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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Liefland; Liége; Liegegeld; Liegendes; Liegenschaften; Liegetage; Liegnitz

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Liefland - Liegnitz.

einem größern Ort zwischen mehreren daselbst mündenden Bahnen bestehende Verbindungsbahn zu passieren hat. Der Lauf der L., welcher mit der auf die Abstempelung des Frachtbriefs folgenden Mitternacht beginnt, ruht für die Dauer steueramtlicher Abfertigung sowie für die Dauer einer ohne Verschulden der Bahnverwaltung eingetretenen Betriebsstörung. Die Eisenbahn haftet für den Schaden, der durch Versäumung der L. entstanden ist, wie jeder andre Frachtführer, und zwar hat die Bahnverwaltung, ohne einen besondern Nachweis des Schadens verlangen zu können, für die Versäumung der L. bei Frachtgütern, wenn die Verspätung mehr als 1 Tag beträgt, bis zu 3 Tagen ¼, bis zu 8 Tagen ⅓ und, wenn die Verspätung mehr als 8 Tage beträgt, die Hälfte der Fracht und bei Eilgütern, wenn die Verspätung mehr als 12 Stunden beträgt, bis zu 24 Stunden ¼, bis zu 3 Tagen ⅓ und, wenn die Verspätung mehr als 3 Tage beträgt, die Hälfte der Fracht zu vergüten. Dabei ist es aber dem Entschädigungsberechtigten unbenommen, den Nachweis eines durch die Nichteinhaltung der L. erlittenen höhern Schadens zu erbringen. Zulässig ist es auch, das Interesse an der rechtzeitigen Lieferung auf dem Frachtbrief zu deklarieren und zwar gegen Entrichtung eines Frachtzuschlags, in welchem Fall dann die deklarierte Summe den Maximalsatz des Entschädigungsbetrags bildet. Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 326-334, 394, 397-399; Betriebsreglement für die Eisenbahnen Deutschlands vom 11. Mai 1874, § 28, 31, 56, 57, 69, 70. Litteratur s. Eisenbahnrecht.

Liefland, s. Livland.

Liége (spr. ljehsch), franz. Name für Lüttich.

Liegegeld, s. Liegetage.

Liegendes, jedes Gestein, auf welchem ein andres unmittelbar ruht; vgl. Hangendes.

Liegenschaften, s. v. w. unbewegliches Vermögen, daher Liegenschaftssteuer etc. Vgl. Grundstück.

Liegetage (Liegezeit), die zum Laden und Löschen der Schiffe in der Chartepartie (s. d.) ausdrücklich festgesetzte Zeit. Wird diese Zeit nicht eingehalten, so muß für die Überliegetage ein Liegegeld an den Reeder bezahlt werden (vgl. Ladezeit). L. werden überhaupt auch die Ruhepausen genannt, welche zwischen der Vertauung der Schiffe in ihren Häfen und der Abfahrt aus denselben verfließen.

