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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Militärtransporthäuser; Militärtribunen; Militärturnwesen; Militäruntergerichte; Militärverbrechen

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Militärtransporthäuser - Militärverbrechen.

Staatstelegraphenlinien bilden die Etappen-Telegraphendirektionen das vermittelnde Zwischenglied. Im großen Hauptquartier befinden sich der Chef der M., 2 Feld- und 1 Reserve-Feldtelegraphenabteilung. Die gesamte M. im Feld bleibt aber behufs Ergänzung des Beamtenpersonals und Nachschubs an Material aller Art durch ihren Chef und die General-Etappeninspektion im organischen Zusammenhang mit der Staatstelegraphie. Die Feldabteilungen führen demnach das Material für 525 km oberirdische Leitung und 4,7 km Flußkabel, die Etappentelegraphie 764 km Leitung mit ins Feld. Die M. arbeitet ausschließlich mit dem Morse-Schreibapparat. Im Frieden besteht in Deutschland eine Inspektion der M. (in Berlin). Sie verwaltet das gesamte Kriegstelegraphenmaterial, hat die Erfindungen auf dem Gebiet der Telegraphie zu prüfen und für die Armee nutzbar zu machen und die obere technische Leitung der Festungstelegraphie und deren Anlage. - In Österreich besteht seit 1883 ein Eisenbahn- und Telegraphenregiment aus 2 Bataillonen à 4 Kompanien, welches bei der Mobilmachung aufgelöst wird und je 3 Feldtelegraphendirektionen erster und zweiter Linie, 43 Feld- und 3 Gebirgstelegraphenabteilungen aufzustellen hat. Jede Abteilung gliedert sich wie in Deutschland in ein Bau- und Betriebsdetachement und eine Trainkolonne. Jedem Armeekommando wird eine Telegraphendirektion erster Linie zugeteilt. - In Frankreich ist 1884 das Militärtelegraphenwesen neu geregelt worden. Das Personal wird aus den Beamten des Ministeriums der Post und Telegraphie entnommen, zu welchen noch Kommandierte aus der Armee hinzutreten. Im Frieden besteht keine Telegraphentruppe, nur ein höherer Beamter der Telegraphie ist jedem Generalkommando zugeteilt. - Rußland hat 8 Telegraphenparke, deren jeder aus 3 Abteilungen, einer fliegenden (Feldtelegraphie), einer mobilen (Etappentelegraphie), einer Reserveabteilung (für vorhandene Linien), besteht.

Die Festungstelegraphie besitzt unterirdische Leitungen und Stationen in einzelnen Werken, die mit der Zentralstation, meist in der Kommandantur, in Verbindung stehen und je nach Bedarf im Frieden in Betrieb erhalten werden. Im Vorpostendienst kommen die tragbaren Vorpostentelegraphen zur Verwendung, welche aus 2 Tornistern und 1 Kabelkasten mit je 500 m Kabelleitung, 2 Batterien Siemensscher Pappelemente, 2 Morse-Schreibapparaten und 4 Verbindungskabeln bestehen, denen in neuerer Zeit auch noch 2 Telephone hinzugetreten sind. Eine solche Linie von 1500 m Länge wird in 30-40 Minuten durch einen Trupp aus 2 Telegraphisten (Telephonisten) und 2 Hilfsarbeitern ausgelegt und in Betrieb erhalten. Diese Telegraphenapparate mit Telephonen werden besonders von der Artillerie bei ihren Schießbeobachtungen benutzt und befinden sich zu diesem Zweck auf den Schießplätzen schon seit Jahren im Gebrauch. Die Vorpostentelegraphen werden ebenso wie die Festungstelegraphen ausschließlich von Militärmannschaften unter Leitung der örtlichen Fortifikation bedient. Der Angreifer von Festungen erhält seine telegraphischen Verbindungen durch die Feldtelegraphie. Ob das Telephon auch für den Kriegsgebrauch sich eignet, darüber sind die Ansichten ebenso geteilt wie über den Nutzen der optischen Telegraphie, deren man sich nur aushilfsweise unter günstigen Umständen und dann mit verabredeten Zeichen, z. B. auf Vorposten oder bei Beobachtungen der Artilleriewirkung, bedient. Zum Telegraphieren des Morse-Alphabets dienen bei Tag 4 Signalrahmen, nachts 2 rote und 2 weiße Laternen, wobei die senkrecht gehaltenen Rahmen oder die roten Laternen Punkte, die wagerecht gehaltenen Rahmen oder weißen Laternen Striche bedeuten. In Frankreich ist die Kavallerie für den Vorpostendienst mit farbigen Signallichtern ausgerüstet. Vgl. Buchholtz, Die Kriegstelegraphie (Berl. 1877); Fischer-Treuenfeld, Kriegstelegraphie (Stuttg. 1879); Derselbe, Die Kriegstelegraphie in den neuern Feldzügen Englands (Berl. 1884); Merling, Die Telegraphentechnik der Praxis im ganzen Umfang (Hannov. 1879); v. Chauvin, Organisation der elektrischen Telegraphie in Deutschland für die Zwecke des Kriegs (Berl. 1884); May, Geschichte der Kriegstelegraphie in Preußen (das. 1875).

