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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Medino - Medizin

Medino, Münze im Orient, besonders in Ägypten, soviel wie Para (s. d.).

Medio (lat.), in der Mitte. Nach der Deutschen und Österr. Wechselordnung kann die Zahlungszeit eines Wechsels auf die Mitte eines Monats (z. V. M6äio Mai) gesetzt werden. Der Wechsel, Mediowechsel genannt, ist dann am 15. des Monats fällig und ein Tagwechsel (s. d.). Über Mediokurs s. Kurs (Bd. 10, S. 836a).

Mediokrität (lat.), Mittelmäßigkeit.

Mediolanum, lat. Name von Mailand.

Mediomatricum, lat. Name von Metz.

Medio tutissimus ibis (lat.), "in der Mitte wirst du am sichersten gehen", d. h. der Mittelweg ist der beste, Citat aus Ovids "Metamorphosen" (2,137).

Mediotwist, Garn, s. Twist.

Médisance (frz., spr.-angß), üble Nachrede, Verleumdung; medisant (spr.-áng), schmähsüchtig.

Meditation (lat.), Nachdenken, sinnende Betrachtung, auch Andacht; meditieren, nachdenken.

Mediterran (lat.), mittelländisch.

Medium (lat.), Mitte, Mittel; bei den Spiritisten die vermittelnde Person (Mehrzahl Medien), s. Spiritismus und Tischrücken. - In der Grammatik ist M. der Ausdruck für eins der sog. genera verbi (Activum, Passivum, Medium).

Nach der geltenden Ansicht bat das M. die Grundbedeutung, irgend eine Rückbeziehung der im Verbum ausgedrückten Handlung auf das Subjekt anzugeben, z. V. grch. trépomai (^57^9.'.) "ich wende mich", porizomai (^22'^2^cx'<) "ich verschaffe mir"; häufig bezeichnet das M. jedoch keine Rückbeziehung im gewöhnlichen Sinne des Wortes, sondern nur eine intensive, innerliche Beteiligung des Subjekts, z. V. grch. Aktiv skopo (5x2716)) "ich schaue", M. skopumai (c?xQ^2v^^'.) "ich betrachte aufmerksam, prüfe". Die meisten indogerman. Sprachen haben das M. im Verlaufe ihrer Geschichte eingebüßt, so daß es nur im Sanskrit, im ältesten Persischen (Zend), im Griechischen und in spärlichen Resten im Gotischen, wo es durchaus passivische Bedeutung hat, erhalten ist.

Medium tenuere beati, "die Mitte hielten die Glücklichen ein", sprichwörtliche neulat. Redensart, gleichbedeutend mit Medio tutissimus ibis (s. d.).

Medizin (lat. medicina, von medicare, heilen, demnach Heilkunde oder auch Arzneikunde), im weitern Sinne die Wissenschaft von der Beschaffenheit und Thätigkeit des tierischen und menschlichen Körpers im gesunden und kranken Zustand, gehört also zu den Naturwissenschaften und zerfällt, wie diese überhaupt, in einen beschreibenden und einen angewandten (exakten) Teil. Die beschreibenden Disciplinen der M. umfassen die Anatomie (s. d.) oder die Lehre vom Bau des Körpers. Die Bildungsgeschichte des ganzen Körpers sowie seiner Bestandteile wird von der Entwicklungsgeschichte (s. d.) dargestellt. Zu den beschreibenden Fächern der M. ist endlich noch die Diagnostik (s. Diagnose) zu rechnen. zu ihr gehören die Anamnestik (s. Anamnese) und die Semiotik (s. d.).

