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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Mauer - Mauersteine.

deres Verbindungsmaterial brauchte man nicht, da die Steine durch ihre eigne Schwere und wegen des Anschlusses ihrer Seiten einander festhielten. Selbst bei Gewölbebogen wurden die Steine ohne Mörtel zusammengesetzt. Bisweilen stellten die Griechen ihre Mauern von Ziegeln her, besonders in ältern Zeiten; solche Mauern hatten die Städte Mantineia in Arkadien, Bion am Flusse Strymon und zum Teil auch Athen. Auch das berühmte Mausoleum bestand aus Ziegeln und war nur mit Marmor bekleidet. Bei den Etruskern und den Römern wurden schon zu den Zeiten der Könige die Mauern ebenfalls aus sehr großen Steinen aufgeführt. Man benutzte dazu den häufig vorkommenden Tuffstein, der leicht zu bearbeiten war, und den albanischen Stein, der härter als der vorige und von dunkelgrauer Farbe war. Aus diesem Stein bestehen die Cloaca maxima (s. Tafel "Baukunst V", Fig. 5), das älteste römische Grabmal bei Albano, der Ausfluß des Albanischen Sees und der Grundbau des Kapitols. Mauern von viereckigen Steinen wurden ohne Mörtel gebaut, zu Mauern aus kleinen Steinen nahm man dagegen Mörtel. Vitruv nennt zweierlei Arten von Mauern aus kleinen Steinen, das Reticulatum und das Incertum oder Antiquum. Das letztere bestand aus unregelmäßigen Bruchsteinen, die neben- und übereinander gelegt und genau ineinander gepaßt waren, das Reticulatum aber aus viereckig gehauenen Steinen, die nicht wagerecht, sondern so übereinander lagen, daß ihre Fugen diagonal verliefen, wodurch die M. ein netzförmiges Ansehen erhielt (s. Netzwerk). Außerdem führten die Römer Mauern von Ziegeln auf, wenn man große Gebäude schnell zu vollenden wünschte. Indes wurden bei großen Gebäuden nur die Stirnmauern von Ziegeln aufgeführt, das Inwendige war mit kleinen Steinen, Scherben und zwei Dritteilen Mörtel angefüllt. Die Bekleidung der Mauern, die freilich erst später in Gebrauch kam, war von mancherlei Art. Eine Bekleidung von Kalk und Sand hieß Opus arenatum, eine von Kalk oder Gips Opus marmoratum. S. auch Mauerwerk (im Befestigungswesen).

Mauer, Dorf bei Wien, Bezirkshauptmannschaft Sechshaus, an der Südbahn und dem Dampftramway Wien-Mödling nahe am kaiserlichen Tiergarten gelegen, beliebte Sommerfrische der Wiener, hat ein ehemaliges Kloster (jetzt Kaserne), eine eisenhaltige Mineralquelle, Weinbau und (1880) 2274 Einw.

Mauerassel, s. Asseln.

Mauerbrecher, s. Aries.

Mauerfraß (Mauersalpeter, Salpeterfraß), Zerstörung des Mauerwerks durch Salze, namentlich durch Salpetersäuresalze, welche besonders an solchen Mauern ausblühen, die in der Nähe von Dungstätten oder auf einem an faulenden Stoffen reichen Boden stehen. Bei Gegenwart von Alkalien oder Kalk bildet sich hier Salpeter, dessen Lösung in den Poren der Mauersteine aufsteigt, verdunstet und einen weißen Salzbeschlag auf den Steinen bildet. In der Regel handelt es sich dabei um salpetersauren Kalk, welcher einen schmierigen, an feuchter Luft zerfließenden Überzug bildet, allmählich die Überzüge der Mauern, z. B. Verputz, Tapeten, zuletzt diese selbst zerstört und kalte, dumpfige, ungesunde Ausdünstungen in geschlossenen Räumen veranlaßt. Außer gewissen Kalksteinen sind besonders mergelige Steine dem M. unterworfen. Um ihn fern zu halten, muß man die Anwendung solcher Steine zu Kloaken, Abtritten und Dunggruben vermeiden oder in der Mauer Isolierschichten anbringen. Um ihn zu beseitigen, klopft man meist den Verputz ab, kratzt den Mörtel aus den Fugen, überzieht diese mit heißem Teer und erneuert den Verputz. Manche Mauersteine können auch ohne Verunreinigung durch Bodenbestandteile Ausblühungen liefern. Diese bestehen aber aus Schwefelsäuresalzen und sind häufig auf einen Gehalt des Thons an Schwefelkies zurückzuführen, aus welchem durch Oxydation Schwefelsäure entstand, die mit den Alkalien des Thons leicht kristallisierende Salze bildet.