Militärtransporthäuser, Heeresanstalten in größern Garnisonen (Wien, Prag, Brünn, Krakau, Sarajewo etc.) Österreichs, welche marschierende Truppen mit Quartier, Verpflegung etc. zu versorgen haben. Im Krieg werden Feld-Transporthäuser errichtet.

Militärtribunen (Tribuni militum, auch Kriegstribunen genannt) kommandierten in der ältern römischen Zeit die Legionen, doch so, daß unter sechs M. alle zwei Monate das Kommando wechselte. Sie wurden anfangs vom Konsul, später mehr und mehr vom Volk ernannt und zwar meist aus Leuten senatorischen und ritterlichen Standes, die schon 5-10 Feldzüge mitgemacht hatten. Als in der Folge (seit Cäsar) das Kommando mehr den Legaten übertragen wurde, hatten die M. vorzugsweise die Büreaugeschäfte zu leiten, aber Sitz und Stimme im Kriegsrat (vgl. Legion und Tribun).

Militärturnwesen. Bei allen Truppenteilen der deutschen Armee ist das Turnen ein mit Sorgfalt gepflegter Dienstzweig; nach der "Vorschrift über das Turnen der Infanterie" (Berl. 1886) schließen sich die Übungen im allgemeinen dem Schulturnen an und zerfallen in Freiübungen, Gewehrübungen, Rüstübungen und in solche im angewandten Turnen; die letztern sind Spring- und Steigübungen und bezwecken, den Soldaten geschickt zu machen, Hindernisse zu überwinden, wie sie im Krieg auf dem Schlachtfeld dem Vordringen der Truppen sich entgegenstellen. Um die Entwickelung des Militärturnwesens in Preußen hat der Major Rothstein (s. d.), Direktor der Militärturnanstalt, großes Verdienst. Letztere (bis 2. Juni 1881 Zentralturnanstalt), 1847 in Berlin gegründet, bildet für die Armee und die Schule Lehrer und Lehrgehilfen der Gymnastik praktisch und theoretisch aus. Jährlich werden zwei Kurse, vom 1. Okt. bis Ende Februar und vom 1. März bis Ende Juli, ausgebildet. Seit 1874 werden keine Unteroffiziere, sondern nur Offiziere aller Waffen, vom Zivil vorzugsweise Gymnasial- und Seminarlehrer auf die Militärturnanstalt geschickt.

Militäruntergerichte, s. Militärgerichtswesen.

Militärverbrechen, im weitern Sinn überhaupt alle strafbaren Handlungen, welche, weil von Militärpersonen begangen, vor die Militärgerichte gehören (s. Militärgerichtswesen); im engern und eigentlichen Sinn aber diejenigen Verbrechen, welche nach ihrem Begriff und Wesen nur von Militärpersonen (s. Militär) begangen werden können. Wie aber in dem modernen deutschen Strafrecht überhaupt zwischen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen unterschieden wird, so unterscheidet auch das Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872 zwischen M. und Militärvergehen, indem unter erstern die mit dem Tod, mit Zuchthaus oder mit Gefängnis oder Festungshaft von mehr als fünf Jahren