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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Langobardisches Recht

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Langobarden - Langobardisches Recht.

Die Zeiten Autharis wurden für die spätere Stellung der L. auch durch die eheliche Verbindung des Königs mit der fränkischen Königstochter Theodolinde bedeutungsvoll. Unter ihrem Einfluß begann die Bekehrung der noch immer arianischen L. zur katholischen Religion und war um die Mitte des 7. Jahrh. so weit vollendet, daß von da an nur katholische Könige regierten. Nach Autharis Tod (590) wählte seine Witwe Theodolinde Agilulf (590 bis 615), Herzog von Turin, zum Gemahl und bewog auch diesen, den katholischen Glauben anzunehmen. Auf Agilulf folgte 615 Adelwald (615-624), Autharis Sohn. Dieser begünstigte ebenfalls den Katholizismus, verfiel aber bald in Wahnsinn, worauf sein Schwager Ariowald (624-636) auf den Thron erhoben wurde. Rothari (636-652), von Ariowalds Witwe zum Gemahl und König erwählt, regierte trefflich, beschränkte die Macht der Griechen in Italien und ließ 644 die Volksrechte der L. in einem Gesetzbuch zusammenstellen. Sein Sohn und Nachfolger Rodoald (625^[richtig: 652]-653) ward bereits 653 von einem Langobarden, dessen Gemahlin er verführt hatte, erschlagen, und Theodolindens Neffe Aribert I. (653-661), ein Agilolfinger, bestieg nun den Thron. Derselbe that sich besonders als Beschützer der Künste und Wissenschaften hervor. Nach seinem Tod stritten seine beiden Söhne, Berthari und Godebert, um die Alleinherrschaft. Beide riefen den mächtigen Herzog von Benevent, Grimoald, der mit Ariberts Tochter vermählt war, zu Hilfe, der Godebert in Pavia ermordete, Berthari aus Mailand vertrieb und hierauf von den L. zum König (662-672) erwählt wurde. Er schlug die Angriffe der Griechen und Franken sowie die Einfälle der Avaren zurück. Auch um die Ordnung im Innern machte sich Grimoald durch neue Gesetze verdient. Unter seiner Regierung wurde zwar die katholische Kirche bei den L. die herrschende; doch gelang es derselben nicht, einen solchen Einfluß auf den Staat zu erlangen, wie sie ihn unter den übrigen katholischen germanischen Völkern errang. Als Grimoald 672 starb, wurde sein unmündiger Sohn Romuald (Gariwald?) auf Benevent beschränkt, und die L. riefen Berthari (672-690) zurück. Diesem folgte sein Sohn Kunibert (690-703). Im Bund mit Aldo und Grauso, zwei mächtigen L. in Brescia, fiel Alachis, Herzog von Trient, während Kunibert abwesend war, in Pavia ein und machte sich zum König, trat aber alle Volksrechte so mit Füßen, daß ihn Aldo und Grauso verrieten und Kunibert wieder auf den Thron setzten. Alachis wagte mit seinem Anhang noch eine blutige Schlacht unweit Como, fand aber den Tod. Unter Kuniberts minderjährigem Sohn Liutbert (703-704), für den sein Vater den Herzog Ansprand zum Vormund eingesetzt hatte, erlebte das Langobardenreich schwere Zeiten. Raginbert, Godeberts Sohn, Herzog von Turin, erhob Ansprüche auf den Thron und besiegte Ansprand bei Novara. Zwar überlebte Raginbert seinen Sieg nicht lange, aber sein Sohn Aribert (704-712) behauptete durch einen zweiten Sieg bei Pavia die Herrschaft. Liutbert wurde umgebracht; Ansprand floh nach Bayern, wo er endlich 712 die lang erbetene Hilfe erhielt und mit einem stattlichen Heer in Oberitalien erschien. Aribert entwich und ertrank auf der Flucht in dem Tessin, von dem Gold, womit er sich beladen hatte, niedergezogen.

