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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Ocarina - Ochoa.

Republik Kolumbien, in 8° südl. Br., 1165 m ü. M., im Valle de Hacarí, mit (1876) 6104 Einw., die Kaffee, Anis und Häute ausführen.

Ocarina (ital.), in neuester Zeit aufgekommenes flötenartiges Musikinstrument aus Thon, dessen Körper ähnlich dem Rumpf eines Vogels gestaltet und mit einer Anzahl Tonlöcher versehen ist.

Occam (Ocham), Wilhelm von, berühmter Scholastiker, mit dem Beinamen Doctor invincibilis und singularis, geb. 1270 zu Occam in der englischen Grafschaft Surrey, ward frühzeitig Franziskaner, ging nach Paris und hatte hier Duns Scotus zum Lehrer in der Theologie und Philosophie. Da er die Rechte des Königs Philipp des Schönen von Frankreich und des Kaisers Ludwig des Bayern gegen die Päpste Bonifacius VIII. und Johann XXII. verteidigte, unter anderm in der "Disputatio de potestate ecclesiastica et seculari", ward er von letzterm in den Bann gethan, fand aber Aufnahme am Hof Ludwigs des Bayern. Er starb 7. April 1347 in München. O. verschaffte dem Nominalismus den Sieg über den Realismus, daher er auch Princeps nominalium genannt wurde. Unter seinen in rauhem Stil geschriebenen Werken sind viele, die sich auf kirchen- und staatsrechtliche Fragen beziehen. Sein Hauptwerk ist die "Summa totius logices" oder "Tractatus logices in tres partes divisus" (zuerst Par. 1488). Vgl. Riezler, Die litterarischen Widersacher der Päpste zur Zeit Ludwig des Bayers (Leipz. 1874).

Occhiobello (spr. ockjo-), Distriktshauptort in der ital. Provinz Rovigo, am Po, mit (1881) 1038 Einw., bekannt durch den Sieg der Österreicher unter Mohr 12. April 1815 über die Neapolitaner unter Murat.

Occident (lat.), zunächst die Himmelsgegend, wo die Sonne scheinbar untergeht, der Westen oder Abend; dann s. v. w. Abendland, d. h. die zum weströmischen Reich oder abendländischen Kaisertum gehörigen Länder im Gegensatz zum oströmischen oder morgenländischen (byzantinischen) Kaisertum; jetzt überhaupt alle europäischen Länder, welche von Kleinasien, Syrien und Ägypten westlich liegen, als Gegensatz zum Orient, mit welchem Wort wir hauptsächlich die genannten Länder bezeichnen.

Occidentalisches Kaisertum, s. v. w. Weströmisches Kaisertum (s. d.).

Occipital (lat.), das Hinterhaupt betreffend.

Occision (lat.), Tötung.

Occitanien, im Mittelalter s. v. w. Languedoc.

Occitanische Sprache (langue d'Oc), s. v. w. provençalische Sprache.

Occúlta (lat.), verborgene Dinge, Geheimnisse.

Ocean, Oceanien etc., s. Ozean etc.

Ocellen, Punktaugen, s. Auge, S. 73.

Ocharzucker, s. Calotropis.

Öchelhäuser, Wilhelm von, Nationalökonom und Shakespeare-Forscher, geb. 26. Aug. 1820 zu Siegen, wurde Techniker, unternahm viele größere Reisen durch fast alle Länder Europas, widmete sich dann bis 1848 kaufmännischer Thätigkeit, war darauf drei Jahre Sekretär, später Assessor des Reichshandelsministeriums und der Zentralbundeskommission in Frankfurt a. M., von 1852 bis 1856 Bürgermeister in Mülheim a. d. Ruhr und ist seitdem Generaldirektor der Deutschen Kontinentalgasgesellschaft in Dessau. 1883 wurde er in den Adelstand erhoben. Er war 1852-53 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und gehört seit 1878 als nationalliberales Mitglied dem deutschen Reichstag an. Ö. ist Begründer und Vorstandsmitglied der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft und gab eine "Bühnen- und Familienausgabe von Shakespeare dramatischen Werken" (Weim. 1878, 7 Bde.) heraus sowie "Einleitungen zu Shakespeares Bühnendramen" (2. Aufl., Minden 1884, 2 Bde.). Von seinen handelspolitischen und sozialen Schriften erwähnen wir: "Die wirtschaftliche Krisis" (Berl. 1876); "Die Nachteile des Aktienwesens und die Reform der Aktiengesetzgebung" (das. 1878); "Die Tarifreform von 1879" (das. 1880); "Die Arbeiterfrage" (das. 1886); "Die sozialen Aufgaben der Arbeitgeber" (das. 1887).

