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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nervenessenz - Nervenschwäche

empfehlen. Neben der multiplen Neuritis, welche eben geschildert ist, verdient noch eine endemische Nervenentzündung, welche Beriberi (s. d.) oder Kak-ke genannt wird, erwähnt zu werden. - Vgl. W. R. Gowers, Handbuch der Nervenkrankheiten, Bd. 1 (1892).

Nervenessenz von Dr. Hösch, s. Geheimmittel.

Nervenfasern (Nervenfäden), s. Nerven.

Nervenfieber, s. Typhus.

Nervengeflecht, s. Ganglien und Plexus.

Nervengeschwulst, s. Neurom.

Nervengewebe, s. Gewebe.

Nervengifte, s. Gift (Bd. 7, S. 1020a).

Nervenhülle (Nervenscheide), s. Nerven.

Nervenkitt, s. Gehirn (Bd. 7, S. 678b).

Nervenknoten, s. Ganglien.

Nerven-Kraft-Elixir, s. Geheimmittel.

Nervenkrankheiten umfassen die gesamten Erkrankungen des cerebrospinalen und peripherischen Nervensystems (s. d. und Cerebralsystem). Je nach dem anatom. Verhalten lassen sich die N. in zwei große Gruppen, die organischen und funktionellen N. einteilen. Zu den erstern gehören alle diejenigen krankhaften Erscheinungen des Nervensystems, welche auf grob-anatom. oder feinern histologischen Veränderungen beruhen, gleichviel ob diese Vorgänge von Entzündungen, Blutungen, Narbenbildungen, Geschwülsten u. s. w. ihren Ausgang nehmen. Zu den funktionellen N. rechnet man zur Zeit noch alle diejenigen Störungen, für welche keine anatom. Grundlage zu finden ist; es kann jedoch schon jetzt betont werden, daß auch bei diesen, den sog. funktionellen Neurosen, gewisse chem. und nutritive Störungen vorhanden sein müssen, die sich nur vermöge der ungenügenden Untersuchungsmethoden noch nicht feststellen lassen. Über ihre Lokalisation läßt sich daher noch keine sichere Auskunft geben; allem Anschein nach sind sie jedoch zum großen Teil in das Gehirn und Rückenmark zu verlegen und als centrale Erkrankungen aufzufassen. Von den in weitern Kreisen bekannten N. gehören zu den organischen z. B. die Nervenentzündung, der Gehirnschlag, die Gehirnentzündung, die Gehirnhautentzündung, die Rückenmarksdarre (Tabes dorsalis), die spinale Kinderlähmung (s. Lähmung), die durch Verletzung der peripherischen Nerven bedingten Lähmungen (z. B. infolge von Druck bei der sog. Schlaflähmung). Unter den funktionellen N. (Neurosen) sind besonders häufig die Hysterie, Nervenschwäche, Epilepsie und die Beschäftigungsneurosen (s. die Einzelartikel).

Die klinischen Erscheinungen, welche bei den verschiedenen N. vorkommen, lassen sich leicht feststellen, wenn man die Verrichtung der einzelnen Nervengebiete berücksichtigt und im Auge behält, daß sämtliche Nervenstörungen entweder auf einem abnormen Reizungs - oder Schwächezustand beruhen. Betrifft die Erkrankung die der Bewegung dienenden Nervenbahnen, so kann Krampf oder Lähmung eintreten; die Empfindungsnerven reagieren in analoger Weise mit Hyperästhesie und Hyperalgesie (Überempfindlichkeit gegen Tast- und Schmerzempfindung), mit Parästhesien (Kriebeln, Ameisenlaufen), mit Hypästhesie und Anästhesie und Hypalgesie und Analgesie (Abnahme und Verlust der Tast- und Schmerzempfindung). Die Sinnesnerven verhalten sich ganz ähnlich; Reizerscheinungen des Sehnerven treten als Funkensehen, Flimmern u. s. w. (Phosphene), Schwächeerscheinungen als Abnahme des Sehvermögens in Erscheinung. Die Erkrankungen der vasomotorischen, trophischen und sekretorischen Nerven (s. d.) bedingen Störungen in der Blutfülle und Ernährung der Organe und in der Abscheidung der Drüsensäfte.