Der weise Ansprand (712-713) wurde nun König, hinterließ aber den Thron schon nach drei Monaten seinem Sohn Liutprand (713-744), dessen Streben dahin ging, die ganze Halbinsel zu einem großen Langobardenreich zu vereinigen. Der heftige Widerstand, den er hierbei bei Gregor II., dem damaligen Papst, fand, der sich sogar mit den Herzögen von Spoleto und Benevent verband, bewog ihn, mit dem griechischen Statthalter im Bund gegen Gregor und seine Alliierten zu ziehen. Gregor, in Rom hart bedrängt, bot Karl Martell durch Übersendung der Schlüssel zum Grab des heil. Petrus die Schutzherrschaft an; aber ehe die Verhandlungen zum Abschluß gelangten, starben Karl und Gregor (741). Sein Nachfolger Zacharias schloß mit Liutprand Frieden (742) und gab die Herzöge auf, die nun ihre Länder verloren. Ebenso energisch griff Luitprand ^[richtig: Liutprand] im eignen Lande durch: die Herzöge wurden in ihrer Macht beschränkt und mußten wesentliche Rechte an die Gastalden abtreten. Sein Nachfolger Rachis (744-749) zeigte sich so energielos, daß die L. ihn des Throns entsetzten und seinen Bruder Aistulf (749-756) auf denselben erhoben. Dieser nahm zunächst Ravenna ein, zog dann vor Rom und brachte den Papst Stephan II. in solche Bedrängnis, daß er Pippin um Hilfe bat. Pippin zwang Aistulf durch zwei Feldzüge, von seinen Angriffen auf Rom abzustehen und die fränkische Oberhoheit anzuerkennen. Auf Aistulf folgte Desiderius, Herzog von Tuscien, 756-774. Dieser, aufgebracht, daß Karl d. Gr. seine Tochter verstoßen hatte, nahm die Witwe Karlmanns, Gilberga, mit ihren Kindern auf und wollte den Papst Hadrian zwingen, die Söhne Karlmanns zu fränkischen Königen zu salben. Der Papst bat Karl um Hilfe, der mit einem Heer über die Alpen kam und Desiderius nach siebenmonatlicher Belagerung in Pavia zur Ergebung zwang. Wann und wo Desiderius sein Leben beschlossen, ist ungewiß. Die langobardische Verfassung wurde anfänglich beibehalten, Karl d. Gr. nannte sich König der L.; indessen wiederholte Aufstände unter Desiderius' Sohn Adalgis und dessen Schwager Arichis von Benevent 776 und 786 führten zur Auflösung der alten Verfassung und Einführung fränkischer Institutionen. Da die L. inzwischen romanisiert worden waren, so verschmolzen sie mit der übrigen Bevölkerung Italiens, in dessen Geschichte die ihrige aufgeht. Germanisch gebliebene Reste der L. will man in einigen deutschen Gemeinden in den Thälern Südtirols erkennen. Vgl. Flegler, Das Königreich der L. in Italien (Leipz. 1851); S. Abel, Der Untergang des Langobardenreichs in Italien (Götting. 1858); Pabst, Geschichte des langobardischen Herzogtums ("Forschungen zur deutschen Geschichte", Bd. 2, das. 1862); Blume, Die Gens Langobardorum und ihre Herkunft (Bonn 1868 u. 1874, 2 Hefte); Martens, Politische Geschichte des Langobardenreichs unter König Liutprand (Heidelb. 1880); L. Schmidt, Zur Geschichte der L. (Leipz. 1885); Weise, Italien und die Langobardenherrscher 568-628 (Halle 1887); K. Meyer, Sprache und Sprachdenkmäler der L. (Paderb. 1877).

Langobardisches Recht, die Gesetze der langobardischen Könige (Edicta regum Langobardorum) von Rothari bis Aistulf, welche auch unter fränkischer Herrschaft ihre Gültigkeit behielten und durch die Kapitularien der fränkischen Könige (Capitula langobardica) weiter fortgebildet wurden. Über diese Gesetze entwickelte sich schon um die Mitte des 10. Jahrh. auf der Rechtsschule zu Pavia eine reiche Litteratur, die sich in Sammlung und Sichtung der Gesetze und in ihrer Erklärung durch Glossen bethätigte. Die wichtigsten Sammlungen sind eine chronologische (Liber Papiensis) und eine systematische (sogen. Lombarda), beide aus dem 11. Jahrh. Zur Lombarda