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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mathis; Mathurīnen; Mathy

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Mathis - Mathy.

von Anjou, dem sie Heinrich Plantagenet, den spätern englischen König Heinrich II., gebar. Als aber ihr Vater 1135 starb und M. in Frankreich war, bemächtigte sich ein Neffe des verstorbenen Königs, Graf Stephan von Blois, des englischen Throns. M. versuchte 1139 eine Landung in England, wurde aber von Stephan gefangen und nach Bristol geführt. Der Haft entflohen, ließ sie durch ihren natürlichen Bruder ein Heer sammeln, schlug Stephan 1141 bei Chester und nahm ihn gefangen. Ihre Härte entfremdete ihr aber das Volk; sie ward von der Partei Stephans 1142 bei Winchester geschlagen und sah sich genötigt, ihren Gemahl, der in Gefangenschaft geraten war, gegen Stephan auszuwechseln. Von letzterm hierauf in Oxford belagert, entsagte sie der Krone und begab sich 1148 nach der Normandie, wo sie 10. Sept. 1167 in Rouen starb.

3) Markgräfin von Tuscien, die bekannte Freundin Gregors VII., geb. 1046, war eine Tochter des Markgrafen Bonifacius von Tuscien und der Beatrix von Lothringen. Sie ging zwar mit Gozelo dem Buckligen, einem Sohn des Herzogs von Lothringen, eine Ehe ein, doch lebte sie stets von ihm getrennt auf ihren Gütern in Italien; 1075 starb Gozelo. Den ihr allgemein gegebenen Namen der großen Gräfin verdankt sie ebenso ihrer Macht wie ihren glänzenden Geistesgaben und ihrer hohen Bildung. Sie besaß Toscana, Mantua, Parma, Reggio, Piacenza, Ferrara, Modena, einen Teil von Umbrien, Spoleto, den Kirchenstaat von Viterbo bis Orvieto und einen Teil der Mark Ancona, welche Besitzungen teils Allodien, teils Reichslehen waren. Ihre Regierung war gerecht und mild, ihr Hof glänzend. Mit der kindlichsten Liebe und Verehrung schloß sie sich an den Papst Gregor VII. an, was schon der Mitwelt Anlaß zu Verdächtigungen gab, die aber ungegründet waren, und setzte alle ihre Kräfte daran, dessen hierarchische Herrschaftspläne verwirklichen zu helfen. Bereits 1077 gewährte sie dem Papst auf ihrem Schloß Canossa eine Zuflucht, stand ihm 1081 gegen den Kaiser bei und unterstützte ihn mit Geld, als er in Rom eingeschlossen war. Der Kirche zuliebe vermählte sie sich sogar 1090 mit Welf, Herzog von Bayern, um diesen noch enger an die päpstliche Sache zu fesseln. Indessen lebte sie auch von diesem meist, zuletzt ganz getrennt. Schon 1077 hatte sie im Fall ihres kinderlosen Ablebens, welches 24. Juli 1115 in dem von ihr erbauten Kloster zu Polirone erfolgte, den Papst zum Erben ihrer Besitzungen ernannt, was zu langen Streitigkeiten Veranlassung gab, indem der Kaiser ihre Güter (Mathildische Erbschaft) als eröffnete Reichslehen, der Papst aber als ihm durch Testament zugehörig und Wels als Gatte der Verstorbenen in Anspruch nahmen. Man verglich sich endlich dahin, daß der Kaiser den größern Teil der Mathildischen Güter an die Kirche abtrat. Vgl. Pannenborg, Studien zur Geschichte der Herzogin M. (Götting. 1872); Tosti, La contessa Matilde e i romani pontefici (neue Ausg., Rom 1886).