Liegnitz, Hauptstadt des vormaligen reichsunmittelbaren schles. Fürstentums L. sowie des gleichnamigen Regierungsbezirks, Stadt- und Landkreises in der preußischen Provinz Schlesien, unweit der Mündung des Schwarzwassers in die Katzbach, welche die Stadt von S. nach N. durchfließt, Knotenpunkt der Linien Sommerfeld-Breslau, Sommerfeld-Kohlfurt-L., Kamenz-Raudten und L.-Goldberg der Preußischen Staatsbahn, 120 m ü. M., besteht aus der mit Alleen umgebenen innern Stadt und mehreren Vorstädten. Die nennenswertesten Gebäude der Stadt sind: das königliche Schloß (1835 abgebrannt, aber wieder aufgebaut, jetzt Regierungsgebäude), die Ritterakademie, die neue Kaserne, das Rathaus, das Theater, das Postgebäude, der Bahnhof, das Gymnasialgebäude etc. Außerdem hat L. 2 evangelische, eine katholische, eine altlutherische, eine christkathol. Kirche, ein Bethaus der Irvingianer und eine Synagoge. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (ein Grenadierregiment Nr. 7) auf 43,347, darunter 34,290 Evangelische, 7650 Katholische und 946 Juden. Die Industrie ist bedeutend. L. hat eine große Tuch- und eine Textil- und Wollwarenfabrik, mehrere Eisengießereien und Maschinenfabriken, vier Pianofortefabriken (jährliche Produktion über 1700 Stück Pianinos und Flügel im Wert von nahezu 1 Mill. Mk.), eine Hutfabrik (380 Arbeiter, jährliche Produktion 365,000 Filzhüte), bedeutende Handschuhfabriken, Dampftischlerei, Dampfziegelei und Thonwarenfabrikation, Klaviaturen-, Holzgalanteriewaren-, Kinderwagen-, Lampen-, Peitschen-, Holzstifte- und Zigarrenfabrikation, Kunstdrechslerei, Dampfschneidemühlen, Gemüsebau etc. Der Handel wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1885: 243 ⅓ Mill. Mk.), eine Filiale der Breslauer Wechslerbank und mehrere Bankgeschäfte. An Bildungsinstituten etc. besitzt L. eine Ritterakademie (1708 gegründet, seit 1810 in ein Gymnasium umgewandelt mit Vorbehalt der adligen Freistellen), ein Gymnasium, eine höhere Bürgerschule, eine landwirtschaftliche Schule, ein evang. Schullehrer- und ein Lehrerinnenseminar, eine Taubstummenanstalt, mehrere wohlthätige Vereine, ein Theater etc. Die städtischen Behörden zählen 12 Magistratsmitglieder und 42 Stadtverordnete; sonst ist L. Sitz einer Regierung, eines Landratsamtes für den Landkreis L., einer Oberpostdirektion, eines Landgerichts und eines Hauptsteueramtes. In der nächsten Umgebung befinden sich herrliche Gartenanlagen und Promenaden. - Zum Landgerichtsbezirk L. gehören die acht Amtsgerichte zu Bunzlau, Goldberg, Haynau, Jauer, L., Lüben, Naumburg a. Q. und Parchwitz. - L. wird zuerst 1004 erwähnt und ward 1163 Residenz der Herzöge von Niederschlesien, seit 1241 der piastischen Linie L., welche 1675 mit Herzog Georg Wilhelm ausstarb, worauf L. wie ganz Schlesien vom Kaiser in Besitz genommen wurde (s. Schlesien, Geschichte). Erst seit 1742 ist es preußisch. Am 9. April 1241 fand in der Nähe (bei Wahlstadt) die große Schlacht gegen die Mongolen statt, welche L. belagerten und zerstörten. Die Reformation wurde 1522 hier eingeführt. 1632 wurde L. von den Schweden erobert, von den Kaiserlichen aber bald wieder genommen und 1638 dem Herzog wieder eingeräumt. Am 13. Mai 1634 wurden hier die Kaiserlichen unter Colloredo von den Sachsen unter Arnim besiegt. Im Siebenjährigen Krieg fiel es 1757 den Österreichern in die Hände, ward aber bald von den Preußen zurückerobert, und 15. Aug. 1760 besiegte in der Nähe (Pfaffendorf, Siegeshöh) Friedrich II. die Österreicher unter Laudon. Dieser wollte die Preußen bei Nacht überfallen, wurde aber von Friedrich, der insgeheim die Höhen zwischen Katzbach und Schwarzwasser besetzt hatte, zurückgeschlagen, ohne daß es Daun und Lacy, die von W. heranrückten, verhindern konnten. Den Titel einer "Fürstin von L." (s. d.) erhielt 1824 die Gräfin Harrach, Friedrich Wilhelms III. zweite Gemahlin. Vgl. Schuchardt, Die Stadt L. (Berl. 1868); Sammter und Kraffert, Chronik von L. (Liegn. 1861-73, 4 Tle.); "Urkundenbuch der Stadt L., bis 1455" (hrsg. von Schirrmacher, das. 1866); Jander, Mitteilungen über L. und seine Umgebung (das. 1883).

Der Regierungsbezirk L. (s. Karte "Schlesien"), die ehemaligen schlesischen Fürstentümer L., Glogau und Jauer sowie den größten Teil der 1815 von Sachsen an Preußen abgetretenen Oberlausitz begreifend, umfaßt 13,602 (nach andern Angaben 13,606) qkm

^[Abb.: Wappen von Liegnitz.]