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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Parma; Parmäne; Parmegianino

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Parma (Herzog von) - Parmegianino.

gen, die Bibliothek, das Staatsarchiv und das 1618 für 7000 Zuschauer erbaute, jetzt verfallene Teatro Farnese in sich vereinigt; der Palazzo ducale (jetzt Präfekturgebäude); der Palazzo del Giardino (1564 unter Ottavio Farnese erbaut), mit Fresken von Agostino Carracci u. a. (jetzt Militärschießschule); der Palazzo del Comune, ehemals Gouvernementspalast (1627 begonnen), mit schönem Atrium; von Privatpalästen die der Familie Sanvitali, des Fürsten Soragna, des Marchese Pallavicini u. a. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 44,492. Die Industrie beschränkt sich auf eine Eisengießerei, Fabrikation von Pianofortes, Instrumenten, Seiden- und Wollwaren, Hüten, Pökelfleisch, Thonwaren, Papier und Seife. Der Handel bringt die Produkte der Landwirtschaft und der damit zusammenhängenden Industrie zur Ausfuhr. Auch findet in P. ein Vieh-, Getreide- und Seidenmarkt statt. Unter den Anstalten für Wissenschaft und Kunst nimmt den ersten Rang ein die 1599 gestiftete Universität mit drei Fakultäten für Jurisprudenz, Medizin, Mathematik und Naturwissenschaften (mit 50 Lehrern und 200 Studierenden), nebst den dazu gehörigen Instituten. Außerdem hat P. ein königliches Lyceum, Gymnasium, ein königliches Kollegium, eine technische Schule, ein landwirtschaftliches Institut, ein Seminar, eine königliche Musikschule, ein Altertümermuseum, welches unter anderm die berühmte römische Bronzetafel und den trunkenen Herkules (zu Velleja ausgegraben) enthält, eine königliche Akademie der schönen Künste mit Gemäldesammlung (über 600 Bilder), deren Hauptbedeutung in den Werken Correggios und seiner Schule besteht, und eine Nationalbibliothek, mit welcher die palatinische Bibliothek vereinigt wurde (zusammen über 200,000 Bände, 4525 Manuskripte, über 1000 Inkunabeln, 6160 seltene Ausgaben in Pergament und 8183 Musikstücke enthaltend). Die Stadt besitzt ferner 3 Theater und ist an Wohlthätigkeitsanstalten besonders reich; sie hat ein großes allgemeines Krankenhaus, Siechenhaus, Gebär- und Findelhaus, Irrenhaus, eine Knabenbeschäftigungsanstalt, Erziehungsanstalt für arme und verwaiste Kinder, eine Kinderbewahranstalt etc. P. ist Sitz eines Präfekten, eines Bischofs, eines Appell- und Assisenhofs, eines Zivil- und Korrektionstribunals, einer Handelskammer etc. Anmutige und beliebte Spaziergänge sind der Stradone, zwischen der Stadt und dem Kastell im S., und der angrenzende botanische Garten, dann der nordwestlich gelegene ausgedehnte Giardino pubblico. Von den zahlreichen Landhäusern, welche die Stadt umgeben, ist das Lustschloß Colorno hervorzuheben. Außerhalb der Stadt befindet sich ferner der Triumphbogen San Lazzaro (1628 zur Vermählungsfeier Margaretes von Medici mit Odoardo Farnese erbaut), und nördlich von P. liegen die Ruinen der alten Stadt Velleja. P. ist der Geburtsort der Maler Mazzola, genannt Parmegianino, und Lanfranco und des Physikers Melloni.

