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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lebadeia; Lebanon; Lebbin; Lebeau; Lebedín; Lebedján; Lebedos; Leben

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Lebadeia - Leben.

Lebadeia, im Altertum Stadt in Böotien, westlich vom Kopaissee, berühmt durch das schon von Krösos befragte und noch im 2. Jahrh. n. Chr. existierende Orakel des Trophonios und den Tempel des Gottes mit einer von Praxiteles verfertigten Bildsäule desselben. Jetzt Livadia (s. d.).

Lebanon (spr. lebbanon), blühende Stadt im nordamerikan. Staat Pennsylvanien, 50 km östlich von Harrisburg, mit (1880) 8778 Einw. Etwa 8 km davon die ungemein ergiebigen "Cornwall-Erzbänke" mit Eisen und Kupfer; auch schöner Marmor wird gebrochen.

Lebbin, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Stettin, Kreis Usedom-Wollin, auf der Insel Wollin und am Ausfluß der Swine aus dem Pommerschen Haff, hat eine schöne Kirche, ein Waisenhaus, Zementfabrikation u. (1885) 1406 evang. Einwohner. Die Lebbiner Berge sind der Anfang eines Höhenzugs, der mit dem Gosanberg unweit Misdroy an der Ostsee endet.

Lebeau (spr. loboh), Jean Louis Joseph, belg. Staatsmann, geb. 2. Jan. 1794 zu Huy an der Maas, studierte in Lüttich die Rechte, ward 1819 Advokat, trat als publizistischer Schriftsteller auf und trug als Mitredakteur des politischen Journals "Matthieu Laensberg" wesentlich zum Zustandekommen der Union zwischen der liberalen und der katholischen Opposition gegen die niederländische Regierung bei. Während der Revolution 1830 entwickelte L. eine große Thätigkeit für die Unabhängigkeit Belgiens und betrieb als Minister des Auswärtigen im zweiten Ministerium des Regenten vom 28. März 1831 eifrigst die Wahl des Prinzen von Koburg zum König von Belgien. Um jeden Verdacht persönlichen Eigennutzes zu entfernen, gab er gleichzeitig sein Portefeuille ab und war Mitglied der Kommission, die dem neuen König die Wahldokumente überbringen sollte, wurde aber unter König Leopold 20. Okt. 1832 wieder Justizminister. Nach den Unruhen im Monat April 1834 schied er aus dem Ministerium und ward Gouverneur von Namur und 1839 außerordentlicher Gesandter Belgiens beim Deutschen Bund. 1840 erhielt er wieder das Ministerium des Auswärtigen. Als die Angriffe der katholischen Partei in den beiden Kammern das Ministerium immer heftiger bedrängten, der König aber eine Auflösung der Kammern verweigerte, nahm L. mit fast sämtlichen Mitgliedern des Kabinetts 1841 seine Entlassung. Als Kammermitglied sowie als Publizist aber fuhr er fort, die Prinzipien des Liberalismus der klerikalen Partei gegenüber zu vertreten. Erst im Herbst 1864 verzichtete er infolge von Kränklichkeit auf seine Wiederwahl als Deputierter und starb 19. März 1865 in Huy. Vgl. Juste, Joseph L. (Brüssel 1866).

Lebedín (Lebedjin), Kreisstadt im russ. Gouvernement Charkow, an der Olschana, hat 10 Kirchen, einige Talgsiedereien, Getreidehandel und, mit einigen dazu gehörigen Sloboden, (1884) 14,788 Einw.

Lebedján, Kreisstadt im russ. Gouvernement Tambow, am Don, hat 7 Kirchen, ein Kloster, eine Stadtbank, eine Landwirtschaftliche Gesellschaft, Seifen- und Talglichtfabrikation und (1884) 6248 Einw. In L. finden jährlich drei große Jahrmärkte statt mit einem jährlichen Absatz von ca. 2 Mill. Rubel. Haupthandelsartikel sind: Leder, Felle, Korn und Pferde.

Lebedos, im Altertum eine der ionischen Städte an der Küste Lydiens, nordwestlich von Ephesos, erreichte durch Handel, die benachbarten Warmbäder u. die Fruchtbarkeit ihres Gebiets eine hohe Blüte, verlor aber durch Lysimachos, der den größten Teil ihrer Einwohner nach Ephesos verpflanzte, ihre Bedeutung.

