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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Leisten – Leiter

Leisten (jurist.), soviel wie Einlager (s. d.).

Leisten, Sorte der Frankenweine (s. d.).

Leistenband, s. Leistengegend.

Leistenbeule, s. Bubo.

Leistenbruch, s. Leistengegend und Bruch.

Leistendrüsen, s. Leistengegend.

Leistenführung, die Führung (s. d.) des Geschosses im Rohr vermittelst Leisten. Rings um den cylindrischen Teil des Langgeschosses befinden sich flache leistenartige Vorsprünge aus weichem Metall, die in ihrer Form den Zügen des Rohrs entsprechen, beim Schuß in dieselben eingreifen und so eine Führung des Geschosses bewirken. Bei neuern Hinterladern werden L. nicht angewandt (s. Geschoß).

Leistengegend oder Leiste (Inguinalgegend, Regio inguinalis), die unterste, dicht über dem Schenkel liegende Bauchpartie, an welcher sich als Grenze zwischen Unterleib und Bein eine schräg von der Hüfte zu den Geschlechtsteilen herablaufende Vertiefung (der Schenkelbug oder die Schenkelbeuge) befindet. Sie hat ihren Namen von dem Leistenband oder Poupartschen Band (ligamentum Poupartii) erhalten, welches sich wie eine Leiste als sehniger, scharfrandiger Strang vom obern Darmbeinstachel zum Schambeinhöcker hinzieht und den untern freien Rand des äußern schiefen Bauchmuskels darstellt. Die L. ist von großer Wichtigkeit, weil sich an derselben zwei aus der Bauchhöhle herausführende, nur locker geschlossene Kanäle befinden, durch welche oft Därme oder Netz, unter dem Namen von Brüchen (Hernien), aus dem Bauche hervortreten. Der eine dieser Kanäle, Leistenkanal (canalis inguinalis) genannt, läuft schräg oberhalb des Schenkelbugs von außen und oben nach innen und unten gegen die Geschlechtsteile. Durch diesen gegen 4 cm langen Kanal, dessen inneres Ende, der sog. Leisten- oder Bauchring (annulus inguinalis), locker vom Bauchfell überzogen wird, tritt beim Manne der Samenstrang aus dem Hodensacke hinein in die Bauchhöhle, bei der Frau dagegen das runde Mutterband von der Seite der Gebärmutter heraus zu den äußern Geschlechtsteilen. Brüche (aus Darm oder Netz bestehend), welche durch den Leistenkanal und seine äußere Öffnung hervortreten, führen den Namen der (äußern oder innern) Leistenbrüche, kommen häufiger beim Manne als bei der Frau vor und ziehen sich bei ersterm sehr oft bis in den Hodensack herab. Der andere Kanal führt in der Mitte des Schenkelbugs gerade von oben, aus der Bauchhöhle, zum Oberschenkel herab, heißt Schenkelkanal (canalis cruralis) und dient den großen Schenkelgefäßen zum Durchtritt. Die diesen Kanal passierenden Brüche nennt man Schenkelbrüche; sie finden sich am häufigsten bei Frauen. Dieser Leisten- und Schenkelbrüche wegen, die bisweilen sehr kleine Geschwülste darstellen, so daß sie leicht übersehen werden können, verdient jeder Schmerz in der L. Aufmerksamkeit, weil sonst leicht Einklemmung und Brand des Bruches zu stande kommt. (S. Bruch.)

