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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kurvenmesser; Kurvereine; Kurwa; Kurz

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Kurvenmesser - Kurz.

diese Gleichungen algebraisch sind, also die Koordinaten nur in Form von Summen, Differenzen, Produkten, Quotienten und Potenzen enthalten, so nennt man die Kurven algebraische; im entgegengesetzten Fall heißen sie transcendente oder auch mechanische Kurven. Die Kegelschnitte sind z. B. algebraische Kurven, die Cykloide aber ist eine mechanische K. Die algebraischen Kurven benennt man nach dem Grad ihrer Gleichung und sagt also, ein jeder Kegelschnitt sei eine ebene K. zweiten Grades. Der Grad der Gleichung drückt aber zugleich die Anzahl der Punkte aus, in denen eine ebene K. von einer Geraden oder eine gewundene K. von einer Ebene geschnitten wird, und diese Zahl gibt die Ordnung der K. an. Außerdem teilt man die ebenen algebraischen Kurven in Klassen ein nach der Zahl der Tangenten, die man von einem Punkt aus an sie legen kann. Die Kegelschnitte sind von zweiter Ordnung und Klasse; im allgemeinen ist eine K. nter Ordnung von der Klasse n (n-1).

Kurvenmesser (Kurvometer), Instrumentchen zur Messung der Länge krummer Linien (Grenzen, Flußläufe etc.) auf Landkarten, bestehend aus einem am Rand fein gekerbten oder mit Spitzen versehenen Rädchen, das sich innerhalb einer Gabel um eine Achse dreht und aus der zu messenden Linie hin bewegt wird. Bei Schlagintweits Skalenrädchen zählt man die ganzen Umdrehungen direkt und liest die Bruchteile aus einer am Rande des Rädchens angebrachten Skala ab. Aus der bekannten Länge des Radumfanges ergibt sich dann der zurückgelegte Weg. Bei dem von Elliot angegebenen Opisometer oder Perambulator hat die Achse eine feine Schraubenwindung; am Beginn einer Messung wird das Rädchen an den Anfang der Achse gebracht, und nachdem es die zu messende Länge zurückgelegt hat, verschiebt man es in entgegengesetzter Richtung auf einer Skala, welche die Weglänge angibt.

Kurvereine, Vereinigungen der Kurfürsten (s. d.) des Deutschen Reichs zur Wahrung ihrer Rechte, insbesondere ihrer Wahlfreiheit dem Papst gegenüber, auch zum Behuf des Eingreifens in die Zeitereignisse. Der erste Kurverein fand 1338 auf dem Königsstuhl (s. d.) bei Rhense statt. Die wichtigsten spätern K. waren der von 1399 zu Marburg wegen Absetzung des Königs Wenzel, 1424 zu Lingen wegen der hussitischen Unruhen, 1438 zu Frankfurt a. M. wegen der Streitigkeiten zwischen dem Papst und dem Baseler Konzil, 1558 zu Worms, wo man übereinkam, an dem früher Festgesetzten zu halten, was nachmals wiederholt, zuletzt 1764, beschworen wurde.

Kurwa (russ.), gemeines Schimpfwort für eine schlechte Weibsperson.

