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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Madama, Villa; Madame; Madaras; Madarōsis; Mädchenauge; Mädchenhorte; Mädchensalat; Mädchenschändung; Mädchenschulen

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Madama, Villa - Mädchenschulen.

Madama, Villa, eine bei Rom am Monte Mario gelegene Villa, welche nach den Plänen Raffaels von letzterm und nach dessen Tod von Giulio Romano für den Kardinal Giulio de' Medici, spätern Papst Clemens VII., erbaut ist. Die Decke der durch drei Bogen geöffneten Halle an der Fassade ist von Giovanni da Udine dekoriert, ein Raum im Innern von Giulio Romano ausgemalt worden. Den Namen M. hat die jetzt verwahrlost und verfallen liegende Villa von ihrer spätern Besitzerin, der Herzogin Margarete von Parma, Tochter Karls V.

Madame (franz.), in Frankreich ursprünglich Ehrentitel für Frauen von Stand, namentlich und fast ausschließlich für die Ritterfrauen; später, wie noch jetzt, Prädikat jeder verheirateten Frau, ja selbst der unverheirateten in der Umgangssprache, sobald man nicht bestimmt weiß, ob dieselbe verheiratet ist oder nicht. Im Mittelalter gab man den weiblichen Heiligen den Titel M., den noch die Nonnen, besonders die Stiftsfräulein, führen, und am französischen Hof nannte man zur Zeit der Bourbonen alle Töchter des Königs M., während man unter M. allein, ohne etwas hinzuzufügen, stets die älteste Tochter des Königs oder des Dauphins (s. d.), oder die Gemahlin Monsieurs (s. d.) verstand. Mesdames de France hießen die Prinzessinnen des königlichen Hauses. M. mère war unter Napoleon I. Titel der Mutter des Kaisers. M. véto war ein Spottname für die Königin Marie Antoinette, M. status quo ein solcher für die Kaiserin Eugenie. Aus Frankreich ging das Wort M. vielfach in andre Sprachen über; nur dient das englische Madam bloß als Anrede der Königin oder, in abgekürzter Form (Ma'am, Ma'm), als solche aller Damen, deren Namen man nicht kennt. Das italienische Madama wird vorzugsweise bei vornehmen Frauen angewandt. In Deutschland kommt für das bis vor kurzem sehr übliche M. das deutsche "Frau" wieder in allgemeine Aufnahme.

Madaras (spr. mádarasch), Dorf im ungar. Komitat Jász-N.-Kun-Szolnok, mit (1881) 7350 Einw.

Madarōsis (Madesis, griech.), Kahlheit, besonders von den Augenlidern.

Mädchenauge, Pflanze, s. Coreopsis.

Mädchenhorte, s. Kinderhorte.

Mädchensalat, s. v. w. Rapünzchen, s. Valerianella.

Mädchenschändung, s. Unzuchtsverbrechen.

