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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nahrungspflanzen

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Nahrungsmittel - Nahrungspflanzen.

sirup, Butter mit Kunstbutter versetzt. Die Fälschungen von Wein (Unterschiebungen geringerer Sorten und Gemische, Färbungen, Zusatz von Spiritus etc.) und Bier sind allgemein bekannt, es wird sehr viel mehr Madeira, Médoc etc. getrunken, als die betreffenden Weingegenden produzieren, und reiner Rum, Arrak ist eine Seltenheit im Handel. Kaffeebohnen und Theeblätter werden gefärbt, letztere auch durch Pulver beschwert oder mit bereits benutzten und wieder getrockneten Theeblättern gemischt, gemahlener Kaffee wird mit Kaffeesatz, Sand, Zichorie, gebranntem Getreide gemischt, Kakao und Schokolade enthalten oft bedeutende Mengen von Stärke, Mehl, Talg, Ocker, Kalk etc. Am schlimmsten aber treiben es die Fälscher im Handel mit gemahlenen Gewürzen, indem geeignete Fälschungsmittel (s. Matta) in besondern Fabriken dargestellt werden. Haben nun auch alle diese betrügerischen Manipulationen in der neuern Zeit sehr bedeutend an Umfang gewonnen, so kamen doch Verfälschungen von Nahrungs- und Genußmitteln schon vor Jahrhunderten häufig genug vor und gaben, abgesehen von der Einwirkung der Zünfte, welche in ihrer ersten kräftigen Entwickelung ein Augenmerk auf gute Ware richteten, schon frühzeitig Veranlassung zum Einschreiten des Gesetzgebers. Friedrich III. bedrohte 1475 die Weinfälscher, und im 16. Jahrh. wurde eine Kontrolle des Gewürzhandels eingeführt. Die spätere Zeit ist reich an Verordnungen, welche polizeiliche Revisionen einführten und die Physici zur Untersuchung von Proben verpflichteten. Im neuen Deutschen Reich wurde 14. Mai 1879 ein Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, publiziert, welches die Polizei ermächtigt, bei Händlern von Nahrungs- und Genußmitteln, Spielwaren, Tapeten, Farben, Eß-, Trink- und Kochgeschirr und Petroleum Proben zu entnehmen und bei Händlern, welche auf Grund dieses Gesetzes zu Freiheitsstrafe verurteilt sind, Revisionen vorzunehmen. Mit Gefängnis bis zu 6 Monaten und (oder) mit Geldstrafe bis zu 1500 Mk. wird bestraft: 1) wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr N. oder Genußmittel nachmacht oder verfälscht, 2) wer wissentlich N. oder Genußmittel, welche verdorben oder nachgemacht oder verfälscht sind, unter Verschweigung dieses Umstandes verkauft oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält. Ist die unter 2) bezeichnete Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Geldstrafe bis 150 Mk. oder Haft ein. Mit Gefängnis wird bestraft: 1) wer vorsätzlich Gegenstände, welche bestimmt sind, andern als N. oder Genußmittel zu dienen, derart herstellt, daß der Genuß derselben die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, ingleichen, wer wissentlich Gegenstände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als N. oder Genußmittel verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt; 2) wer vorsätzlich Bekleidungsgegenstände, Spielwaren, Tapeten, Eß-, Trink- oder Kochgeschirr oder Petroleum derartig herstellt, daß der bestimmungsgemäße oder vorauszusehende Gebrauch dieser Gegenstände die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, ingleichen, wer wissentlich solche Gegenstände verkauft, feilhält oder in den Verkehr bringt. Der Versuch ist strafbar. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung oder der Tod eines Menschen verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu 5 Jahren ein. War der Genuß oder Gebrauch des Gegenstandes die menschliche Gesundheit zu zerstören geeignet, und war diese Eigenschaft dem Thäter bekannt, so tritt Zuchthausstrafe bis zu 10 Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter 10 Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein. Ist eine dieser Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt je nach den Folgen Geld- oder Gefängnisstrafe ein. Auf Grund des Gesetzes können mit Zustimmung des Bundesrats gewisse Verordnungen erlassen werden, die aber dem Reichstag vorzulegen sind und auf dessen Verlangen außer Kraft treten. Vgl. Moleschott, Physiologie der N. (2. Aufl., Gießen 1859); Derselbe, Lehre der N. für das Volk (3. Aufl., Erlang. 1857); Reich, Nahrungs- und Genußmittelkunde (Götting. 1860-61, 2 Bde.); König, Die menschlichen N. und Genußmittel (3. Aufl., Berl. 1887, 2 Bde.); Derselbe, Prozentische Zusammensetzung und Nährgeldwert der menschlichen N. (5. Aufl., das. 1887); Hanausek, N. und Genußmittel aus dem Pflanzenreich (Kassel 1884); Möller, Mikroskopie der N. und Genußmittel aus dem Pflanzenreich (Berl. 1886); Dammer, Lexikon der Verfälschungen und Verunreinigungen (Leipz. 1886); Meyer und Finkelnburg, Erläuterungen zum Gesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln etc. (2. Aufl., Berl. 1885).

Nahrungspflanzen (hierzu Tafeln "Nahrungspflanzen I-III"), die von dem Menschen zur Nahrung benutzten Pflanzen, finden sich sehr ungleich über die Erde verteilt, am reichlichsten und mannigfaltigsten in den Tropen, während die Polarzone außer Algen, Flechten, Pilzen und einigen genießbaren Beeren wenig einheimische namhafte N. hervorbringt. In den Tropen selbst ist in dieser Beziehung keine Gegend bevorzugt; in der gemäßigten Zone dagegen kann die westliche Halbkugel mit der östlichen durchaus nicht in die Schranken treten, und auf der letztern stehen wieder die westlichen Teile und die östlichen gegen den mittlern Teil weit zurück. Unsre wichtigsten N. stammen nämlich fast ohne Ausnahme aus dem Landstrich zwischen dem Persischen und Arabischen Meerbusen, dem Mittelländischen, Schwarzen und Kaspischen Meer; aber die meisten bieten in ihrem ursprünglichen Zustand kaum angenehme und wohlschmeckende Teile dar, und erst durch die Kultur sind sie zu dem geworden, was sie jetzt sind. Im ganzen kann man die Zahl der N. auf etwa 1000 veranschlagen, und wenn man für jede Art durchschnittlich nur 10-12 Spielarten annimmt, so übersteigt die Mannigfaltigkeit der N. die Zahl von 10,000 Sorten. Im einzelnen kennt man etwa

Östliche Halbkugel Westliche Halbkugel

236 mehlliefernde N. und zwar 191 45

94 ölreiche N. 49 45

81 zuckerreiche N. 52 29

213 säuerliche N. 151 62

145 salzhaltige N. 122 23

769 N. und zwar: 565 204.

Die Basis aller vegetabilischen Nahrung bilden die mehlgebenden Pflanzen. Zu ihnen gehören unsre Getreidearten (Hafer, Gerste, Roggen, Weizen mit Spelz, Einkorn, Emmerkorn), der Reis, der Mais, die Hirse, Kolbenhirse, Mohrhirse, Bambus und manche andre Gräser, dann Buchweizen, die peruanische Quinoa und einige weniger bedeutende Samenpflanzen; ferner von Wurzelgewächsen: Papyrus und Nymphaea Lotus der Alten, die Yamswurzel, die Takka und der Tarro (Caladium esculentum) der südlichen Halbkugel, die Kartoffel, die Batate und Mandioka (Manihot) der Neuen Welt. Auch Maranten, Arum-^[BINDESTRICH!]