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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Osmanen; Osmanie-Orden; Osmanische Eisenbahnen; Osmanische Litteratur; Osmanisches Reich; Osmanisches Reich (Bevölkerung)

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Osmanen – Osmanisches Reich (Bevölkerung)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Osman Digna'

Mann geschätzt wurde, um die Angloägypter aus Suakin zu vertreiben. Die gegen ihn ausgesandte Besatzung schlug er 2. Dez. 1883 aufs Haupt und begann damit die Feindseligkeiten, die endlich zum Verlust des ganzen Sudan (s. d.) führten. Wiederholt von den Engländern geschlagen, aber ebenso oft Sieger, blieb O. D. in dem Küstenstrich von Suakin, soweit die Befestigungen und Verschanzungen der Angloägypter nicht reichten, unbedingter Gebieter und wußte den Engländern den nächsten Zugang nach Chartum, die Linie Suakin-Berber, zu verlegen, wodurch namentlich Gordons (s. d.) Untergang herbeigeführt wurde. 1887 setzte er sich in Tokar fest; 1888 schlug er sein Hauptquartier in Handub auf und ließ Suakin beschießen, wurde aber 20. Dez. von den Besatzungstruppen unter Führung des engl. Generals Grenfell angegriffen und gänzlich geschlagen. Ein Untergeordneter des Mahdi ist O. D. nie gewesen, wenn auch beide verwandte Ziele mit ähnlichen Mitteln verfolgten und demnach gegenseitig ihre Unternehmungen förderten.

Osmanen (Osmanli), soviel wie Türken, nach Osman I., dem Gründer des Osmanischen Reichs (s. d., Bevölkerung), benannt.

Osmanié-Orden, türk. Orden, vom Sultan Abd ul-Asis 4. Jan. 1862 gestiftet und 1869 erweitert, zerfällt in vier Klassen. Ordenszeichen ist ein an goldenem Halbmond mit Stern hängender siebenstrahliger Stern, zwischen dessen mit goldenen Kugeln besetzten Spitzen silberne Strahlen erscheinen. Der purpurne Mittelschild zeigt den goldenen Halbmond, darüber die Thoghra (s. d.). Der Orden wird am grünen Bande mit karmesinroten Randstreifen getragen.

Osmanische Eisenbahnen, s. Osmanisches Reich (Verkehrswesen).

Osmanische Litteratur, s. Türkische Sprache und Litteratur.

Osmanisches Reich, Memalik i Osmanije, oder Türkei, Großsultanat (Kaiserreich), umfaßt einen Teil der Balkanhalbinsel, Kleinasten, Teile von Armenien und Kurdistan, Mesopotamien, Syrien, den westl. Küstenstrich Arabiens, Ägypten und Tripolis. Es erstreckt sich von 44 bis 13° nördl. Br., von 9 bis 50° östl. L. von Greenwich, grenzt im N. an Montenegro, Österreich-Ungarn, Serbien, Rumänien, im O. an Rußland und Persien, im S. an die unabhängigen Gebiete Arabiens und Afrikas, im W. an Tunis und Griechenland; außerdem wird es vom Mittelländischen Meer sowie dem Roten Meer und dem Persischen Golf bespült. Das Reich umfaßt also Länder von verschiedenster Bodenbeschaffenheit, von verschiedenartigem Klima und mit verschiedenartigen Erzeugnissen. (S. Kleinasien, Armenien, Syrien, Palästina, Arabien, Ägypten und die Karten: Westasien I, beim Artikel Asien, sowie Balkanhalbinsel und Ägypten.)

