit den durch die Wellen abgerissenen Korallentrümmern, die zu Sand zerkleinert werden und sich in allen Zwischenräumen ablagern. Der so gebildete Kalk wird zu Kalkspat oder zu festem, marmorartigem Stein (Korallenkalk), reich an Resten von Krebsen, Muscheln, Seeigeln und von Bohrmuscheln durchbohrt. Bis an die Meeresoberfläche zur Ebbezeit bauen sich die Polypen empor, dann siedeln sich verkalkende Meerespflanzen, die eine Entblößung zur Ebbezeit vertragen, an; Wellen und Wind werfen abgerissene Trümmer von Korallen auf die Höhe des Riffs, und so hebt es sich im Verlauf der Zeit zuerst an einzelnen Punkten, endlich im ganzen Umfang über die höchste Flutlinie. Die Strömungen des Meers bringen Samen und Früchte an das Riff, die Brandung wirft sie ans Land; die Kokospalme, der Pandanus, der Brotfruchtbaum und andre Pflanzen siedeln sich an. Darwin hat nicht nur die verschiedenen Formen der Korallenkolonien übersichtlich eingeteilt, sondern auch eine bis vor kurzem allgemein anerkannte Hypothese über den Bildungsvorgang für diese verschiedenen Formen aufgestellt. Er unter-^[folgende Seite]