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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Mitternacht - Mittnacht.

digkeit der Stadt- und Landgemeinden. Auf den Landtagen von 1833, 1835, 1837 und 1847 war er Präsident der Zweiten Kammer, 1848 Präsident des Vorparlaments. Dann trat er für die Stadt Baden in die deutsche Nationalversammlung, war hier als Mitglied des Verfassungsausschusses thätig und wirkte für die Gründung eines Bundesstaats auf gesetzlichem Weg. Im April 1849 kehrte er jedoch nach Heidelberg zurück und nahm nur noch an einzelnen Verhandlungen des Parlaments teil. Er starb 28. Aug. 1867 in Heidelberg. Von seinen zahlreichen Werken, die zum großen Teil in die neuern europäischen Sprachen übersetzt wurden, sind hervorzuheben: "Handbuch des peinlichen Prozesses" (Heidelb. 1810-12, 2 Bde.), später umgearbeitet unter dem Titel: "Das deutsche Strafverfahren in der Fortbildung durch Gerichtsgebrauch und Partikulargesetzbücher" (das. 1827, 2 Abtlgn.; 4. Aufl. 1845-46); "Der gemeine deutsche bürgerliche Prozeß" (1.-4. Beitrag, Bonn 1820-26 u. öfter); "Theorie des Beweises im peinlichen Prozeß" (Darmst. 1821, 2 Bde.); "Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts" (Landsh. 1824; 7. Aufl., Regensb. 1846-47, 2 Bde.); "Die Lehre vom Beweis im deutschen Strafprozeß" (Darmst. 1834); die Umarbeitung von Feuerbachs "Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts" (12.-14. Aufl., Gießen 1836-47); "Die Mündlichkeit, das Anklageprinzip, die Öffentlichkeit und das Geschwornengericht" (Stuttg. 1845); "Das englische, schottische und nordamerikanische Strafverfahren" (Erlang. 1851); "Die Gesetzgebung und Rechtsübung über Strafverfahren" (das. 1856); "Die Gefängnisverbesserung" (das. 1858); "Der gegenwärtige Zustand der Gefängnisfrage" (das. 1860); "Die Todesstrafe" (Heidelb. 1862). Außerdem begründete M. die "Kritische Zeitschrift für Rechtswissenschaft u. Gesetzgebung des Auslandes" (Heidelb. 1829-55, 28 Bde.) und war Mitherausgeber des "Neuen Archivs des Kriminalrechts" sowie des "Archivs für zivilistische Praxis". Vgl. Fr. und K. Mittermaier, Bilder aus dem Leben von K. J. A. M. (Heidelb. 1886).

Mitternacht, der Zeitpunkt 12 Stunden nach dem Mittag (s. d.), in welchem die Sonne den tiefsten Stand unter dem Horizont eines Ortes erreicht. Mit demselben beginnt der bürgerliche Tag. Mitternachtspunkt oder Nordpunkt (s. d.) heißt der Durchschnittspunkt des Meridians mit dem Horizont, welcher dem Südpunkt diametral entgegengesetzt ist. Die Gegend, nach welcher hin er liegt, wird die Mitternachtsgegend oder Norden genannt.

Mittersill, Marktflecken in Salzburg, Bezirkshauptmannschaft Zell am See, in sumpfreicher Gegend, an der Salzach und der Pinzgauer Straße gelegen, Hauptort des obern Pinzgaues, mit einem hoch gelegenen alten Schloß, Bezirksgericht und (1880) 569 Einw. Von M. führt nördlich der Paß Thurn nach Kitzbühel, südlich der Velber Tauern nach Windischmatrei. 9 km westlich von M. liegt das Dorf Mühlbach mit Kupferbergbau und Hüttenwerk.

Mitterteich, Marktflecken in der bayr. Oberpfalz, Bezirksamt Tirschenreuth, an der Linie Wiesau-Eger der Bayrischen Staatsbahn, hat bedeutende Basaltbrüche, eine Glasfabrik, eine Lohmühle und (1885) 2075 meist kath. Einwohner.