Leben, der Inbegriff der charakteristischen Erscheinungen, Thätigkeiten und Bewegungen, welche wir an denjenigen Naturkörpern wahrnehmen, die wir gewöhnlich als Organismen bezeichnen, nämlich an Tieren und Pflanzen, insbesondere derjenigen der Selbstregelung und Überkompensation, welche die Dauerfähigkeit derselben bedingen. Die lebenden Wesen unterscheiden sich von den anorganischen Körpern sowohl durch eine besondere chemische Zusammensetzung ihrer Körpermasse als durch einen eigentümlichen Aufbau. Als den eigentlichen Träger des Lebens sieht man in neuerer Zeit das Protoplasma (s. d.) an, weil es nicht nur bei vielen niedern Urwesen oder Protisten den gesamten Leib des Lebewesens darstellt und alle Eigenschaften des Lebens, als Bewegung, Reizbarkeit, Ernährung und Fortpflanzung, äußert, sondern weil auch die höher stehenden Organismen im Keimzustand auf einen Tropfen dieser Substanz reduziert sind. Pflüger und andre Biologen haben das L. aus der großen Zersetzbarkeit des Protoplasmas oder einiger seiner Bestandteile zu erklären gesucht, Löw und Bokorny hierbei besonders auf die große Beweglichkeit und Spannkraft der im lebenden Eiweiß enthaltenen Aldehydgruppen hingewiesen. Der Tod sei die Folge einer Molekularverschiebung dieser in chemischer Beziehung ausgezeichneten Gruppen. In der That konnten die Genannten zeigen, daß es ein chemisches Reagens gibt, durch welches lebendes Protoplasma vom toten sofort unterschieden werden kann, und dies Reagens besteht in einer alkalischen Silberlösung, welche nur lebendes Protoplasma durch mittels Aldehyd ausgeschiedenes Silber färbt, nicht aber das (wenn auch eben) abgestorbene Protoplasma. Diese eiweißartige Substanz bildet, wie es scheint, erst aus sich heraus die andern Bestandteile des Körpers, sie umgibt sich auf einer etwas höhern Stufe mit einer Hülle und bildet die Zelle (s. d.), das Elementarorgan, durch dessen Vermehrung u. Aneinanderreihung sich der Leib der höhern Lebewesen aufbaut. Ein unbelebter Körper wächst dadurch, daß sich an seiner Oberfläche kleine Partikelchen einfach ansetzen; die Organismen aber wachsen dadurch, daß sie die sich ihnen darbietenden Nahrungsmittel in sich aufnehmen und zu solchen Stoffen umwandeln, aus welchen sie selbst bestehen. Man nennt diese Umwandlung die Assimilation (umbildende Aneignung). Mit der Assimilation ist stets auch eine fortwährende Ausscheidung der unbrauchbar gewordenen Bestandteile verbunden. Beide Vorgänge, die Assimilation und die Ausscheidung, werden zusammen als Stoffwechsel bezeichnet, wobei die Atmung, welche nur im latenten L. auf ein unmerkliches Maß herabsinkt, sonst aber ununterbrochen im Gang ist, durch Sauerstoffaufnahme und Verbrennung der ausgeschiedenen Stoffe zur eigentlichen Quelle der Lebensenergie und Lebenswärme wird. Diese Vorgänge sind die Grundbedingungen, ohne welche das L. überhaupt nicht denkbar ist. Von den Organismen hat die eine Gruppe, nämlich die der Tiere, die Fähigkeit, sich infolge eines psychischen Antriebes willkürlich zu bewegen; den Pflanzen geht diese Fähigkeit im allgemeinen ab, obwohl gewisse Wachstums- und Reizbewegungen bei ihnen allgemein vorkommen; den unbelebten Körpern aber geht jedes Vermögen, sich aus innern Impulsen zu bewegen, fremde Nahrung aufzunehmen, sie zu gestalten und sich durch die Fortpflanzung zu verjüngen, völlig ab. An Anhaltspunkten für die Unterscheidung zwischen Belebtem und Unbelebtem fehlt es daher nicht; aber es wäre ein Irrtum, zu glauben, daß diese Anhaltspunkte einzeln oder in ihrer Ge-^[folgende Seite]