Ocher, s. v. w. Ocker.

Ochetus (Hoquetus), eine der ältesten Kompositionsformen für zwei- oder dreistimmigen Gesang, eine kontrapunktische Spielerei, charakterisiert durch schnell abwechselndes Pausieren der Stimmen; erinnert wegen der Schwierigkeit der Ausführung an das englische Catch (s. d.). Seine Spur verliert sich im Anfang des 14. Jahrh.

Ochill Hills (spr. óchhill), Hügelkette in Schottland, erstreckt sich von Stirling bis in die Nähe von Perth, ist reich an Silber, Kupfer und Eisen und erreicht im Ben Cleuch eine Höhe von 717 m.

Ochino (spr. ockino), Bernardino, ital. Reformator, geb. 1487 zu Siena, trat in den Franziskanerorden und ging 1524 in den neugegründeten strengern Kapuzinerorden über, dessen General er 1538 wurde. Sein sittenreines Leben, seine begeisterten Predigten erwarben ihm den Ruf eines Heiligen. Durch den Spanier Juan Valdès, der mit Karl V. in Deutschland gewesen, lernte er die Lehren der deutschen Reformation kennen und bekannte sich zuerst 1542 in Venedig offen zu denselben; vom Papst nach Rom geladen, flüchtete er nach Genf, von da 1545 nach Basel und Augsburg, endlich 1547 über Straßburg nach London, wo er, wie in seinem bisherigen Aufenthaltsort, Prediger der italienischen evangelischen Gemeinde war. 1553 nach der Schweiz zurückgekehrt, erregte er hier durch seine dogmatische Selbständigkeit den Argwohn der strengen Calvinisten und wurde verbannt. Ohne festen Wohnsitz umherirrend, starb er 1564 zu Schladow in Mähren an der Pest. Vgl. Benrath, B. O. von Siena (Leipz. 1876).

Ochlokratie (griech., Pöbelherrschaft), der Zustand eines Staats, welcher durch Ausartung der demokratischen Staatsform (s. Demokratie) entsteht, insofern sich die Staatsgewalt in den Händen der untersten und der besitzlosen Klassen des Volkes befindet. Eine wirkliche Staatsform ist die O. nicht wohl zu nennen, da sie nur vorübergehend vorkommt, wenn abnorme Zustände im Staatsleben herrschen, wie dies z. B. zur Zeit der Herrschaft der Pariser Kommune der Fall gewesen ist.

Ochnaceen, dikotyle, etwa 170 Arten umfassende, der Tropenzone, besonders Amerikas, angehörige Familie aus der Ordnung der Cistifloren, Holzpflanzen mit lederartigen Blättern und variablem Blütenbau.

Ochoa (spr. otschoa), Don Eugenio de, span. Dichter, Kritiker und politischer Schriftsteller, geb. 19. April 1815 zu Lezo in Guipuzcoa, erhielt seine erste Bildung auf dem Kollegium San Mateo, später auf dem von San Tomas zu Madrid, bezog 1829 mit Unterstützung Ferdinands VII. die École des arts et des métiers zu Paris und beschäftigte sich nebenbei mit der Malerei. Ein Augenübel zwang ihn jedoch, der Kunst zu entsagen, und er kehrte 1834 nach Madrid zurück, wo er sich an der von Alberto Lista (s. d.) redigierten "Gaceta de Madrid" beteiligte, bis ihn die Ereignisse von La Granja veranlassen, wieder nach Paris zu gehen. Hier widmete er sich vorzugsweise der Herausgabe der von Baudry verlegten