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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mehemed Ali; Mehemed Ali Pascha

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Mehemed Ali - Mehemed Ali Pascha.

Mehemed Ali, Vizekönig von Ägypten, geb. 1769 zu Kavala in Makedonien, erhielt nach dem frühen Tod seines Vaters eine so mangelhafte Erziehung, daß er selbst lesen und schreiben erst in spätern Jahren lernte. Als 1783 in Kavala ein Aufstand ausbrach, war es der 14jährige M., der durch sein kluges, energisches Auftreten das meiste zur Herstellung der Ruhe beitrug. Zur Belohnung dafür wurde er 1787 zum Offizier in der irregulären Miliz ernannt, doch betrieb er auch längere Zeit einen Tabakshandel. 1798 bei dem Einbruch der Franzosen in Ägypten dem Truppenkontingent seiner Vaterstadt beigegeben, bekundete er mehrfach, namentlich in dem Gefecht von Rahmanieh, solche Klugheit und Tapferkeit, daß er zum Befehlshaber des Arnautenkorps in Ägypten ernannt wurde, und erwarb sich in den langen Kämpfen, die sich nach dem Abzug der Franzosen zwischen den Mamelucken und den türkischen Herrschern entspannen, eine fast unabhängige Stellung. Als er festen Fuß gefaßt hatte, ließ er sich von den Arnauten zum Vizekönig ausrufen und erreichte es auch, daß er 1805 von der Pforte zum Pascha von drei Roßschweifen ernannt und als Statthalter Ägyptens bestätigt wurde. Er stellte das Ansehen der Pforte daselbst wieder her, indem er die Mameluckenbeis zur Unterwerfung zwang und sie dann (März 1811) samt ihrem Gefolge (gegen 500 Personen) bei einem Feste treulos ermorden ließ, und begann energisch die Verwaltung des Landes zu organisieren. Eben hierdurch aber der Pforte verdächtig geworden, ward er von derselben mit dem gefährlichen Kriege gegen die Wahabiten in Arabien beauftragt. Sein Adoptivsohn Ibrahim Pascha focht jedoch 1816-18 so glücklich, daß M. in diesen Kämpfen seine Herrschaft über einen großen Teil Arabiens ausdehnte, sowie er sich durch die Expedition gegen die Mamelucken in Nubien auch dieses ganze Land und selbst Kordofan unterwarf. Um die Mittel für eine europäisch organisierte Land- und Seemacht zu gewinnen, erklärte sich M. 1814 selbst zum alleinigen Eigentümer aller Grundstücke. Infolgedessen mußte für alles angebaute Land an seine Schatzkammer eine Pacht entrichtet, und die Erzeugnisse mußten in öffentliche Vorratshäuser zu festgesetzten Preisen abgeliefert werden. Zu diesen Monopolen des Landbaues und des Produktenhandels gesellte sich das des Fabrik- und Manufakturwesens. Französische Abenteurer zumeist waren Mehemed Alis Ratgeber und Werkzeuge in der Durchführung dieses Despotismus. Die erste große Unternehmung, welche M. mit seiner neugebildeten Land- und Seemacht begann, war der Zug seines Sohns Ibrahim nach Griechenland, mit dessen Unterwerfung ihn Sultan Mahmud beauftragt hatte. Für seine ungeheuern Verluste dabei, namentlich die Zerstörung seiner Flotte bei Navarino 1827, verlangte er das Paschalik von Damaskus für Ibrahim, erhielt aber nur das von Kreta. Entrüstet begann er 1831 den Krieg gegen die Pforte und ließ ein Heer in Syrien einrücken. Im Dezember 1831 begann er die Belagerung von Akka und erstürmte im Mai 1832 diese Stadt. Hierauf besetzte Ibrahim Damaskus, Hama, Haleb, Antiochia und Alexandrette und schlug 29. Juli bei Bylon das gegen ihn aufgebotene Heer des Sultans. Auch der Großwesir Reschid Pascha unterlag bei Konia in Kleinasien 20. Dez. 1832. Erst als Rußland dem Sultan seine Hilfe anbot, gab M. dem Drängen der europäischen Großmächte nach und willigte in den Frieden, der unter Vermittelung der letztern 14. Mai 1833 in Konia zu stande kam, und durch welchen er in seinen seitherigen Besitzungen bestätigt wurde, außerdem aber Syrien und für seinen Sohn Ibrahim die Würde eines Scheich el Haram von Mekka, den Bezirk Dschidda in Arabien und den von Adana in Syrien erhielt. Der Friede war nicht von langer Dauer, da M. die Erblichkeit seiner Herrschaft nicht erlangte, der Sultan aber seine Demütigung nicht verschmerzen konnte. Bereits 1838 brach der Krieg wieder aus. Das türkische Landheer wurde jedoch bei Nisibis 24. Juni 1839 gänzlich geschlagen, und die ganze Flotte ging zu M. über. Dieser forderte jetzt die erbliche Herrschaft über Ägypten mit seinen Dependenzen, über Syrien mit Adana und über Kreta, mußte sich aber dem Beschluß der Großmächte, welche die Türkei in ihrem Besitzstand erhalten wollten, fügen, als diese eine Flotte nach Alexandria schickten, und 27. Nov. 1840 sich verpflichten, Syrien zu räumen und die türkische Flotte herauszugeben. Am 13. Febr. 1841 bestätigte ihn ein großherrlicher Hattischerif als erblichen Statthalter Ägyptens gegen einen jährlichen Tribut. Später wurde M. noch zum Ehrengroßwesir der Pforte ernannt. Ägypten war durch seine vielen Kriege und Erpressungen ganz ausgesogen und die Bevölkerung so dezimiert, daß sie fast keine Rekruten mehr für das Heer stellen konnte. M. erklärte, künftig sich nur den innern Angelegenheiten des Landes widmen zu wollen. Übermäßige sinnliche Genüsse führten jedoch einen raschen Verfall seiner geistigen und körperlichen Kraft herbei. Zuletzt gänzlich in Stumpfsinn verfallen, starb er 2. Aug. 1849, nachdem sein Enkel Abbas Pascha im Januar 1849 von der Pforte zu seinem rechtmäßigen Nachfolger ernannt worden war. Vgl. Mouriez, Histoire de M. (Par. 1855-58, 4 Bde.); v. Prokesch-Osten, M., Vizekönig von Ägypten. Aus meinem Tagebuch 1826-41 (Wien 1876).