Die Reihe der angewandten Abschnitte der M. eröffnet die Physiologie (s. d.), welche die Verrichtungen und Lebensäußerungen des gesunden und kranken Körpers kennen lehrt und die man deshalb in eine normale und eine pathol. Physiologie trennen kann. Anatomie und Physiologie sind selbständige Wissenschaften, für die M. im engern Sinne, welche die Aufgabe hat, die Gesundheit zu erhalten und den kranken Körper zu heilen, bloß Hilfsmittel. Die Mittel, durch welche die Gesundheit erhalten werden kann, lehrt die Gesundheitslehre oder Hygieine (s. d.) kennen, welche nach der Art der Mittel und des Gegenstandes in eine öffentliche und eine private Hygieine zerfällt. Zur letztern gehören die Diätetik, die Lehre von der Lebensweise, die der Einzelne befolgen muß, um gesund zu bleiben, die Eubiotik, die Lehre von der Kunst, lange und gut zu leben, und die Prophylaktik, die Lehre, wie man sich vor bestimmten Krankheiten zu schützen vermag.

Der Heilung der Krankheiten muß die Kenntnis derselben vorangehen, ein Gegenstand, mit welchem sich die Pathologie beschäftigt. Während die allgemeine Pathologie Wesen, Ursachen und Erscheinung der Krankheiten im allgemeinen erforscht, handelt die specielle Pathologie oder Nosologie von den einzelnen Krankheitsformen, die Pathogenie oder Atiologie von der Entstehung der Krankheiten. Der Umfang der Pathologie ist sehr groß, so daß auch hier eine Teilung der Arbeit eingetreten ist. Die Lehre von der Krankheit hat sich daher geteilt in die sog. innere M., welche sich mit dem Studium ohne mechan. Verletzung entstandener Krankheiten beschäftigt, und die äußere M. oder Chirurgie (s. d.), welche sich nur mit äußern, durch mechanisch wirkende Ursachen entstandenen Krankheiten befaßt. Nach dem besondern Gegenstande zerfällt die Pathologie ferner in die Augenheilkunde (s. d., Ophthalmologie), Ohrenheilkunde (s. d., Otiatrie), Geburtshilfe (s d.), Seelenheilkunde (Psychiatrie, s. d.), Heilung von Mißbildungen und Verkrümmungen (Orthopädie, s. d.) u. s. w., zu welchen sich neuerlich noch die Pathologie der Kehlkopf-, Nasen- und Schlundkrankheiten (Laryngologie, Rhinologie, Pharyngologie) gesellt hat; man unterscheidet ferner die Pathologie der Frauenkrankheiten (s. d. und Gynäkologie), Kinderkrankheiten (s. d. und Kinderheilkunde), Greisenkrankheiten (s. Greis) u. s. w. Von großer Bedeutung ist die Prognostik (s. Prognose), d. h. die Lehre von der Kunst, aus dem vorausgegangenen oder gegenwärtigen Krankheitszustand den weitern Verlauf der Krankheit zu erschließen. Speciell mit der Heilung der Krankheiten beschäftigt sich die Therapie (s. d.), welche als Hilfswissenschaften die Arzneimittellehre (Pharmakologie, s. Arzneimittel), die Bäderlehre (Balneologie, s. Balneographie), die Elektrotherapie (s. d.) u. s. w. hat. An die Arzneimittellehre, welche die Wirkung der Arzneimittel kennen lehrt, schließt sich die Lehre von den Wirkungen der Gifte (Toxikologie, s. Gift), von den Kennzeichen der Arzneimittel (Pharmakognosie, s. d.) und der Bereitung der Arzneien (Pharmacie, s. Apotheke) an. Staatszwecken dient die Staatsarzneikunde (gerichtliche M. und Medizinalpolizei).

Geschichtliches. Die Anfänge der M. sind so alt wie die Vermenschlichen Kultur überhaupt. Am frühesten entwickelten sich wohl die rohesten Anfänge der Geburtshilfe und der Chirurgie (Blutstillung, Verbände); dagegen galten Krankheiten, die ohne augenscheinliche Ursache entstehen, besonders verheerende Seuchen, für das Werk erzürnter Götter und der Kranke wandte sich deshalb zunächst hilfeflehend an die Gottheit und ihre Mittler auf Erden, die Priester. So besitzen fast bei allen Völkern und zu allen Zeiten die Anfänge der Heilkunde einen ausgesprochen theurgisch-empirischen Charakter (Priestermedizin). Nur sehr allmählich ging mit der fortschrei-