Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Perlmutterpapier; Perlschrift; Perlsinter; Perlspat; Perlstein; Perlsucht des Rindes

854

Perlmutterpapier - Perlsucht des Rindes.

äußern Schichten ab und dreht die reinen Stücke wie Horn auf der Drehbank und schleift und poliert sie mit Tripel. Sie werden besonders zu Furnieren, als Einlagen und zur Darstellung kleinerer Gegenstände, wie Messergriffe, Spielmarken, Knöpfe etc., benutzt. Um P. mit Höllenstein- u. Kochsalzlösung schwarz zu färben, legt man sie in eine neutrale konzentrierte Höllensteinlösung, spült sie nach zwölf Stunden mit destilliertem Wasser ab, legt sie dann eine Stunde in Kochsalzlösung, spült wieder und zuletzt mit schwacher Höllensteinlösung und setzt sie feucht dem Sonnenlicht aus. Künstliche P. kann man anfertigen, indem man eine Gelatinefolie mit Perlenessenz bestreicht, mit Gelatinelösung begießt und trocknen läßt. Das Blatt wird dann in eine Lösung von 1 Teil Alaun in 18 Teilen Wasser gelegt, bis es angeschwollen ist, und dann mit einer verdünnten Pottaschenlösung abgespült und getrocknet. Die Einfuhr von P. nach England beträgt etwa 1500-2000 Ton., nach Frankreich etwa 1,400,000 kg. Vgl. Andés, Verarbeitung des Horns etc. und der P. (Wien 1885); v. Wobeser, Anleitung zur Brillant-Perlmuttermalerei, Perlmutter-Imitation (Leipz. 1887).

Perlmutterpapier, mit Perlenessenz (s. d.) bestrichenes, graues, satiniertes Papier mit perlmutterartigem Glanz.

Perlschrift, die zweite Größe der Buchdruckerschriften, von der kleinsten (Diamant) angefangen, hält fünf typographische Punkte. S. Schriftarten.

Perlsinter, s. Kieselsinter.

Perlspat, s. Dolomit.

Perlstein (Perlit), gleich dem Pechstein und Obsidian oft als Mineral (amorph, perlgrau, kantendurchscheinend, matt glänzend, sehr spröde, Härte 6, spez. Gew. 2,3) aufgefaßt, richtiger aber als ein glasartig-amorphes Gestein aus der Familie des Trachyts, von emailartigem Ansehen und meist ausgezeichneter sphärolithischer Struktur, d. h. mit rundkörniger und zugleich krummschaliger und strahlig-faseriger Absonderung. Die Körner haben sich nicht selten um einen Feldspatkristall gebildet, sind aber mitunter auch hohl. Oft ist auch die ganze Grundmasse eckig-körnig abgeändert (Perlitporphyr). Manchmal verbinden sich mit den sphärolithischen Gesteinen solche mit pechsteinartiger Grundmasse (Perlite rétinique), auch wird die Grundmasse thonsteinartig mit erdigem Bruch und selbst blasig. Die Farbe der ausgezeichneten Varietäten ist grau; die Sphärolithen sind oft dunkler, bräunlich, grau, lavendelblau, rot, selbst schwarz. Die Grundmasse zeigt die oben angegebenen Eigenschaften. Die in derselben enthaltenen Kristalle sind Sanidin oder glasiger Feldspat und schwarzer Glimmer. Zuweilen finden sich im P. Ausscheidungen von Hornstein und Opal (Feueropal). Er enthält 70,6-73 Proz. Kieselerde, 12-15 Thonerde, 2 Eisenoxyd, 1-3 Kalk, 1-1,5 Magnesia, 2-6 Kali, 6-9 Proz. Natron und Wasser. Der P. gehört einigen der Trachytdistrikte an; er ist am verbreitesten in Ungarn, wo er bei Tokay ein Gebiet von über 12 QMeilen einnimmt, auf Sardinien, in den Euganeen, auf den Ponzainseln, in Mexiko.

