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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lavandula; Lavant; Lavaschmuck; Lavater

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Lavandula - Lavater.

sie ihren Einfluß nur, um Wohlthaten zu spenden. Von der Montespan aus der Gunst des Königs verdrängt, ging sie 1674 in das Kloster der Karmeliterinnen zu Paris, nahm 1675 unter dem Namen Louise de la Miséricorde den Schleier und suchte durch Übernahme strenger Büßungen und harter Arbeiten die verlorne Gewissensruhe wiederzugewinnen. Sie starb 6. Juni 1710. Ihre "Lettres" sind 1767 herausgegeben worden (neue Ausg. 1854). Man hält sie für die Verfasserin der "Réflexions sur la miséricorde de Dieu par une dame pénitente" (Par. 1680, 5. Aufl. 1685; neue Ausg. von Clément, 1860, 2 Bde.). Frau v. Genlis, welche diese Schrift herausgab, machte sie zum Gegenstand des Romans "Mademoiselle de L.", und der berühmte Lebrun hat ihr Bild als büßende Magdalena gemalt. Ihre Biographie schrieben Quatremère de Roissy (Par. 1823), Capefigue (das. 1859), Houssaye (das. 1860), Duclos (das. 1869). Vgl. auch Lair, Louise de La Vallière et la jeunesse de Louis XIV (Par. 1881).

Lavandula L. (Lavendel), Gattung aus der Familie der Labiaten, perennierende Kräuter, Halbsträucher oder Sträucher mit meist nur im untern Teil beblätterten Stengeln, einfachen, bisweilen fiederig eingeschnittenen Blättern, aus 2-10blütigen Scheinquirlen zusammengesetzten Blütenähren und blauen oder violetten Blüten. Etwa 20 Arten, von denen die meisten in den Ländern um das Mittelländische Meer einheimisch sind, wo sie hier und da meist gesellig meilenlange Strecken überziehen. L. officinalis Chaix (L. vera Dec.), ein 30-60 cm hoher, kurzhaariger Strauch mit 5 cm langen, gegenständigen, länglich-linienförmigen oder lanzettförmigen, ganzrandigen, am Rand zurückgerollten, durch Öldrüsen glänzend punktierten Blättern, endständigen, blattlosen, unterbrochenen Blütenähren, veilchenblauen, in der Kultur vorwaltend weiblichen Blüten und vier glatten, braunen, kleinen Nüßchen. Diese Art wächst vom Atlas durch Spanien, Südfrankreich, Oberitalien, Corsica bis Kalabrien wild, kommt jedoch noch in Norwegen im Freien fort und wird mehrfach, besonders in England bei Mitcham und Hitchin, bei uns bisweilen in Gärten als Zierpflanze, kultiviert. Die Blüten schmecken bitter aromatisch, riechen angenehm und geben bei der Destillation ein feineres ätherisches Öl als die übrige Pflanze. Man trocknet sie auch und benutzt sie zu aromatischen Umschlägen, Bädern, trocknen Parfümen, Räucherpulvern etc. L. Spica Chaix (Nardus italica der alten Botaniker) ist der vorigen Art ähnlich, wird aber bedeutend höher und hat breitere, am Rand nur schwach umgebogene Blätter; der Blütenstand ist gedrängter und nur am Grund unterbrochen, auch sind die Blüten heller. Diese Art hat dieselbe Verbreitung wie die vorige, ist aber weniger hart und muß bei uns im Kalthaus überwintert werden. Sie wird in Südfrankreich ebenfalls zur Darstellung von ätherischem Öl (Spiköl, s. Lavendelöl) benutzt. L. Stoechas L., mit schmalen Blättern und kleinen, schwärzlich purpurroten Blüten in sehr kurz gestielter, dichter, von einem Schopf großer, violetter, steriler Hochblätter gekrönter Ähre, wächst in ganz Südeuropa und im Orient, riecht noch lieblicher als die erste Art und scheint allein die L. der Alten gewesen zu sein und den Namen von lavare (waschen) wegen vielfacher kosmetischer Anwendung erhalten zu haben. Nach dieser Pflanze wurden die Stoechades (Hyèrischen Inseln) benannt, weil sie dort sehr reichlich wuchs. Vgl. Gingins de Lassaraz, Histoire naturelle des Lavandes (Par. u. Genf 1826).