Mauerkreis, das älteste, mit einem vollständigen Kreis zur Ablesung der Höhe ausgestattete, fest in der Ebene des Meridians aufgestellte astronomische Instrument, bestehend aus dem erwähnten Kreis und einem Fernrohr, das sich um eine von W. nach O. gerichtete horizontale Achse drehen läßt. Der erste M. wurde nach Maskelynes Anordnung von Troughton angefertigt und 1812 in Greenwich aufgestellt. Da nur eine einseitige Unterstützung der Drehachse des Fernrohrs stattfindet, so kann dieses sich nicht so genau in der Ebene des Meridians bewegen wie beim Mittagsrohr oder bei dem Meridiankreis; es mußten daher die Durchgangszeiten der Sterne durch den Meridian am Passageinstrument beobachtet werden, während am M. nur die Kulminationshöhen gemessen wurden. Deshalb hat man jetzt den M. durch den Meridiankreis (s. d.) ersetzt, welcher in Deutschland schon seit Anfang des Jahrhunderts, besonders durch Reichenbach, zu einem hohen Grade der Vollkommenheit gebracht worden war.

Mauerkrone (Corona muralis), s. Corona.

Mauerpfeffer, s. Sedum.

Mauerquadrant, 1) Sternbild zwischen dem Kopf des Bootes, den Füßen des Herkules und dem Schwanz des Drachen, aus kleinen Sternen bestehend. -

2) Astronom. Instrument zur Beobachtung der Kulmination der Gestirne, bestehend aus einem mit Gradeinteilung versehenen Viertelkreis (Quadrant), welcher an einer vertikalen Wand in der Meridianebene befestigt ist, und um dessen Mittelpunkt sich ein mit Dioptern versehenes Lineal oder bei spätern Instrumenten ein Fernrohr mit Alhidade dreht. Er diente zur Beobachtung des Durchgangs der Sterne durch den Meridian und zwar einesteils zur Messung der Kulminationshöhe (also nach Abzug der Äquatorhöhe zur Bestimmung der Deklinationen), andernteils mit Zuhilfenahme einer Uhr zur Bestimmung der Durchgangszeiten (und also der Rektaszensionsdifferenzen). Im Abendland hat Tycho Brahe 1587 den ersten M. konstruiert; jetzt wird derselbe durch den Meridiankreis (s. d.) ersetzt.

Mauersalpeter, s. v. w. Mauerfraß.

Mauerschwalbe, s. Segler.

Mauerschwamm, s. v. w. Hausschwamm.

Mauersee, Landsee in Ostpreußen, 116,4 m ü. M., ist 22 km lang, 105 qkm (1,9 QM.) groß, hat die Gestalt eines Kreuzes und in den einzelnen Teilen besondere Namen (Mauersee im N., Dargainensee im O., Dobenscher See im SW. und Kisainsee im S.), steht mit dem Löwentin- und Spirdingsee durch die Masurischen Kanäle in schiffbarer Verbindung und fließt nach N. durch die Angerapp ab.

Mauerspeise, s. Mörtel.

Mauersteine (Backsteine, Barnsteine, Mauerziegel, Ziegel, hierzu Tafel "Mauersteine"), künstliche Steine aus gebranntem Thon, seltener aus anderm Material. Man benutzt zu Mauersteinen eisen- und kalkhaltige, magere (sandhaltige) Thone, welche beim Trocknen und Brennen weniger schwinden und reißen als fette. Kalkgehalt befördert die Schmelzbar-^[folgende Seite]