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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Paradiesapfel - Paraffin.

und den Euphrat. Je nach der Deutung der beiden ersten verlegte man das P. entweder in die Hochebene von Armenien oder nach Nordindien. Sir Henry Rawlinson wies dann aber zuerst Eden auch in assyrischen Quellen nach, und F. Delitzsch fand im Britischen Museum ein Verzeichnis der Kanäle Babyloniens, worin der Pisanu (der Pischon der Bibel, der Pallakopaskanal der Griechen) und der Guchanu (Gihon) sowie auch das Land Hevila genannt werden; dadurch ist die Lage des biblischen Paradieses zwischen Euphrat, Tigris und jenen beiden Kanälen topographisch festgestellt. Neben dem irdischen P. gedenkt die Bibel, insbesondere in den Büchern des Neuen Testaments, auch eines himmlischen Paradieses als des Aufenthaltsortes der Seligen nach dem Tod. Vgl. Schultheß, Das P. (2. Aufl., Zür. 1821); O. Schmidt und Unger, Das Alter der Menschheit und das P. (Wien 1866); F. Delitzsch, Wo lag das P.? (Leipz. 1881). P. heißt auch die für die Büßer bestimmte, in der Regel mit einer plastischen Darstellung des Sündenfalls geschmückte Vorhalle der altchristlichen Kirchen (s. Kirchenbaukunst, S. 756).

Paradiesapfel, s. v. w. Adamsapfel; auch s. v. w. Liebesapfel, s. Lycopersicum. S. auch Apfelbaum.

Paradiesfeige, die Frucht von Musa paradisiaca.

Paradiesfisch, s. Großflosser.

Paradiesholz, s. v. w. Aloeholz.

Paradieskörner, s. Amomum.

Paradiesvögel (Paradiseidae Boie, hierzu Tafel "Paradiesvögel"), Familie aus der Ordnung der Sperlingsvögel, prachtvolle Vögel mit mittellangem, geradem oder etwas gebogenem, komprimiertem, an der Wurzel mit einer befiederten Haut bedecktem Schnabel, mittellangen, abgerundeten Flügeln, in welchen die sechste und siebente Schwinge am längsten sind, mittellangem Schwanz mit verlängerten drahtartigen Federn oder sehr langem, einfachem, stark abgestuftem Schwanz und mit kräftigen, großzehigen Füßen mit derben, stark gekrümmten Krallen. Das Gefieder der Männchen ist oft durch Büschel lang zerschlissener Federn in der Weichengegend, welche beliebig ausgebreitet und zusammengelegt werden können, ausgezeichnet. Die P. bewohnen Neuguinea und die benachbarten Inseln, und von dort werden ihre Bälge seit dem 16. Jahrh. der prachtvollen Federn halber von den Papua in den Handel gebracht. Die ersten Nachrichten über die P. gab Pigafetta 1522, aber erst seit Lesson und Wallace wurde Genaueres bekannt. Der Paradiesvogel (Göttervogel, Paradisea apoda L.) der Aruinseln ist 45 cm lang, am Oberkopf und Hinterhals dunkelgelb, an Stirn, Kopfseiten und Kehle goldgrün, Zügelgegend grünschwarz, die übrigen Teile braun; lange Federbüschel an den Brustseiten sind orangegelb, gegen das Ende hin weißlich, das Auge ist gelb, der Schnabel grünlich graublau, der Fuß bräunlich. Das Weibchen ist düsterer gefärbt und besitzt keine verlängerten Federn. Der kleinere Papuaparadiesvogel (Tsiankar, P. papuana L., s. Tafel) ist auf dem Rücken hell kastanienbraun, auf dem Unterkörper dunkel rotbraun, am Scheitel, Oberhals, Nacken und an den Seiten blaßgelb, an der Kehle smaragdgrün; die Augen sind weißlichgelb, der Schnabel und die Füße dunkel blaugrau. Er bewohnt die nördliche Halbinsel von Neuguinea, Misul und Jobrik, scheint aber nach Osten hin seltener zu werden. Die P. sind Strichvögel, welche je nach dem Reifen der Früchte bald an der Küste, bald im Innern der Inseln weilen; sie leben in den Wäldern, sind sehr munter und beweglich und namentlich die alten Männchen sehr scheu; sie erscheinen in Flügen von 30-40 Stück und schreien wie die Stare oder krächzen wie die Raben. Außer Früchten fressen sie auch Insekten. Sie brüten in unzugänglichen Astlöchern. Man findet viel mehr Weibchen als Männchen, weil letztern allein nachgestellt wird. In der Gefangenschaft halten sie sich, wie es scheint, sehr gut; in Asien hat man sie seit langer Zeit in Käfigen unterhalten, nach Europa gelangten die ersten durch Wallace. Der Königsparadiesvogel (Cicinnurus regius Vieill., s. Tafel), 18 cm lang, mit schwachem, dunkelbraune Schnabel und wenig verlängerten Seitenfedern, ist oberseits und an der Kehle rubinrot, auf der Stirn und am Scheitel orangegelb, am Bauch grauweiß, an der Brust mit einem metallisch grünen Band gezeichnet; an den Kropfseiten entspringen braune Federbüschel mit verbreiteten, glänzend goldgrünen Enden; die Schwingen sind zimtrot, die Schwanzfedern braun, die beiden verlängerten Schwanzfedern sind nur an der Spitze mit rundlichen, tief goldgrünen Fahnen besetzt, welche sich schraubenartig verschnörkeln; das Auge ist braun, der Schnabel horngelb, der Fuß hellblau. Er findet sich auf Neuguinea, den Aruinseln, Misul und Salawati und erscheint häufig am Strand auf niedrigen Bäumen, wie die andern P. stets bemüht, seine Schönheit zu zeigen. Er ist die eigentliche Manucodiata, von welchem Vogel man fabelte, daß er ohne Füße beständig in der Luft schwebe, nur vom Tau lebe, den Krieger in der Schlacht vor Verwundung schütze etc. Die Fabelei von dem Fehlen der Füße erklärt sich leicht aus der Gewohnheit der Eingebornen, jene an den Bälgen abzuschneiden. Der sechsfederige oder Königsparadiesvogel (Parotia sexsetacea, s. Tafel), mit sechs zu beiden Seiten des Kopfes entspringenden, etwa 15 cm langen, bartlosen Federn mit kleiner, eirunder Endfahne, an den Brustseiten entspringenden weißen Federbüscheln und einem Brustkragen, prächtig gefärbt, ist in den Gebirgen Neuguineas sehr häufig, doch fehlt über ihn weitere Kunde.

