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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Nebenblätter - Nebenius.

Nebenbahnwesens eintreten zu lassen. In Preußen ist das Maß der den Privatbahnen für den Bau der N. zu gewährenden Erleichterungen durch "Normalkonzessionsbedingungen" (zum Teil durch Gesetz) festgestellt worden. Mit dem Ausbau der N. ist in Deutschland Mitte der 70er Jahre begonnen worden; seitdem hat derselbe einen beträchtlichen Aufschwung genommen. Seit 1880 ist die Länge der im Betrieb befindlichen Hauptbahnen nahezu unverändert geblieben, und die inzwischen eingetretene Zunahme des Bahnnetzes fällt wesentlich auf Rechnung der N. Während die N. 1881 nur 10 Proz. des gesamten Netzes ausmachten, war die Länge 1886 schon auf 22 Proz. gestiegen. Sie betrug im mittlern Durchschnitt des genannten Jahrs rund 6660 km normalspurige und etwa 350 km schmalspurige N. Die Gesamtzunahme hatte 1881-86 nur 36 km bei den Hauptbahnen, dagegen 2982 km bei den N. betragen. Während die Baukosten der Hauptbahnen sich etwa auf 260,000 Mk. durchschnittlich für das Kilometer Betriebslänge stellten, betrug das Anlagekapital für das Kilometer der vollspurigen N. nur etwa 85,000 Mk. und dasjenige der schmalspurigen N. sogar nur 53,000 Mk. für das Kilometer. Das geringste Anlagekapital hatten unter den vollspurigen N. die Parchim-Ludwigsluster Eisenbahn mit 26,500 Mk. und unter den schmalspurigen N. die Brohlthalbahn mit nur rund 18,000 Mk. für das Kilometer.

Was das Ausland betrifft, so ist in Österreich durch ein Gesetz vom 25. Mai 1880 die Regierung ermächtigt worden, bei Konzessionierung neuer Lokalbahnen in Bezug auf die Vorarbeiten, den Bau und die Ausrüstung alle thunlichen Erleichterungen zu gewähren und auch in Bezug auf den Betrieb, die Tarife etc. von den für Vollbahnen bestehenden Bestimmungen Beschränkungen eintreten zu lassen. Die Wirksamkeit dieses Gesetzes, dessen Dauer ursprünglich nur bis Ende 1884 bestimmt war, wurde 1885 verlängert. 1887 fanden Verhandlungen zum Erlaß eines neuen Gesetzes statt. Die Regelung des ungarischen Lokalbahnwesens gründet sich auf ein Gesetz vom Mai 1880.

In Frankreich ist die Gesetzgebung für den Bau der N. zuerst durch ein Gesetz vom 12. Juni 1865 thätig gewesen, welches 1880 durch ein neues Gesetz ersetzt wurde. Das neue Gesetz (vom 14. Mai 1880) behält die Ausführung aller Lokalbahnen unter Bedingung eines vom Staatsrat festgesetzten "Normalbedingnishefts" der Genehmigung durch die gesetzgebenden Körper vor, nachdem die Tracen, die Art der Bauausführung und die sonstigen Spezialien zuvor von den Departements und Generalräten (beziehungsweise bei Bahnen im Bezirk einer und derselben Gesellschaft von den Gemeinderäten) festgestellt sind. Die Bahnen können zu jeder Zeit von dem departementalen oder kommunalen Besitz losgetrennt und mit dem Staatseigentum durch Gesetz vereinigt werden, in welchem Fall der Staat in alle Rechte und Pflichten der Departements und Gemeinden eintritt. Bei Anlage einer Lokalbahn kann in dem Fall, daß die Roheinnahmen zur Deckung der Betriebsausgaben und zur Bezahlung von 5 Proz. des Anlagekapitals nicht ausreichen, der Staat sich verpflichten, die Mindererträge zum Teil durch Subvention und unter der Bedingung zu decken, daß mindestens gleich hohe Summen seitens der Departements oder Gemeinden (mit oder ohne Beihilfe der Interessenten) gezahlt werden. Die Betriebsergebnisse der französischen N. waren bisher nicht sehr günstig, da die Anlage- und Betriebskosten ungewöhnlich hoch und die Einnahmen verhältnismäßig niedrig waren, wie sich aus nachstehender, dem Stande des Jahrs 1885 entsprechender Übersicht der Betriebsergebnisse ergibt. Es betrugen:

