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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Ordnungsübungen - Ordre de bataille.

keiten bei Aktiengesellschaften u. dgl. Besonders in der deutschen Zoll- und Steuergesetzgebung kommt vielfach die Statuierung von Ordnungsstrafen vor, um Ordnungswidrigkeiten, welche gegen das Gesetz verstoßen, aber nicht kriminell strafbar sind, zu bestrafen. So ist z. B. die Bestechung eines Steuerbeamten kriminell strafbar; es tritt aber nach dem Tabaksteuergesetz eine O. dann ein, wenn zwar der Thatbestand der Bestechung nicht vorliegt, aber gleichwohl einem solchen Beamten oder Angehörigen desselben wegen einer auf die Erhebung oder Kontrollierung der Steuer bezüglichen Handlung oder Unterlassung von solchen Geschenken oder andre Vorteile angeboten, versprochen oder gewährt worden sind. Mehrfach ist auch in den Steuer- und Zollgesetzen die Bestimmung enthalten, daß Zuwiderhandlungen, welche in dem betreffenden Gesetz nicht mit besonderer Strafe bedroht sind, eine O. nach sich ziehen sollen.

Ordnungsübungen, dasjenige Gebiet der Turnkunst, welches sich mit den verschiedenen Anordnungsformen einer Mehrzahl von Übenden, sei es am Ort, sei es in der Bewegung, beschäftigt. Sie umfassen die Bildung von Reihen und Reihenkörpern, die Gliederung und Verschiebung derselben, die Drehungen, Schwenkungen etc. und schreiten vor bis zu den künstlichern zusammengesetzten Bewegungsformen des sogen. Reigens. Die O. geben somit die Grundformen ab auch für gewisse Gestaltungen der Tanzkunst wie für die militärische Taktik (griech., s. v. w. Anordnungslehre) und sind ein wesentlicher Gegenstand des Schulturnens, besonders verwendet zur Gewinnung der Aufstellungsformen für die Freiübungen, von denen sie wieder die verschiedenen Gangarten in ihren Bereich ziehen. Das Gebiet der O. für die Turnkunst erschlossen und systematisch gegliedert zu haben, ist das Verdienst von Adolf Spieß (s. d.) in dem vierten Teil seiner Turnlehre: "Das Turnen in den Gemeinübungen" (Basel 1845). Eine gute Übersicht gibt Lions "Leitfaden für den Betrieb der Ordnungs- und Freiübungen" (7. Aufl., Brem. 1887).

Ordnungswidrigkeiten, im allgemeinen alle Verstöße gegen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung. Im deutschen Zoll- und Steuerwesen versteht man unter O. ganz besonders diejenigen Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz, welche in demselben oder in der allgemeinen Strafgesetzgebung mit einer besondern Strafe nicht bedroht, aber mit einer Ordnungsstrafe (s. d.) zu ahnden sind.

Ordnungszahlwörter, s. Numeralia.

Ordo (lat.), Rang, Stand, Ordnung; bei den Römern staatsrechtliche Bezeichnung der drei Hauptstände: Senatoren, Ritter und Plebejer; in der christlichen Zeit Bezeichnung des geistlichen Standes im Gegensatz zu den Laien und den Mönchs- und andern Orden. Überhaupt aber wird O. von jeder Abteilung in einem geordneten Ganzen gebraucht, z. B. von den Unterabteilungen in der römischen Legion; endlich ist es auch s. v. w. Regel oder Anordnung für ein Institut u. dgl. Vgl. Ordines.

Ordonnánz (franz.), Befehl, Verordnung, militärische Dienstvorschrift; dann ein Soldat, welcher einem höhern Vorgesetzte zugeteilt wird, um seine Befehle zu überbringen. Je nach Stellung und Rang des Vorgesetzten und der Art der Dienstleistung wird zu diesem Dienst ein Ordonnanzunteroffizier oder ein Gemeiner (O. schlechthin) verwendet. In einigen Armeen sind eigne Truppengattungen zum beständigen Ordonnanzdienst bei höhern Offizieren bestimmt, wie in Deutschland die (berittenen) Stabsordonnanzen bei den Truppenbefehlshabern vom Brigadekommandeur aufwärts, die Leibgendarmen bei dem Kaiser. Ordonnanzoffiziere werden neben den Adjutanten zu höhern Führern kommandiert für die Dauer von Übungen, für Gefechtstage, bei Inspizierungen. Bei einigen Souveränen haben junge Ordonnanzoffiziere ganz die Stellung persönliche Adjutanten. Ordonnanzanzug heißt im deutschen Heer der Anzug in Uniform mit Seitengewehr und Helm.