Mädchenschulen. Die Spuren besonderer Unterrichtsanstalten für die weibliche Jugend sind in den Schriften der Alten selten und unsicher. Jedenfalls hat es derselben im Altertum und im frühern Mittelalter nur wenige als Ausnahmen gegeben, namentlich in Klöstern für die vornehmen Stände. Berühmt ist aus dieser Zeit die weibliche Klosterschule zu Gandersheim, an der die Dichterin Hroswitha wirkte. In den aufstrebenden Städten des spätern Mittelalters werden öfters Jungfrauenschulen erwähnt, die von Lehrmüttern (Lehrbasen, Lehrgotten) geleitet wurden. Diese zu pflegen und zu verbreiten, waren unter andern die deutschen Reformatoren, namentlich Luther und Bugenhagen, bemüht, während auf römischer Seite mit der Gründung des Ordens der Ursulinerinnen (1537) und namentlich mit dessen Anlehnung an die Gesellschaft Jesu (1604) ein reger Eifer der religiösen Orden für die weibliche Bildung erwachte. Doch drang die Erkenntnis, daß Staat und Gemeinde im eignen Lebensinteresse die Schulbildung für beide Geschlechter allgemein zu gewähren haben, erst sehr allmählich durch und ist außerhalb Deutschlands, Skandinaviens und der Schweiz erst im letzten Menschenalter zur unwidersprochenen Herrschaft gelangt. Die Frage, inwieweit zum Unterricht der weiblichen Jugend auch auf der Stufe der allgemeinen Schulpflicht besondere M. erforderlich sind, wird in den verschiedenen Staaten verschieden beantwortet. Bei den romanischen Völkern waltet die völlige Trennung der Geschlechter vor; in Deutschland ist im ganzen der Grundsatz maßgebend, daß an mehrklassigen Schulen die Geschlechter getrennt unterrichtet, dagegen bei nur zwei Lehrern die Abstufung in zwei oder drei aufsteigende Klassen der Scheidung nach Geschlechtern vorgezogen wird (vgl. Allgemeine Verfügung des preußischen Ministers Falk vom 15. Okt. 1872, § 6). - Auf der mittlern und höhern Stufe gilt uns die Absonderung in besondere M. als unerläßlich. Doch hat namentlich in Nordamerika, auch in England die Ansicht zahlreiche Vertreter, daß selbst der höhere Unterricht für Knaben und Mädchen derselbe sein müsse. Die Geschichte der höhern M. oder, wie man früher wörtlich nach dem Französischen sagte, der höhern Töchterschulen (écoles de filles supérieures) weist auf Fénelons Schrift "Sur l'éducation des filles" (1689). Obwohl diese selbst mehr die sorgfältige häusliche Erziehung der Töchter vornehmer Familien bespricht, ist doch namentlich von ihr der Eifer zur Gründung höherer M. in Frankreich ausgegangen, der sich bald auch nach England und nach Deutschland verbreitete. Hier war es A. H. Francke, der 1697 die Fénelonsche Schrift ins Deutsche übersetzte und 1698 eine Mädchenschule (Gynaeceum) in Halle gründete. Doch kam man im ganzen während des 18. Jahrh. nicht über tastende Versuche hinaus. Als Vorbild für alle M. galt lange das von Frau v. Maintenon nach Fénelons Ideen mit Ludwigs XIV. Beifall und Beihilfe 1686 gegründete Haus des heil. Ludwig zu St.-Cyr bei Versailles, obwohl auch diesem nur eine kurze Blüte beschieden gewesen war. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gewannen nacheinander J. J. Rousseau (5. Buch des "Émile": Erziehung der Sophie) und Frau v. Genlis (1746-1830) die Leitung. In Deutschland gingen neben der stillen, die Franckesche Richtung weiter verfolgenden Arbeit der Brüdergemeinde mannigfache, den philanthropischen Geist der Zeit atmende Ansätze. Allmählich erst entstanden als feste Punkte im Schwanken der Ansichten einzelne öffentliche Anstalten von festerer Prägung, wie die Magdalenenschule zu Breslau (1767), die Luisenstiftung (1811), Elisabethschule (1827), Augustaschule (1832) zu Berlin, die Elisabethenschule zu Frankfurt a. M. (1804), die Ernestinenschule zu Lübeck (1804), das Katharinenstift zu Stuttgart (1818), die Cäcilienschule zu Oldenburg (1836) u. a. Von diesen ging das Bestreben aus, dem höhern Mädchenschulwesen eine mehr geschlossene Gestalt zu geben. Begünstigt durch das Interesse der Zeit an der Frauenfrage, traten 1872 in Weimar namhafte Vertreter der höhern M. zu einem Verein zusammen, der bis 1880 bereits 14 Zweigvereine und 2300 Mitglieder zählte. In einer Denkschrift an die deutschen Staatsregierungen wurden die Wünsche des Vereins vorgetragen, die wesentlich auf klarere Abstufung der M. (in Volks-, Mittel- und höhere M.), Aufstellung verbindlicher Grundzüge für die Lehrpläne der verschiedenen Stufen, strengere Forderungen an die Vorbildung der Lehrer und Lehrerinnen und Gleichstellung der höhern M. mit den übrigen höhern Lehranstalten ausgingen. Während in einigen deutschen Mittel- und Kleinstaaten, namentlich in Württemberg und Baden, diese Forderungen der Hauptsache nach berücksichtigt worden sind, haben die preu-^[folgende Seite]