für das Kilom. das Anlagekapital die Betriebseinnahme Betriebsausgabe in Proz. d. Einnahme

in Frankreich 128935 Mk. 6123 Mk. 81

in Deutschland 84200 " 9406 " 66

In Italien wurde die Regierung durch ein Gesetz vom 29. Juli 1879 über den Bau neuer Bahnen zur Vervollständigung des italienischen Bahnnetzes verpflichtet, bis Ende 1900 mit einem Gesamtaufwand des Staats von 1260 Mill. Lire, welchem ein Beitrag der bei dem Bau der einzelnen Bahnen beteiligten Provinzen von 169 Mill. Lire hinzutritt, 6020 km neue Eisenbahnen zu bauen. Unter diesen 6020 km neuen Bahnen befinden sich 1153 km Hauptlandesbahnen und 1267,3 km interprovinziale Linien, ferner 2069,7 km Lokalbahnen von größerm allgemeinen Interesse und 1530 km Bahnen von rein lokalem Interesse. Besondere Bedeutung haben in Italien die Dampfstraßenbahnen (tramvie a vapore) erlangt, von denen 1886 bereits 1800 km im Betrieb waren.

Nebenblätter, s. Blatt, S. 1015.

Nebenbücher, s. Buchhaltung, S. 564.

Nebendreiklänge, in der üblichen Terminologie der Harmonielehre diejenigen leitereignen Dreiklänge, welche nicht Hauptdreiklänge (d. h. nicht Dreiklang der Tonika und der beiden Dominanten) sind, also z. B. in C dur die drei Akkorde a c e, e g h, d f a und der verminderte Dreiklang h d f; in A moll die Akkorde c e g, f a c, g h d, die verminderten Dreiklänge gis h d und h d f und der übermäßige c e gis.

Nebenfäden, s. Paraphysen.

Nebengeschäfte (Hilfsgeschäfte), solche relative Handelsgeschäfte (s. d.), mit welchen sich ein Kaufmann neben seinem eigentlichen Handelsbetrieb befaßt.

Nebengestein, s. Erzlagerstätten und Gang.

Nebenhoden, s. Hode.

Nebenintervention, s. Intervention.

Nebenius, Karl Friedrich, bad. Staatsmann, geb. 29. Sept. 1784 zu Rhodt bei Landau, studierte in Tübingen die Rechte und Staatswissenschaften, ward hierauf Advokat beim Hofgericht in Rastatt, 1807 Finanzsekretär, 1810 Kreisrat zu Durlach und 1811 Finanzrat, 1819 aber Geheimer Referendar. Er arbeitete die badische Verfassung von 1818 aus. Als Regierungskommissar wohnte er dem ersten badischen Landtag bei. Er sprach sich entschieden für den Anschluß Badens an den deutschen Zollverband aus und bewies sich überhaupt als Vorkämpfer der Idee einer auf Gegenseitigkeit beruhenden Handelsfreiheit in seiner Schrift "Der Deutsche Zollverein, sein System und seine Zukunft" (Karlsr. 1835); doch gelang es ihm nicht, seine patriotische Theorie auf dem Handelskongreß zu Darmstadt ins Leben überzuführen. Schon 1823 war er zum Geheimrat und Vorstand der Gesetzgebungskommission sowie zum Staatsrat ernannt worden, 1831 wurde ihm die Oberaufsicht über die höhern Lehranstalten übertragen. Im November 1835 trat er von seiner Stellung als Mitglied der Gesetzgebungskommission zurück und ward Oberhofrichter, schied aber 1836 gänzlich aus dem Staatsdienst aus. Kurz darauf wurde er jedoch als Direktor in das Ministerium des Innern berufen, und im April 1838 übernahm er das Portefeuille des Innern, gab dasselbe jedoch, durch die Reaktion unter Blittersdorff in seiner Wirksamkeit gehemmt, schon im Oktober 1839 wieder ab. 1843 ernannte ihn die Regierung zum Mitglied der Ersten Kammer; im April 1845 übernahm er wieder das Ministerium des Innern und