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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kriegsfall – Kriegsgeschichte

lichen Kriegführung wie die Ansage bei jeder Privatfehde. So hat sich die K. bis ins 17. Jahrh. allgemein erhalten; in der neuesten Zeit aber ist eine K. nur vereinzelt (wie von Frankreich 1870 und Rußland 1877) durch formlose Note (s. d.) erfolgt. Nach dem geltenden Rechte ist eine K. jedoch nicht notwendig (vgl. Lueder in Holtzendorffs «Handbuch des Völkerrechts», Bd. 4, S. 334 fg.). Bei dem entwickelten diplomat. Verkehr ist es nicht wohl denkbar, daß ein Staat von dem Angriffe des andern unerwartet überrascht wird. So geht der Abbruch der diplomat. Beziehungen (s. Abberufung) regelmäßig dem Kriegsausbruche voran. In gewissem Sinne, besonders durch Angabe des Kriegsgrundes (s. d.), vertreten die von den streitenden Regierungen unmittelbar vor oder bei der Kriegseröffnung an ihre Unterthanen gerichteten Kriegsmanifeste eine K.

Kriegsfall, s. Casus belli und Krieg.

Kriegsfeuerwerkerei, die zu militar. Zwecken, namentlich zum Signalisieren, Erleuchten, Entzünden und Inbrandsetzen sowie zum Erzeugen von Stickluft dienende Feuerwerkerei; in weiterm Sinne werden auch die Gegenstände der Geschütz- und Gewehrmunition hierher gerechnet. Hiernach zerfallen die Kriegsfeuer in die Munition (s. d.), die Zündungen (s. d.) und die sog. besondern Kriegsfeuer, als Raketen, Kanonen-und Gewehrschläge, Leuchtfackeln, Feuerballen (s. die Einzelartikel). Lustfeuerwerkerei (s. d.) und K. berühren sich in der Benutzung brennbarer Gemenge und haben einzelne Feuerwerkskörper miteinander gemein.

Kriegsflotte, s. Marine. – Über die deutsche, französische, großbritannische u. s. w. K. s. Deutsches, Französisches u. s. w. Heerwesen.

Kriegsformation, umfaßt die kriegsgemäße Gliederung der Truppen, bei der die taktische Verwendung allein maßgebend ist, während bei der Friedensformation die Rücksicht auf die Ausbildung der Truppen von Einfluß ist.

Kriegsfreiwillige, Freiwillige, welche bei Ausbruch eines Krieges auf die Dauer desselben angenommen werden (§. 98, 2 der Wehrordnung). Sie werden bei der Demobilmachung oder bei Auflösung des betreffenden Truppenteils zur Disposition der Ersatzbehörden entlassen.

Kriegsfuß, das organisatorische und administrative Verhältnis der Truppenteile, die durch die Mobilmachung (s. d.) kriegsbereit geworden sind.

Kriegsgebrauch, im Unterschiede von Kriegsrecht (s. d.) diejenigen Regeln der gesitteten Kriegführung, welche noch nicht die Anerkennung als bindende Rechtssätze erhalten haben und zum Teil auch wegen ihrer Dehnbarkeit zu solchen nicht wohl geeignet sind. In umgekehrtem Sinne wird allerdings unter K. auch das verstanden, was nach dem heutigen Kriegsrechte noch nicht untersagt ist und darum für erlaubt gilt, obwohl es das sittliche Gefühl der Zeit mehr oder minder stark verletzt.

Kriegsgefangene, die feindlichen Soldaten oder andere Angehörige des feindlichen Heers, welche in die Gewalt des Siegers geraten sind. Nichtstreitbare, welche sich einem feindlichen Truppenkörper angeschlossen haben, werden zunächst mit diesem K., um das Entweichen Streitbarer unter solcher Maske zu verhüten, sind aber späterhin freizugeben, und Personen, welche unter dem Schutze der Genfer Konvention (s. d.) stehen, dürfen nicht zu K. gemacht werden. Erhebt sich die Bevölkerung des feindlichen Landes zur Teilnahme am Kampfe, so können ihre Streiter und Führer zu K. gemacht werden. Als K. zu behandeln sind die Personen, welche in einem besetzten feindlichen Gebiete der occupierende Staat zu seiner Sicherheit festnehmen läßt (s. Occupation), darunter die Geiseln (s. d.).

