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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Labédoyère; Labenwolf; Labeo; Laber; Laberdan; Laberius; Labes; Labessenz; Labet; Labial; Labialpfeifen; Labiaten

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Labédoyère - Labiaten.

verlassen, als die "Mémoires de la Maintenon" (Amsterd. 1755-56, 9 Bde.) ihn auf ein Jahr ins Gefängnis zurückführten. Beidemal soll Voltaire mit im Spiel gewesen sein. L. zog sich nun nach Toulouse zurück, verfolgt vom Haß Voltaires, und lebte der Litteratur, erhielt 1770 eine Stelle an der königlichen Bibliothek und starb 17. Nov. 1773. Die meisten seiner Schritten tragen einen polemischen, ja pamphletartigen Charakter oder spekulieren in unwürdiger Weise (wie die in den "Mémoires" enthaltenen Briefe der Frau v. Maintenon) auf die Neugierde des Publikums; seine beste Schrift ist unstreitig die durch Witz, Geist u. Energie ausgezeichnete "Réponse au Supplement du siècle de Louis XIV, ou Lettres à Voltaire" (1754, 1763), seine schlechteste der "Commentaire sur la Henriade" (1775), ein wahres Muster unfähiger, erbärmlicher Kritik. Vgl. Nicolas, Sur la vie et les écrits de L. A. de L. (Par. 1852).

Labédoyère (spr. -doajähr), Charles Angélique Huchet, Graf von, ein Opfer der Reaktion von 1815 in Frankreich, geb. 17. April 1786 zu Paris, trat 1806 in die Gendarmerie der Armee und nahm an den Feldzügen von 1806 bis 1812 als Adjutant des Marschall Lannes, dann Murats teil. 1813 erhielt er von Napoleon I. den Befehl über das 112. Infanterieregiment, an dessen Spitze er bei Bautzen und bei Goldberg kämpfte. Bei Napoleons Rückkehr von Elba führte er diesem sein Regiment, welches in Grenoble stand, nach Vizille entgegen, zog mit ihm in Grenoble ein und erhielt den Grad eines Maréchal de Camp. Bald darauf wurde er zum Generalleutnant und Pair von Frankreich erhoben. Nach der Schlacht von Waterloo eilte er nach Paris und sprach in der stürmischen Sitzung der Pairskammer vom 22. Juni mit besonderer Heftigkeit gegen die Bourbonen. Nach der Kapitulation von Paris folgte er der Armee hinter die Loire. Eben im Begriff, nach Amerika auszuwandern, ward er 3. Juli in Paris verhaftet und 19. Aug. 1815 kriegsrechtlich erschossen.

Labenwolf, Pankraz, Erzgießer des 16. Jahrh., Schüler von Peter Vischer, war in Nürnberg thätig, wo er an dem von letzterm ausgeführten Renaissancegitter für das Fuggerbegräbnis in Augsburg (später im Rathaus zu Nürnberg, dann verschollen) mit arbeitete. Seine selbständigen Hauptwerke sind: das "Gänsemännchen", ein Bauer mit zwei Gänsen unter den Armen, deren Schnäbel Wasser speien, auf dem Brunnen des Gemüsemarkts in Nürnberg, der Brunnen im Hof des Rathauses mit einem eine Fahne haltenden Knaben auf der Säule (1550) und das Grabmal für den Grafen Werner von Zimmern in der Kirche zu Meßkirch bei Sigmaringen.

Labeo, Marcus Antistius, berühmter röm. Jurist der Augusteischen Zeit, ein Mann von unbeugsamer Charakterfestigkeit, streng republikanischer Gesinnung, die ihm den Augustus abgeneigt machte, und vielseitiger Bildung. Seine juristischen Schriften umfaßten 400 Bücher, von denen einzelnes in den Pandekten des Justinianischen "Corpus juris" enthalten ist. Indem er das Recht weiterzubilden suchte, wurde er der Begründer einer besondern juristischen Schule, die sich nach seinem Schüler Sempronius Proculia die der Proculianer nannte. Vgl. Pernice, M. Antistius L. (Halle 1873-78, 2 Bde.).

Laber, mittelalterl. Dichter, s. Hadamar von Laber.

Laberdan, s. Schellfisch.