Paradieswitwe, Vogel, s. Witwenvögel.

Paradígma (griech., "Beispiel"), in der Grammatik das durchflektierte Musterwort (Nomen oder Verbum) für die Abhandlung aller andern Wörter von gleicher Biegung; in der Rhetorik Beispielsanführung, ein aus der Geschichte, aus der Reihe wirklicher Ereignisse entlehntes Beispiel, das zur Vergleichung angeführt wird.

Paradisea, Paradiesvogel.

Parados (franz., spr. -doh), im Befestigungswesen eine Rückendeckung ohne Verteidigungseinrichtung.

Paradóxa (griech.), bei den stoischen Philosophen solche Sätze, die, besonders für Uneingeweihte, durch ihre pikante Fassung auffallend und sogar dem gesunden Sinn widerstreitend erscheinen, bei näherm Eingehen aber sich als wahr und wohlbegründet zeigen. Nach Rousseau sind P. Wahrheiten, die hundert Jahre zu früh erscheinen. Daher Paradoxie, Seltsamkeit und auffallende Sonderbarkeit in Meinungen, kühnen (paradoxen) Behauptungen etc., und Paradoxomanie, die Sucht, Paradoxen zu behaupten oder sonderbare, gegen allgemein anerkannte Grundsätze verstoßende Sätze aufzustellen, um damit zu imponieren.

Paradoxides, s. Trilobiten.

Paraffin, in der Chemie Klassenname für die homologen, gasförmigen, flüssigen oder starren Kohlenwasserstoffe der Sumpfgasreihe CnH2n+2 ^[C_{n}H_{2n}+_{2}]. Das P. des Handels ist ein Gemenge solcher festen Paraffine, enthält aber meist vorwiegend feste Kohlenwasserstoffe der Äthylenreihe C2H2n ^[C_{2}H_{2n}] u. a. P. findet sich in