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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Marsan; Marsberg; Marsbraun; Marsch; Marschall

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Marsan - Marschall.

werken der benachbarten Lagunen gewonnenen Salz, besonders aber mit dem in der ganzen Gegend angebauten berühmten Marsalawein treiben, der, mit Branntwein versetzt, hauptsächlich nach England und Westindien verführt wird. Im Hafen von M., welcher von Karl V. aus Sorge vor einer Landung der Türken 1567 verschüttet worden war, in neuerer Zeit aber wiederhergestellt wurde, sind 1884: 1287 Schiffe mit 126,294 Ton. eingelaufen. - M. ist zum Teil auf den Ruinen der alten Stadt Lilybäon (s. d.) erbaut, von der noch verschiedene Baureste, Gräber und Inschriften aufgefunden wurden. Ihre jetzige Gestalt verdankt die Stadt den Sarazenen, welche sie im 9. Jahrh. einnahmen und Mars el Allah ("Hafen Gottes") nannten, und den Normannen, von denen jene im 11. Jahrh. vertrieben wurden. Am 11. Mai 1860 landete hier Garibaldi mit seinen tausend Mann, um seinen Siegeszug gegen König Franz II. anzutreten.

Marsan (spr. -ssāng), ein Pavillon der Tuilerien, nach der Restauration von 1815 Wohnung des Grafen von Artois; daher wurde die extreme klerikal-legitimistische Partei in Frankreich, an deren Spitze Artois stand, die des Pavillon M. genannt.

Marsberg, zwei Städte im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Brilon, an der Diemel und der Linie Schwerte-Kassel der Preußischen Staatsbahn: 1) Obermarsberg, auf der Höhe, 413 m ü. M., hat eine alte Pfarrkirche, eine interessante Nikolaikapelle und (1885) 1310 meist kath. Einwohner. - 2) Niedermarsberg (früher Stadtberge), im Thal, hat eine katholische und eine evang. Kirche, eine Irren- und eine Idiotenanstalt, Papierfabrikation, Kupferbergbau, eine Kupferhütte, eine Entsilberungsanstalt, eine Dampfsägemühle und (1885) 3340 meist kath. Einwohner. In der Nähe stand die Sachsenfestung Eresburg (s. d.). M. gehörte nebst der dortigen Benediktinerpropstei ursprünglich dem Kloster Korvei, wurde aber 1230 an Kurköln verpfändet.

Marsbraun, s. v. w. künstlicher Ocker.

Marsch (die), s. Marschland.

Marsch, die geordnete Bewegung von Truppen nach einem vorgesetzten Ziel. Der gewöhnliche Tagesmarsch eines Armeekorps beträgt bis zu 20 km, der vierte Tag ist Ruhetag; bei Eilmärschen bis etwa 30 km. Man unterscheidet dann wohl noch beschleunigte Eilmärsche, bei denen ohne Ruhetag täglich 40-45 km, und Gewaltmärsche, bei denen noch größere Entfernungen unter Zuhilfenahme der Nacht zurückgelegt werden. Doch sind dies nur ungefähre Zahlen, die den jeweiligen Verhältnissen unterliegen. Bei künstlich beschleunigten Märschen wird die Beförderung auf Eisenbahnen, Dampfschiffen, Wagen etc. zu Hilfe genommen. Durch die Marschordnung wird die Reihenfolge der Truppen während des Marsches, und wie diese in den Kampf eingreifen sollen, vorausbestimmt. In Rücksicht hierauf wird die Artillerie möglichst weit nach vorn in die Marschkolonne eingefügt. Alle diese Anordnungen (Avantgarde, Gros, Sicherungsdienst etc.) werden in der Marschdisposition durch den Marschbefehl den Truppen vorher bekannt gemacht. Für den M. größerer Heeresteile nach dem Kriegsschauplatz wird ein Marschtableau unter Bezeichnung der täglichen Marschziele, ob kantoniert, biwakiert etc. werden soll, aufgestellt. Auf dem M. selbst muß strengste Marschdisziplin herrschen, um Unordnungen zu vermeiden. - Die Marschtiefe, Länge der Marschkolonne, beträgt (einschließlich Bagage) für 1 Infanterieregiment in 4 Rotten (Marschsektionen) 1590 m, 1 Kavallerieregiment 730, 1 Feldartillerieabteilung (4 Batterien) 1789 m, 1 Feldartilleriebrigade (einschließlich Munitionskolonnen) 14,375 m, 1 Divisionsbrückentrain 321 m, die Administrationsbranchen eines Armeekorps 2355 m, das Generalkommando und die beiden Infanteriedivisionsstäbe eines Armeekorps 1088 m, ein mobiles Armeekorps rund 60 km. - Marschübungen gehören zur militärischen Erziehung, obgleich sie nicht unmittelbar auf den Krieg sich übertragen.