Geschichte. Die Stadt P. war von den Etruskern gegründet und um 400 v. Chr. von den Kelten erobert. 183 zur römischen Kolonie umgewandelt und mit 2000 römischen Bürgern bevölkert, wurde sie bald eine wichtige Handelsstadt. Unter Kaiser Augustus hieß sie Colonia Julia Augusta, nach dem Untergang des weströmischen Reichs Chrysopolis (Goldstadt). 570 kam sie an die Langobarden, 774 an das fränkisch-deutsche Reich. Unter Kaiser Konrad II. riß sie sich mit Piacenza vom Reichsverband los, lag aber von jener Zeit an mehrmals mit dieser Stadt in blutigem Streit. Dem lombardischen Städtebund schloß sich P. mit Eifer an. Kaiser Friedrich II. eroberte 1245 P., vertrieb die päpstliche Partei und setzte einen Podesta, Heinrich Testa, ein. Diesen schlugen die Päpstlichen 1247 und besetzten die Stadt, worauf das Volk Gherardo Correggio zum Podesta ernannte. Der Kaiser belagerte nun P. mit großer Heeresmacht, weihte es in Siegesgewißheit dem Untergang und gedachte bereits an seiner Stelle eine neue Stadt, Vittoria, auf dem Grolafeld zu gründen; aber die Parmesen verteidigen sich unter Führung des Kardinallegaten Gregor aufs tapferste und schlugen 18. Febr. 1248 durch einen Überfall das kaiserliche Heer völlig in die Flucht. 1326 ergab sich die Stadt dem Papst Johann XXII.; doch ward dessen Statthalter schon 1328 vertrieben, und Mastino della Scala warf sich zum Herrn von P. auf. Da sich die Scalas jedoch durch ihre Tyrannei verhaßt machten, so wurden sie 1341 von den Correggios wieder gestürzt. Nun herrschten Azzo und Guido Correggio eine Zeitlang in P.; schon 1344 aber verkauften dieselben die Stadt um 60,000 Goldgulden an Obbizzo III. von Este, von dem sie im Oktober 1346 wieder an Luchino Visconti von Mailand kam. 1365 raffte die Pest 40,000 Einw. hin. Nach der Eroberung Mailands durch die Franzosen 1499 nahm der Papst 1511 P. und Piacenza mit Gebiet als Eigentum der Kirche in Besitz, und seitdem war P. Hauptstadt des von den Päpsten gegründeten Herzogtums P., bis es 1860 mit Italien vereinigt wurde. Vgl. Affò, Storia della città di P. (Parma 1792-95, 4 Bde.); Scarabelli, Storia civile di P. (das. 1858, 2 Bde.).

Parma, Herzog von, s. Cambacérès.

Parmäne, eine Art Renette, s. Apfelbaum.

Parmegianino (spr. -medschanīno, Parmegiano), eigentlich Francesco Mazzola, ital. Maler, geb. 11. Jan. 1504 zu Parma, bildete sich nach Correggio, seit 1523 zu Rom nach Raffael und Michelangelo und erwarb sich die Gunst des Papstes Clemens VII. Die Plünderung Roms 1527 trieb ihn nach Bologna. 1530 ging er nach Parma, wo er eine reiche Thätigkeit entfaltete. Hier übernahm er die Ausschmückung der neuerbauten Kirche Santa Maria della Steccata; da er die Arbeiten darin jedoch vernachlässigte, kam er mit der Gemeinde in Streitigkeiten, welche ihn schließlich veranlaßten, sich nach Casalmaggiore zurückzuziehen, wo er 24. Aug. 1540 starb. Trotz seines kurzen Lebens hat er eine große Zahl von Werken hinterlassen, die ihn als einen manierierten Nachahmer Correggios kennzeichnen, welcher namentlich die Körperverhältnisse bis zur Widerwärtigkeit verlängerte. Charakteristisch dafür ist besonders die sogen. Madonna mit dem langen Hals (Florenz, Palazzo Pitti). Von seinen übrigen Werken religiösen Inhalts sind die Madonna mit dem Kind und Martha (Bologna, Pinakothek), die heilige Familie mit Elisabeth und dem kleinen Johannes (Paris, Louvre), die Grablegung Christi (Petersburg, Eremitage), die Vision des heil. Hieronymus (London, Nationalgalerie) und die Madonna della Rosa (Dresden, Galerie) sowie seine Fresken in den Kirchen San Giovanni Evangelista und Santa Maria della Steccata zu Parma hervorzuheben. Wertvoller als seine religiösen Bilder sind seine mythologischen Kompositionen (Hauptwerk: der bogenschnitzende Amor in der kaiserlichen Galerie zu Wien) und seine meist vortrefflichen Porträte im Museum zu Neapel, im Palazzo Borghese zu Rom und in den Galerien von Kassel, Darmstadt, Kopenhagen und Wien. Er hat auch 15 Blätter radiert. Vgl. Affò, Vita del graziosissimo pittore Fr. Mazzola (Parma 1784).