Ordonnanzen (Ordonnances), in Frankreich vor der Revolution von 1789 alle Erlasse des Königs oder Regenten. Man unterschied dann unter diesen O. im weitern Sinn die O. im engern Sinn, welche Gegenstände des öffentlichen Rechts, die Edikte, welche das Finanzwesen, und die Deklarationen, offenen Briefe (lettres patentes) und Reglements, welche die Erläuterung, Bestätigung und Anwendung der Gesetze zum Gegenstand hatten. Die O. im engern Sinn waren, wie die Edikte und Deklarationen, vom König unterzeichnet, von einem Staatssekretär kontrasigniert, mit dem großen Siegel beurkundet und vom Siegelbewahrer visiert. Wie die Edikte, waren die O. gewöhnlich nur vom Monat des laufenden Jahrs datiert und schlossen mit den Worten: "Car tel est notre plaisir". Die auf Befehl Ludwigs XIV. begonnene offizielle Sammlung aller O. der Könige der dritten Dynastie zählt gegenwärtig 21 Folianten (Par. 1723-49), welche die O. von 1051 bis 1514 enthalten (gewöhnlich "Collection du Louvre" genannt); außerdem ist der "Recueil general des anciennes lois françaises" von Isambert, Jourdan, Decrusy u. a. (das. 1821-33, 29 Bde.) zu erwähnen.

Ordonnanzkompanien, unter Karl VII. von Frankreich 1445 errichtet, 15 zu je 100 Lanzen (d. h. je ein schwer gerüsteter homme d'armes mit 3 leichter gerüsteten archers, 1 Page und 1 écuyer) zusammen also 600 Pferde, bildeten den Kern der königlichen Streitmacht.

Ordonnanztruppen, in England der Gesamtname für Artillerie-, Ingenieur- und Traintruppen.

Or doublé (franz.), mit Gold plattiertes Kupfer; Or moulu, im Feuer vergoldete Bronze; beides in Verarbeitung zu Schmucksachen.

Ordre (franz., Order), Ordnung; Befehl, besonders im Militärwesen, daher Orderbuch, s. v. w. Befehlbuch; auch kaufmännisch s. v. w. Auftrag, Bestellung; bei indossierbaren Papieren s. v. w. die dritte Person, welche allenfalls zur Empfangnahme der Zahlung ermächtigt wird (vgl. Wechsel). Orderpapiere, solche Wertpapiere, die auf den Namen des Berechtigten lauten, von diesem aber durch Giro weiter begeben werden dürfen; hierher gehört der Wechsel, sofern ihm nicht durch die Orderklausel "nicht an O." die Eigenschaft als Orderpapier ausdrücklich entzogen ist, ferner auf Namen gestellte Aktien und Aktienanteile, Bodmereibriefe, Lagerscheine, Warrants, Ladescheine, Konnossemente. Vgl. Indossieren. - Order oder für Siegeln sagt man von Schiffen, die einen Hafen anlaufen müssen, um dort eine Order zu erwarten.

Ordre de bataille (franz., spr. -táj), s. v. w. Schlachtordnung. Im 17. und 18. Jahrh. die kunstgerechte Aufstellung der einzelnen Truppenteile zur Schlacht. Das pedantische Innehalten der hierfür geltenden Regeln, welche die Armee als ein starres, nicht zu gliederndes Ganze ansahen, lähmte jedes selbständige Handeln der Unterführer. Diesen Sinn hat die Bezeichnung O. heute ganz verloren, man versteht darunter nur noch die Zuteilung der einzelnen Truppenteile zu den aufsteigenden Verbänden, wie sie vom Kriegsherrn für einen Feldzug (im Frieden für ein