Marsch (ital. marcia, franz. marche), eine Musik, deren Zweck ist, die Bewegung einer größern Menschenmenge zu regeln, in diesem Sinn dem Tanz verwandt. Der M. ist ohne Zweifel sehr alt. Festliche Aufzüge wurden schon im Altertum mit Musik begleitet; eine höhere künstlerische Gestaltung erhielt der M. in der griechischen Tragödie, wo der Chor in gemessener Bewegung auftrat und ebenso abtrat, freilich nicht mit Instrumentalbegleitung, sondern singend. Den Militärmarsch führt man gewöhnlich auf den Dreißigjährigen Krieg zurück, schwerlich mit Recht. Die Trommeln, Pauken, Trompeten und Schweizerpfeifen waren schon zu Anfang des 16. Jahrh. in Gebrauch, wenn ein Fürst in eine Stadt einritt oder in das Feld zog (Virdung). Die Form des Marsches, wie wir ihn als Kunstmusik zuerst in Opern (Lully) und dann als Klavierstück (Couperin) finden, ist die der ältern Tanzformen (zwei 8-16taktige Reprisen). Der heutige M. ist in der Regel weiter ausgeführt und hat ein mehr melodiös gehaltenes Trio. Die Militärmärsche sind entweder Parademärsche (Pas ordinaires) oder Geschwindmärsche (Pas redoublés) oder endlich Sturmmärsche (Pas de charge). Aus der Zahl der für besondere Zwecke und Gelegenheiten bestimmten Märsche (Festmärsche, Huldigungsmärsche, kirchliche Märsche; fast nur auf der Bühne bei Aufzügen etc.) hebt sich als besonders charakteristisch der Trauermarsch (Marcia funebre) heraus.

Marschall (früher Marschalk, mittellat. marescalcus, vom althochd. marah, "Mähre, Pferd", und scalh, "Diener"), ursprünglich der Hüter einer Koppel Pferde oder einer, der die Aufsicht über die Pferde und über den Stall führte, wie denn noch jetzt Maréchal im französischen der Hufschmied, auch der Stallmeister heißt. Schon in den frühsten Zeiten der fränkischen Könige stieg der M. zum höhern Hofbeamten (comes stabuli, vgl. Connétable) empor, dessen Funktion im Deutschen Reich seit der Zeit Kaiser Ottos I. eins der großen Erzämter (s. d.) ward. Erblicher Inhaber des Erzmarschallamts (Reichserzmarschall) war der Kurfürst von Sachsen, der, wie die andern fürstlichen Inhaber der Reichserzämter, den damit verbundenen Dienst durch den Erbmarschall verrichten ließ, dessen Würde in der Familie der Grafen von Pappenheim erblich war. Dieser Dienst bestand bei der Kaiserkrönung darin, daß derselbe in einen mächtigen Haferberg hineinritt, um dem neugekrönten Herrn ein silbernes Maß voll Hafer in den Stall zu bringen. Außerdem hatte er bei Reichstagen und bei sonstigen feierlichen Gelegenheiten die Ordnung und das Zeremoniell zu überwachen. Jetzt ist Hofmarschall der Titel eines höhern Hofbeamten, der als Vorsteher des Hofmarschallamts die ganze Haushaltung des Hofs, Küche, Keller, Baulichkeiten etc., sowie das niedere Hofpersonal unter seiner Aufsicht und bei Hoffestlichkeiten die nötigen Anordnungen zu treffen hat (s. Hof, S. 606). Die vormaligen Reichs- und Landerbmarschälle führten bei Versammlungen der Landstände den Vorsitz. Endlich kommen auch bei andern als Hoffest-^[folgende Seite]