Außer den Brüchen kommen auch entzündliche Anschwellungen der in der L. liegenden zahlreichen Lymphdrüsen (Leistendrüsen, glandulae inguinales) vor, welche man allgemein als Bubonen (s. Bubo) bezeichnet. Sie werden von Krankheiten der äußern Geschlechtsteile oder des Beins veranlaßt; auch rühren sie manchmal von tuberkulöser oder krebsiger Entartung der Drüsen her. Bisweilen hat eine Leistengeschwulst ihren Grund auch darin, daß der Hode, welcher beim Embryo in der Bauchhöhle liegt und allmählich durch den Leistenkanal in den Hodensack hinaufsteigt, bis zur Geburt in diesem Kanal oder selbst im Bauch liegen geblieben ist, so daß er erst später in den Hodensack herabsteigt (sog. Leistenhoden oder Kryptorchismus). Ferner wird die L. manchmal der Sitz von Geschwülsten, welche Eiter enthalten, der von Entzündungen benachbarter Organe (des Hüftgelenks, Psoasmuskels) stammt. Ebenso vermag eine Ausdehnung (Aneurysma) der großen Schenkelpulsader eine pulsierende Geschwulst in der L. zu veranlassen. In dieser Gegend finden sich auch die Kot- oder Darmfisteln am häufigsten, d. h. Öffnungen, durch welche Kot aus dem Darme hervortritt und die infolge eines brandig gewordenen Darmbruchs entstanden sind. Heilung erfolgt durch Operation.

Leistengeschwulst, s. Leistengegend.

Leistenhernie, Bruch der Leistengegend.

Leistenhoden, Leistenkanal, s. Leistengegend.

Leistennetze, rippenartige, unregelmäßig sich durchkreuzende Wülste, die auf der Fläche von thonigen Sandsteinschichten erscheinen; sie sind dadurch entstanden, daß die Oberfläche einer Schlammschicht beim raschen Eintrocknen in Risse zerbarst und neues darüber gelagertes Schlammmaterial in letztere eindrang. Beim Loslösen der Schichten gewahrt man also auf der Unterfläche der obern Schicht die Ausfüllungsmasse jener Risse als ein vielverschlungenes Netzwerk von hervorstehenden Adern; die L. finden sich vielfach mit Tierfährten zusammen.

Leistenring, s. Leistengegend.

Leistung, in der Mechanik soviel wie Effekt (s. d.).

Leistungsklage, s. Actio (Bd. 1, S. 122 a).

Leitartikel, ein meist an der Spitze der Zeitungsnummer stehender Artikel, der entweder die polit. Gesamtlage beleuchtet oder einzelne Tagesfragen ausführlicher erörtert. Er soll die Leser in ihrer Auffassung der polit. Ereignisse «leiten».

Leitbündel, s. Gefäßbündel (Bd. 7, S. 651 b).

Leiter, in der Elektricitätslehre diejenigen Körper, die den elektrischen Zustand schnell aufnehmen und weiter führen, zum Unterschiede von den Nichtleitern oder Isolatoren (s. d.), die der elektrischen Ladung den Durchgang nicht gestatten, obwohl die elektrische Fernwirkung dieselben als Zwischenkörper (ähnlich wie Licht die durchsichtigen Körper) durchdringt. Strenggenommen sind eigentlich alle Körper L., weil sie alle, wenn auch die sog. Isolatoren erst nach längerer Zeit, die elektrische Ladung hindurch lassen. Zu den gewöhnlich so genannten L. gehören die Metalle, das Wasser, die wässerigen Salzlösungen und die geschmolzenen Salze. Am besten leiten die Metalle und unter diesen besonders das Silber und Kupfer; schlechter leitet reines Wasser, denn selbst das am wenigsten leitende Metall (Quecksilber) leitet noch mehr als millionenmal besser als reines Wasser. Den Unterschied zwischen L. und Nichtleitern oder Isolatoren der Elektricität entdeckte Gray 1728‒31. Die Leitung eines Körpers wird durch die Temperatur beeinflußt. Eis leitet gut, unter -20° C etwa ist es ein Nichtleiter der Elektricität wie Glas. Auch Glas wird, wenn es, fast zum Schmelzen erhitzt weich und biegsam wird, ein L. Man kann durch Berührung mit einem solchen mit der Zange gefaßten Glasstab ein Elektroskop sofort entladen. Die Leitung der Metalle nimmt bei Erhöhung der Temperatur ab, worauf das Siemenssche Pyrometer beruht. (S. Leitungs- ^[folgende Seite]