K. sind Gefangene des Staates, nicht ihrer Gefangennehmer. Sie werden nach dem Gebiete des Staates, dessen K. sie sind, abgeführt und müssen nach jetzigem Völkerrecht ernährt und gekleidet werden, wobei ihre Kleidungsstücke und Wertobjekte verwertet werden dürfen; doch pflegt man das Privateigentum an Geld und Pretiosen nicht zu verwerten, sondern nur in Verwahrung zu nehmen. Ein Ersatz des für die K. gemachten Aufwandes findet nicht statt. Die K. dürfen zur Verrichtung standesgemäßer Arbeiten, auch zum Schanzenbau angehalten, aber nicht zum Kampfe gegen ihren Staat und dessen Verbündete gezwungen werden. Bei einem Fluchtversuche darf der K. getötet, nach der Vereitelung eines solchen aber nicht bestraft werden. Gegen Waffenerhebung und Verschwörung der K. darf Todesstrafe angedroht werden. Wird während des Krieges die Auswechselung von K. vereinbart, so gilt beiderseits Gleichheit des Ranges und der Zahl als Bedingung. Nach dem Friedensschlusse erfolgt die Freigebung der K. ohne Berechnung und Lösegeld. Offiziere dürfen «auf Ehrenwort» aus der Kriegsgefangenschaft entlassen werden, Mannschaften nur durch Vermittelung ihrer Offiziere; sie verpflichten sich, in dem gegenwärtigen Kriege nicht mehr (oder nicht innerhalb bestimmter Zeit oder nicht auf bestimmten Kriegsschauplätzen) gegen den Nehmestaat zu dienen. Wortbrüchigkeit macht ehrlos und kann mit dem Tode bestraft werden.

Im Altertum wurden die K. zu Sklaven gemacht; als im Mittelalter die Kirche mit Erfolg dem Verkauf derselben entgegen gearbeitet hatte, war die nächste Wirkung nur eine größere Strenge der Behandlung, welche sich bei denen, von welchen ein Lösegeld nicht zu erwarten war, bis zu den grausamsten Verstümmelungen steigerte. In den Kriegen des 16. und 17. Jahrh. bildeten sich feste Tarife für das Lösegeld der verschiedenen Rangstufen aus, welche dann als Grundlage für die Auswechselung der K. dienten. Nach jetzigem Völkerrecht sind die K. nicht als Straf-, sondern nur als Sicherheitsgefangene zu behandeln und nach Beendigung des Krieges freizugeben, sofern sie nicht strafbare Vergehen verübt und noch Strafe zu verbüßen haben.

Kriegsgericht, s. Militärgerichtsbarkeit.

Kriegsgeschichte, die Geschichte der verschiedenen einzelnen Kriege; sie ist mehr eine historisch-polit. als eine militär. Wissenschaft. Indem aber aus den Studien einzelner Kriege sich ein Bild des Krieges an sich ergiebt, welcher die Grundprincipien desselben aus dem umhüllenden Beiwerk frei hervortreten läßt, wird das Studium der K. im engern Sinne zu einer Kriegswissenschaft von hervorragender Bedeutung.

Allgemeine Werke über K. sind namentlich Hardeggs Grundzüge einer Anleitung zum Studieren der K. (Stuttg. 1851), desselben Vorlesungen über K. (2 Tle., ebd. 1851‒56; Tl. 3, Darmst. 1862), und des Fürsten Nikolai Sergejewitsch Galitzyn Allgemeine K. aller Zeiten und Völker (russisch, 13 Bde.; deutsch Cass. 1874 fg.). Zuverlässige offizielle (nicht kritische) Darstellungen der neuesten großen Kriege sind die Werke des Preußischen Generalstabs über

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