Laberius, Decimus, röm. Ritter und berühmter Mimendichter, geb. 105 v. Chr., ward in seinem 60. Jahr (45) von Cäsar gezwungen, in einem seiner Mimen selbst aufzutreten. Der Prolog zu demselben, in dem er in ergreifender Weise sein Schicksal beklagt, ist noch vorhanden. Die durch sein Auftreten auf der Bühne verwirkte Ritterwürde erhielt er von dem Diktator zurück. Er starb 43. Von seinem originellen Witz und seiner kühnen Sprachbildnerei geben die erhaltenen Bruchstücke von etwa 40 Mimen mannigfache Proben (gesammelt in Ribbecks "Comicorum romanorum fragmenta", 2. Ausg., Leipz. 1873).

Labes, Hauptstadt des Kreises Regenwalde im preuß. Regierungsbezirk Stettin, an der Rega und der Linie Stargard-Danzig der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, ein Landgestüt, Parkettfußböden- und Lederfabrikation und (1885) 5225 meist evang. Einwohner.

Labessenz, s. Lab.

Labet (v. franz. la bête), im Kartenspiel s. v. w. verloren habend (s. Bête); übertragen s. v. w. matt.

Labial (lat.), zu den Lippen (labia) gehörig; Labiales, Lippenlaute (s. Lautlehre).

Labialpfeifen (Lippenpfeifen) heißen diejenigen Pfeifen, bei welchen die Tonerzeugung vermittelst eines bandförmigen, gegen eine scharfe Kante getriebenen Luftstroms geschieht, welcher im Pfeifenkörper abwechselnd Verdichtungs- und Verdünnungswellen erregt und durch diese abwechselnd in die Pfeife hineingezogen und nach außen gelenkt wird (vgl. Blasinstrumente). Von den Instrumenten unsers Orchesters gehören nur die Flöten zu den L., Oboe, Klarinette, Fagott und die Blechinstrumente dagegen zu den Zungenpfeifen. Nach der verschiedenartigen Mensur (s. d.) sowie nach den verschiedenen Höhen- und Breitenverhältnissen des Aufschnittes unterscheidet man in der Orgel eine große Anzahl zu den L. gehöriger Stimmen: Prinzipal-, Gambenstimmen, Flötenstimmen, Hohlflöten etc.; von abweichender Gestaltung des Pfeifenkörpers sind: Gemshorn, Doppelflöte u. a. Eine besondere Abteilung der L. bilden die Gedackte und die halbgedeckten L. (Rohrflöte).

Labiaten (Lippenblumen, Lippenblütler), dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Labiatifloren unter den Gamopetalen, meist perennierende Kräuter und Halbsträucher von sehr übereinstimmendem Habitus. Die Stengel und Äste sind vierkantig, letztere gegen-, selten quirlständig. Die dekussiert gegenständigen, seltener quirlständigen Blätter sind einfach, meist ganz, fiedernervig und sehr häufig runzelig uneben, ohne Nebenblätter. Die Laubblätter gehen allmählich in die Hochblätter des Blütenstandes über. Derselbe steht in der Achsel eines Hochblattes und stellt ein bald wenig-, bald reichblütiges Dichasium oder eine einfache oder zusammengesetzte Wickel mit sehr verkürzten Zweigen und meist kleinen, bisweilen auch größern und gefärbten Deckblättchen dar. Die Blüten sind zwitterig und zygomorph, lippenförmig. Der stehen bleibende Kelch ist verwachsenblätterig, meist trichterförmig, am Saum entweder regelmäßig fünfzähnig oder mehr oder weniger zweilippig und schief. Die abfallende Korolle ist auf dem Blütenboden eingefügt; sie bildet eine ziemlich lange Röhre, die sich oben rachenförmig erweitert und in den meist ausgeprägt zweilippigen Saum übergeht. Die Oberlippe besteht aus den zwei verwachsenen hintern Blumenblättern und stellt einen konkaven Helm dar; die abstehende oder herabgeschlagene, meist dreiteilige Unterlippe wird von den drei vordern Blumenblättern gebildet. Von den fünf Staubgefäßen schlägt stets das hinterste fehl, und die vier vorhandenen sind meist zweimächtig, indem ge-^[folgende Seite]