Mehemed Ali Pascha, türk. Feldherr, eigentlich Karl Detroit, geb. 18. November 1827 zu Magdeburg, Sohn eines Hoboisten aus einer hugenottischen Familie, besuchte die Klosterschule in Magdeburg und ging 1843 als Schiffsjunge an Bord einer mecklenburgischen Brigg, von der er im Hafen von Konstantinopel entfloh. Er fand Schutz und Aufnahme bei Aali Efendi (dem spätern Großwesir Aali Pascha), trat zum Islam über, ward auf der Kriegsschule erzogen und 1853 zum Offizier ernannt, erlangte im Krimkrieg die Gunst Omer Paschas, der ihn zu seinem Ordonnanzoffizier ernannte und ihn rasch zum Oberstleutnant beförderte, und diente auch im Kriege gegen Montenegro 1861-62 im Stab Omers. 1865 wurde er Brigadegeneral, ward nach seines Gönners Aali Pascha Tod (1871) nach der griechischen Grenze versetzt, wo er das Räuberunwesen mit Energie unterdrückte, befehligte 1875-76 ein Korps in Bosnien, mit dem er aber weder gegen Serbien noch gegen Montenegro besondere Erfolge errang, und ward 18. Juli 1877 nach Abd ul Kerims Absetzung zum Muschir und Oberbefehlshaber der türkischen Armee in Bulgarien ernannt. Hier befehligte er im Festungsviereck, organisierte die Armee auf trefflichste, behauptete auch die Linie des Lom in einer Reihe siegreicher Gefechte, konnte aber, da Suleiman Pascha sich nicht mit ihm vereinigte, nichts Entscheidendes ausrichten und ward Ende September wegen eines Streits mit Hassan Pascha, dem Kommandeur der ägyptischen Truppen, abberufen und mit dem Oberbefehl in Sofia betraut. 1878 nach Konstantinopel zurückgekehrt, erhielt er das Kommando eines der zum Schutz Konstantinopels neugebildeten Korps. Im Juni 1878 wurde er zum zweiten Bevollmächtigten beim Berliner Kongreß, nach Schluß desselben