Diejenigen Ärzte, welche die Nervenheilkunde als Sonderfach betreiben und auf dem Gebiete der N. (Erkennung und Behandlung derselben) mit besonderm Erfolg thätig gewesen sind, nennt man Nervenärzte (Nervenspecialisten, Neuropathologen). Von den Zeitgenossen sind seit dem 1893 erfolgten Tode J. M. Charcots in Paris am bekanntesten: in Deutschland Erb (Heidelberg), Jolly, Mendel, Eulenburg, Leyden (Berlin), von Strümpell (Erlangen), Moebius (Leipzig); in Frankreich: Raymond, Dejérine, P. Marie; in England: Horsley; in Amerika: Seguin, Sachs, Mitchell.

Vgl. Erb, Handbuch der Krankheiten des Nervensystems (2. Aufl., Lpz. 1876); von Strümpell, Krankheiten des Nervensystems (6. Aufl., ebd. 1890); Gowers, Handbuch der N. (3 Bde., Bonn 1892).

Nervenkreuzung, der Austausch von Nervenfasern benachbarter Nervenstränge oder Bündel von Nervenfasern. Die bekannteste ist die Sehnervenkreuzung; auch im verlängerten Mark kommt eine N. vor.

Nervenkrystall, s. Menthol.

Nervenlähmung, Nervenmark, s. Nerven.

Nervenmittel (Nervina), Arzneimittel, die auf die verschiedenen Teile des Nervensystems (Gehirn, Rückenmark, peripherische Nerven) einen heilsamen Einfluß haben. Man unterscheidet: 1) Reizmittel (excitantia, stimulatia), wie z.B. Alkohol (Wein, Cognac, Champagner), Kaffee, Thee, Äther, Kampfer, Moschus; 2) beruhigende Mittel (sedativa, temperantia), welche krankhafte Reizerscheinungen beseitigen oder schmerzstillend oder schlafmachend wirken, wie z. B. die Opiate (Morphium), die Bromsalze, Baldrian, Castoreum, Asa foetida; 3) umstimmende Mittel (alterantia), welche auf eine noch unbekannte Weise eine Umstimmung des Nervensystems herbeiführen und bald zur Bekämpfung von Schwäche oder von Reizerscheinungen dienen (Arsen, Chinin, Eisen, Zink u. s. w.). Doch läßt sich diese Klassifikation nicht streng aufrecht erhalten, da viele Mittel in ihrer Wirkung von der gegebenen Dosis abhängig sind; kleine Dosen von Morphium erregen die Nerven, große wirken hingegen schlafmachend.

Nervennaht, die Vereinigung der beiden Enden eines durchtrennten Nerven vermittelst der Naht, s. Naht. Mittels der N., einer Errungenschaft der modernen Chirurgie, hat man Nervendurchtrennungen resp. die dadurch bedingten Lähmungen, z. B. an den Händen, noch nach Monaten, ja selbst nach Jahren geheilt. Größere Substanzverluste an den Nerven werden durch eine modifizierte N., durch sog. Nervenplastik oder Neuroplastik geheilt.

Nervenpapillen, s. Haut (Bd. 8, S. 902b).

Nervenresektion, s. Nervendehnung.

Nervensalbe, s. Rosmarinsalbe.

Nervensalz von J. Henzel, s. Geheimmittel.

Nervenscheide, s. Nerven.

Nervenschmerzen, s. Neuralgien.

Nervenschwäche (Neurasthenia), eine schon aus alten Zeiten bekannte, unter verschiedenem Namen beschriebene Krankheit, welche in unsern Tagen wegen ihrer überraschenden Zunahme das Interesse der Ärzte in hohem Grade verdient. In erschöpfender und klarer Weise ist sie zuerst von dem amerik. Nervenarzt Beard beschrieben worden. Unter N.