Mitterwurzer, 1) Anton, Opernsänger (Bariton), geb. 12. April 1818 zu Sterzing in Tirol, war Neffe und Schüler des Wiener Domkapellmeisters Gänsbacher, trat 1839 in den Verband des Dresdener Hoftheaters ein, dem er bis 1870 angehörte, und starb 2. April 1876 in Döbling bei Wien. Er zählte zu den vorzüglichsten dramatischen Sängern Deutschlands, namentlich hat er sich in den Wagnerschen Opern (als Wolfram, Telramund, Hans Sachs etc.) hervorgethan.

2) Friedrich, Schauspieler, Sohn des vorigen, geb. 16. Okt. 1844 zu Dresden, trat 1864 bei einer Schlesien bereisenden Truppe sein erstes Engagement an, spielte dann in Hamburg, Bremen und am Wallner-Theater in Berlin, war 1866-69 in Graz, 1869 bis 1871 in Leipzig, 1871-79 am Hofburgtheater, sodann am Stadttheater in Wien engagiert, wurde an diesem nach Laubes Rücktritt Oberregisseur und führte 1884-85 die artistische Direktion des Carl-Theaters daselbst. Zuletzt gastierte er in Amerika. Vielseitigkeit und Originalität sind hervorragende Züge im Talent Mitterwurzers, der mit großer Gestaltungskraft und in feiner Ausarbeitung seine Rollen (z. B. Jago, Richard III., Essex, Alba, Franz Moor etc., aber auch Benedikt, K. Bolz u. dgl.) darbietet. - Auch seine Gattin Wilhelmine M., geborne Rennert, geb. 27. März 1847 zu Freiburg i. Br., bis 1866 am Wallner-Theater zu Berlin engagiert, seit 1871 Mitglied des Hofburgtheaters, erfreut sich großen Rufs in der Theaterwelt und zwar als vorzügliche Naive.

Mittewald, Dorf in Tirol, Bezirkshauptmannschaft Brixen, am Eisak. In dem dortigen Engpaß 4.-6. Aug. 1809 Sieg Haspingers und Speckbachers über die Franzosen unter Lefebvre.

Mittfasten, der Mittwoch vor dem Sonntag Lätare, oft auch dieser selbst (s. Laetare).

Mitthäter, derjenige, welcher mit einem oder mehreren andern gemeinschaftlich eine strafbare Handlung ausführt (s. Teilnahme am Verbrechen).

Mittĭmus (lat., "wir senden"), in England s. v. w. Verhaftsbefehl; auch Befehl zur Versendung der Akten an einen andern Gerichtshof.

Mittler, in der christlichen Theologie die auf der Idee des Bundes beruhende Bezeichnung für Christus als den Hersteller der wahren Gottesgemeinschaft.

Mittlere Zeit, s. Mittag.

Mittlers Grün, s. Chromhydroxyd.

Mittnacht, Hermann, Freiherr von, württemberg. Minister, geb. 17. März 1825 zu Stuttgart, studierte in Tübingen und Heidelberg die Rechte, trat 1847 in württembergischen Justizdienst als Staatsanwalt zu Ellwangen, wurde dann Stadtgerichtsvorstand in Stuttgart und Obertribunalsrat daselbst. 1861 ward er zum Mitglied der Zweiten Kammer, 1862-67 des engern ständischen Ausschusses gewählt und war mit Varnbüler Führer der Konservativen. Am 27. April 1867 wurde er zum Justizminister ernannt und erlangte im Ministerium bald eine hervorragende Bedeutung. Im Zollparlament, dem er 1868-70 angehörte, war er Führer der württembergischen Partikularisten, nachdem er wesentlich zu den antinationalen Wahlen in Württemberg beigetragen. Nach Varnbülers Entlassung (August 1870) wurde er das Haupt des Ministeriums und führte die Verhandlungen in Versailles und Berlin (Oktober bis Dezember 1870) über den Eintritt Württembergs in das Deutsche Reich. Im August 1873, nach Wächters Rücktritt, ward er zugleich Minister des königlichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten sowie der Verkehrsanstalten. Er vertrat Württemberg seit Gründung des Deutschen Reichs im Bundesrat und Reichstag und machte sich namentlich um die Schaffung eines einheitlichen deutschen Rechts sehr verdient. 1878 gab er die Justizangelegenheiten ab. 1887 wurde er in den Freiherrenstand erhoben.