Lavant, linker Nebenfluß der Drau in Kärnten, entspringt am Wenzelalpenkogl, fließt, südöstliche Hauptrichtung verfolgend, durch das obst- und wiesenreiche Lavantthal (mit den Orten St. Leonhard, Wolfsberg, St. Andrä, St. Paul) und mündet nach 60 km langem Lauf bei Lavamünd. Das Lavantthal ist seit 1879 durch die Staatsbahn von Unterdrauburg nach Wolfsberg dem Eisenbahnverkehr erschlossen worden. Vgl. Högel, Führer in das Lavantthal (Wolfsb. 1884).

Lavaschmuck, s. Gagat.

Lavater, 1) Johann Kaspar, eine der merkwürdigsten Persönlichkeiten der deutschen Sturm- und Drangperiode, geb. 15. Nov. 1741 zu Zürich als Sohn eines Arztes, besuchte seit 1754 das akademische Gymnasium seiner Vaterstadt, wo Bodmer und Breitinger seine Lehrer waren, und nahm, für den geistlichen Stand bestimmt, frühzeitig eine asketisch-mystische Richtung an, der er im wesentlichen sein ganzes Leben lang treu blieb. Einen Beweis kühnen Muts legte er um jene Zeit durch eine Schrift gegen das tyrannische und ungerechte Treiben des Landvogts Grebel (1762) ab, welche großes Aufsehen machte, ihm aber zugleich die Feindschaft der ganzen Züricher Aristokratie zuzog. Darauf unternahm er (1763) mit seinem Freund H. Füßli eine Reise nach Norddeutschland, um sich bei dem Prediger Spalding zu Barth in Schwedisch-Pommern für das geistliche Amt weiter auszubilden, ward auf derselben mit vielen bedeutenden Männern jener Zeit (darunter Sulzer, Ernesti, Gellert, Öser, Moses Mendelssohn, Klopstock, Jerusalem, Moser) bekannt und begann in Barth, wo er acht Monate zubrachte, seine schriftstellerische Laufbahn zunächst mit kritischen Arbeiten. Auch dichtete er damals seine berühmten "Schweizerlieder", welche erst später (Bern 1767) im Druck erschienen. Nach seiner Rückkehr nach Zürich (1764) durch seine glänzende Beredsamkeit als Prediger Aufsehen erregend, wurde er 1769 Diakonus und 1775 Pastor an der Waisenhauskirche daselbst, 1778 Diakon und 1786 Pastor an der Peterskirche und zugleich Mitglied des Konsistoriums. 1786 unternahm er eine Reise zu seinen Freunden nach Bremen, 1793 auf des Ministers Bernstorff Einladung eine solche nach Kopenhagen, auf der er überall mit größter Auszeichnung empfangen wurde. Die letzten Jahre seines Lebens wurden ihm durch die politischen Ereignisse vielfach getrübt. Den harten Maßregeln seiner Kantonalregierung ebenso mutig entgegentretend wie den Übergriffen der Demokratie und den Gewaltthaten des französischen Direktoriums, kam er bei der helvetischen Regierung in den Verdacht eines Einverständnisses mit Rußland und Österreich und wurde infolgedessen 16. Mai 1799 verhaftet und nach Basel deportiert. Am 10. Juni wieder in Freiheit gesetzt und nach Zürich zurückgekehrt, ward er, als er bei der Eroberung der Stadt durch Masséna 26. Sept. d. J. den verwundeten Soldaten auf der Straße Hilfe leistete, von einer feindlichen Kugel getroffen, infolgedessen er nach langen und schweren Leiden 2. Jan. 1801 starb. In Lavaters Wesen waren die merkwürdigsten Gegensätze vereinigt. Er besaß eine schrankenlose Phantasie und zugleich tiefe Gemütlichkeit, war genial und voll poetischer Stimmungen, aber ohne rechte Gestaltungskraft und ohne künstlerische Mäßigung; ideenreich und von scharfer Beobachtungsgabe, aber ohne Ruhe und Klarheit; von Natur fromm und gläubig, doch nicht gewissenhaft in der Wahl der Mittel, wenn es galt, seine Zwecke zu erreichen; ein Schwärmer und bekehrungssüchtig, aber tolerant und für alles