Kurz, 1) Heinrich, namhafter Litterarhistoriker, geb. 28. April 1805 zu Paris von deutschen Eltern, wurde nach dem frühen Tod seines Vaters bei Verwandten in Hof erzogen und studierte in Leipzig Theologie. In die burschenschaftlichen Untersuchungen verwickelt, wandte er sich 1827 nach Paris, wo er orientalische Sprachen studierte, ließ sich dann 1830 in München nieder, wo er Vorlesungen über chinesische Grammatik hielt. Nach Augsburg übergesiedelt, gab er ein konstitutionelles Oppositionsblatt, "Die Zeit", heraus, welches ihm schon nach wenigen Wochen zweijährige Festungshaft zuzog. K. benutzte diese unfreiwillige Muße in Würzburg zur Übersetzung der chinesischen Dichtung "Das Blumenblatt" (St. Gallen 1836). Nach seiner Freilassung wandte er sich nach der Schweiz, fand hier bald eine Anstellung als Lehrer der deutschen Sprache und Litteratur in St. Gallen und wurde 1839 Professor an der Kantonschule in Aarau sowie 1846 Kantonbibliothekar. Er starb 24. Febr. 1873 daselbst. Durch die reichen Schätze der Aarauer Bibliothek veranlaßt, hatte er sich dem Studium der deutschen Litteratur zugewandt. Er fand eine unbekannte Schrift Fischarts auf und gab Murners höchst selten gewordenes Gedicht "Vom großen lutherischen Narren" (Zürich 1848) und mit P. Weißenbach "Beiträge zur Geschichte und Litteratur, besonders aus den Archiven und Bibliotheken des Kantons Aargau" (Aarau 1846) heraus. Schätzbare Sammelwerke lieferte er in dem "Handbuch der poetischen Nationallitteratur der Deutschen seit Haller" (Zürich 1840-1843, 3 Bde.; 3. Aufl. 1859) und "Handbuch der deutschen Prosa von Gottsched bis auf die neueste Zeit" (das. 1845-52, 3 Bde.). Sein Hauptwerk aber bildet die "Geschichte der deutschen Litteratur" (Bd. 1-3, Leipz. 1851 ff., 7. Aufl. 1876; Bd. 4, 1868-1872, 4. Aufl. 1882), welche historische Auffassung mit gut ausgewählten Proben und geschmackvollen Illustrationen verbindet, jedoch unter der Zersplitterung nach den einzelnen Dichtungsgebieten und Dichtungsformen leidet. Ein kurzer, aber inhaltreicher "Leitfaden zur Geschichte der Litteratur" (Leipz. 1860; 5. Aufl., bearbeitet von G. Emil Barthel, 1878) schließt sich dem größern Werk an. Von seiner "Deutschen Bibliothek", einer Sammlung seltener Schriften der ältern deutschen Nationallitteratur, erschienen Bd. 1 und 2: "Esopus von Burkard Waldis", Bd. 3-6: "Christoffels von Grimmelshausen Simplizianische Schriften", Bd. 7: "Jörg Wickrams Rollwagenbüchlein", Bd. 8-10: "Johann Fischarts sämtliche Dichtungen" (Leipz. 1862-68). Außerdem veröffentlichte K.: "Die Schweiz, Land, Volk und Geschichte in ausgewählten Dichtungen" (Bern 1852), führte das von Paldamus begonnene biographisch-kritische Werk "Deutsche Dichter und Prosaisten" (Leipz. 1863) zu Ende und besorgte kritische Ausgaben, mit biographischen Einleitungen und Lesarten, von "Schillers sämtlichen Werken" in 9 Bänden (Hildburgh. 1867-1868) und von "Goethes Werken" in 12 Bänden (das. 1867-68), denen sich ausgewählte Werke von Lessing, Herder, Wieland, Chamisso, H. v. Kleist und E. T. A. Hoffmann anschlossen. Auch eine "Ausgewählte Korrespondenz Napoleons I." (Hildburgh. 1870, 3 Bde.) ward von K. übersetzt und herausgegeben. Selbständig veröffentlichte er noch: "Über Walthers von der Vogelweide Herkunft und Heimat" (Aarau 1863) und "Die deutsche Litteratur im Elsaß" (Berl. 1874).

2) Hermann, Dichter und Novellist, geb. 30. Nov. 1813 zu Reutlingen, besuchte die Klosterschule zu Maulbronn, studierte dann in Tübingen Theologie und Philosophie, aber mit noch größerm Eifer die Werke der alten deutschen Litteratur. Später lebte er privatisierend an verschiedenen Orten Württembergs, meist jedoch in Stuttgart, wo er eine Reihe von Jahren den "Beobachter" redigierte, und wurde 1864 zum Universitätsbibliothekar in Tübingen ernannt. Hier starb er 10. Okt. 1873. K. trat zuerst mit "Gedichten" (Stuttg. 1836) und "Dichtungen" (das. 1839) auf, die sich durch Gemütsinnigkeit und Formgewandtheit auszeichnen. Später wandte er sich vorzugsweise dem Roman und der Erzählung zu. Hierher gehören: "Schillers Heimatjahre" (oder, wie ursprünglich der Titel lautete: "Hermann Roller", Stuttg. 1843, 3 Bde.; 2. Aufl. 1857); "Der Weihnachtfund" (Berl. 1855, 2. Aufl. 1862); "Erzählungen" (Stuttg. 1858-61, 3 Bde.) und "Der Sonnenwirt" (Frankf. 1855; 2. Aufl., Berl. 1862, 3 Bde.).