In Europa gehören zum O. R., außer dem tributären Fürstentum Bulgarien (s. d.) sowie den von Österreich-Ungarn besetzten Gebieten Bosnien, Herzegowina und Novipazar, an unmittelbaren Besitzungen 168000 qkm mit 5,6 Mill. E. (27 auf 1 qkm); sie bestehen aus den Landschaften Albanien, Macedonien, dem südl. Thrazien sowie der Insel Kreta. Der festländische Teil ist keine natürliche Einheit, sondern ein willkürlich herausgeschnittener Teil der Balkanhalbinsel. Das Gebiet grenzt im W. an das Ionische und Adriatische Meer; im N. an Montenegro, Novipazar, Serbien, Bulgarien; im ↔ O. an das Schwarze Meer; im S. an das Marmarameer, das Ägäische Meer und Griechenland. Die größte Breite, zwischen Kap Glossa und Konstantinopel, beträgt 825 km. Die europäische Türkei ist fast gänzlich von Gebirgen eingenommen; größere Ebenen sind nur diejenigen der Maritza, Macedoniens und der Westküste Albaniens, von denen die beiden letztern durch Versumpfung und Fieber an reicherer Produktion behindert werden. Doch würden die Gebirgsländer bei dem günstigen Klima (s. Balkanhalbinsel) eine ansehnliche Produktion entfalten können, wenn sie nicht durch schlechte Verwaltung und die ungenügenden Verkehrsmittel niedergehalten würden. Das Land, besonders der östl. Teil, ist für den Verkehr nicht ungünstig gestaltet, da die großen Flußthäler die Gebirge erschließen und bequeme Pässe die einzelnen Thalsenken verbinden. Die östl. Küsten sind zudem reich an trefflichen Häfen. So besitzt Konstantinopel einen der besten Häfen der Welt, der außerdem durch seine ausgezeichnete Lage zu einem Welthandelsplatz ersten Ranges befähigt ist. Saloniki bildet den Ausfuhrplatz des durch das Thal des Vardar aufgeschlossenen Macedonien und seiner Hinterländer. Dagegen steht die Küste Albaniens (s. d.) ebenso wie seine Gebirge an Aufgeschlossenheit weit zurück. Der natürliche Schwerpunkt der europ. Türkei liegt daher in dem reicher gegliederten Osten.

Die Bevölkerung des O. R.s, insbesondere des europ. Anteils, ist nach Abstammung und Konfession bunt gemischt. Die Osmanli (der Name Türken gilt als Schimpfwort), welche als herrschender Stamm dem Reiche den Namen gegeben haben, sind ein ursprünglich ural-altaischer Volksstamm, der jedoch durch die massenhafte Aufnahme fremder Bestandteile seinen eigentlichen ethnogr. Charakter verloren hat. Besonders in Europa sind die Türken meist Nachkommen griech., bulgar., serb. und albanes. Renegaten. Bei der Eroberung dos Landes nahmen sie vornehmlich von den reichern Ebenen als Landherren Besitz, ohne die einheimische Bevölkerung auszurotten. Im Laufe der Zeit sind sie aus dem größten Teil ihrer Sitze wieder verdrängt worden und nehmen beständig an Zahl ab. Nur im Innern Kleinasiens herrscht die osman. Bevölkerung noch vor; in Arabien, Syrien, Mesopotamien bilden die Araber, in Ägypten und Tripolis die Araber, Kopten und Berbern, in Armenien die Armenier, in Kurdistan die Kurden die Mehrzahl. In der europ. Türkei bilden die Osmanen nur in den größern Städten, besonders Konstantinopel und Adrianopel, in Thrazien, ohne den Küstensaum, im östl. Bulgarien sowie in einzelnen Distrikten Macedoniens einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung. Die Griechen bewohnen in geschlossenen Massen das südl. Epirus, den Südrand Macedoniens sowie das ganze Küstenland des Ägäischen und Schwarzen Meers. Außerdem bilden sie aber in allen größern Städten ein hervorragendes Element, das sich durch seine Intelligenz und Betriebsamkeit auszeichnet. Handel und Schiffahrt liegen vorzugsweise in ihren Händen. Zahlreich sind griech. Ärzte und Beamte in türk. Diensten, viele Griechen haben es zu großem Reichtum gebracht. Anerkennenswert ist ihr Bildungsstreben und ihre Fürsorge für das Schulwesen, während ihnen noch manche üble, aus der langen Zeit der Unterdrückung zurückgebliebene Eigenschaften anhaften. Die Albanesen (s. d.) bewohnen den westl. Teil des Landes von der adriat.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 673.