Mathis, Ludwig Emil, preuß. Staatsmann, geb. 31. Mai 1797 zu Berlin, widmete sich daselbst dem Studium der Rechte, trat bei den Berliner Gerichten in den Staatsjustizdienst und ward 1829 Kammergerichtsrat. 1835-38 war er preußischer Kommissar bei der aus Anlaß des Frankfurter Aprilaufstandes (1833) niedergesetzten Bundeszentralbehörde in Frankfurt und wurde 1838 zum vortragenden Rat im Ministerium des Innern, 1840 zum Geheimen Oberregierungsrat ernannt und 1842 in den Staatsrat berufen, wo er bis 1844 Mitglied des Oberzensurgerichts war und sodann die Abteilung der höhern Polizei- und der Preßangelegenheiten erhielt. 1846 ward er Direktor im Ministerium des Innern. Obwohl liberalen Reformen nicht abgeneigt, trat er doch im Sommer 1848 mit Wartegeld zurück. Anfangs hielt er sich hierauf zur Kreuzzeitungspartei; bald aber führte die deutsche Frage einen Bruch herbei, und M. schloß sich dem Patriotischen Verein zu Berlin an, welcher die Durchführung der konstitutionellen Monarchie sich zum Ziel setzte. Als Vorsitzender desselben entfaltete er durch öffentliche Rede und in der Presse eine erfolgreiche Thätigkeit und veröffentlichte im Herbst 1849 die Flugschrift "Preußens deutsche Politik". Im Dezember 1849 ward er nach Frankfurt gesandt, um bei der provisorischen Bundeszentralkommission die Referate über die Departements des Innern und der Justiz zu übernehmen; im Juni 1850 trat er als preußischer Bevollmächtigter in die freien Konferenzen zur Beratung der deutschen Verfassungsangelegenheiten, ward aber schon im August wieder abberufen. Seit 1850 Mitglied der neugebildeten Ersten Kammer, gründete er 1851 mit Bethmann-Hollweg u. a. die Fraktion, welche die Einigung Deutschlands unter Preußens Führung und die Aufrechthaltung der preußischen Verfassung zu ihrem Programm machte. Organ der Fraktion ward das "Preußische Wochenblatt", an dem M. einer der thätigsten Mitarbeiter war. 1852 in das Abgeordnetenhaus gewählt, zeigte er sich bis 1858 als einen der unermüdlichsten Gegner des Ministeriums. Nur in der Frage der Ehegesetzgebung trennte er sich infolge seiner strengern kirchlichen Richtung von der Mehrzahl der liberalen Partei. 1859 und 1860 ward er zum Vizepräsidenten gewählt. Indes die weitern Ereignisse, der beginnende Konflikt über die Militärfrage drängten M. mehr und mehr in den Hintergrund. Bei den Neuwahlen 1861 wurde er nicht wieder gewählt, und als er 1865 zum Präsidenten des Oberkirchenrats ernannt wurde, machte sich sein streng orthodoxer Standpunkt in schroffen Edikten gegen religiösen Liberalismus in der preußischen Landeskirche geltend, welche seine frühern Verdienste um die konstitutionelle Verfassung Preußens fast vergessen ließen. Seit 1872 pensioniert, starb er 17. Nov. 1874.

Mathurīnen (Mathurins), s. v. w. Trinitarier.

Mathy, Karl, bad. Staatsmann, geb. 17. März 1807 zu Mannheim, studierte 1824-27 in Heidelberg die Rechte und Staatswissenschaften, erhielt 1829 eine Anstellung im Finanzfach, beteiligte sich aber schon in den 30er Jahren an den politischen Kämpfen in seinem Vaterland, namentlich als Redakteur vom "Zeitgeist", und verlor infolgedessen 1834 seine Stelle. Mit einer Untersuchung wegen demagogischer Umtriebe bedroht, siedelte er 1835 nach der Schweiz über, wo er sich erst an Mazzinis Zeitung "La jeune Suisse" beteiligte und 1838 die Lehrerstelle zu Grenchen im Kanton Solothurn erhielt. 1840 kehrte er nach Karlsruhe zurück, redigierte die "Landtagszeitung" und ward 1842 von der Stadt Konstanz in die Kammer gewählt, wo er bei seiner von den Gaben der Dialektik und des Witzes unterstützten bedeutenden Rednergabe einer der hervorragendsten Führer der Opposition wurde und als Mitglied der Budgetkommission eine bedeutende Thätigkeit entwickelte. Schon damals verteidigte er die Freiheit der Presse und des Verkehrs als der mächtigsten Hebel gesunder Entwickelung. 1847 veranlaßte er die Gründung der "Deutschen Zeitung" und errichtete mit Bassermann ein Verlagsgeschäft. 1848 trat er den revolutionären