Perlsucht des Rindes (Tuberkulosis des Rindes, Hirsesucht, Franzosenkrankheit, Meerlinsigkeit), chronischer, geschwulstbildender Krankheitsprozeß an den serösen Häuten der Brust- und Bauchhöhle, aber auch in der Substanz der Lungen, Leber, Nieren etc. des Rindes, dessen Wesen eine sehr verschiedene Deutung gefunden hat. Vor mehreren Jahrhunderten tauchte die Meinung auf, daß die sowohl vereinzelt als in größern und kleinern Gruppen zusammenhängenden, oft traubenförmig gestalteten Knoten etwas Unreines seien, und daß nicht bloß der zufällige oder absichtliche Genuß solcher Krankheitsprodukte, sondern auch schon die einfache Berührung derselben dem Menschen eine Gefahr bringen könne. Als im 15. und 16. Jahrh. die Syphilis des Menschen in den westeuropäischen Staaten sich ausbreitete und mit allen möglichen ursachlichen Einflüssen, namentlich mit fehlerhafter Ernährung, in Verbindung gebracht wurde, kam man auf den Gedanken, daß die Perlsucht eine mit der Syphilis identische Krankheit sei, und daß Menschen von solchen Tieren sowohl durch den Fleischgenuß als durch die Berührung der innern Organe mit dem Keim der Syphilis behaftet werden könnten. Aus diesem Irrtum erklärt sich der gleichbedeutend mit der Syphilis gebrauchte Ausdruck "Franzosenkrankheit", mit welchem die Perlsucht bis zur Gegenwart oft bezeichnet ist. Die in Form von Knötchen und Knoten sich vollziehende Entwickelung der Perlgeschwülste war die nächste Veranlassung, die Krankheit als "Tuberkulose" zu deuten. Hiermit stimmte die Thatsache überein, daß die Perlsucht zwar viele Monate lang in einem Tier bestehen kann, ohne eine erhebliche Störung der Gesundheit und der wirtschaftlichen Ertragsfähigkeit desselben herbeizuführen, daß dieselbe aber auch recht häufig durch allmähliche Abmagerung (Schwindsucht) einen tödlichen Ausgang nimmt. Diese Definition, die, ohne auf histologische Untersuchungen begründet zu sein, das Richtige getroffen hat, stieß auf Zweifel, nachdem Laënnec die Tuberkulose des Menschen begrifflich mit der Lungenschwindsucht (Phthisis) identifizierte. Hiernach betrachtete man in der Pathologie des Menschen alle krankhaften Prozesse, welche mit der Phthisis in Verbindung stehen, schlechtweg als "tuberkulöse". Es erschien ausreichend, in der Entwickelung und im Verlauf der angeblich tuberkulösen Zustände zwei Formen, die Granulation und die Infiltration der Tuberkeln, zuzugestehen, um sich mit der theoretischen Erklärung der Krankheit abzufinden. Nun werden beim Rind in den Lungen und auch in andern Organen Tuberkeln und käsige Herde von ganz gleichen Eigenschaften wie beim Menschen gefunden. Aber daneben kommen besonders an der Brusthaut und am Bauchfell sowie in den Lymphdrüsen die mehr augenfälligen fest-weichen und verkalkten Neubildungen vor, die vorzugsweise als Perlsucht angesehen werden. In der Deutung dieser Verschiedenheiten trennten sich die tierärztlichen Autoren. Von einer Seite wurden nach Analogie der Laënnecschen Erklärung sämtliche Neubildungen und Herde als der Perlsucht angehörig betrachtet und letztere für die Tuberkulose des Rindes ausgegeben, während andre Autoren in der Perlsucht eine besondere Krankheit erblickten, die zwar verwandt, aber nicht identisch mit der Tuberkulose des Menschen sei. Gurlt stellte die Perlgeschwülste des Rindes in die Reihe der sarkomatösen Neubildungen, und Virchow, der ihre nahe Verwandtschaft mit den Tuberkeln keineswegs leugnete, sprach sich dahin aus, daß sie mit den Lymphosarkomen des Menschen am meisten übereinstimmten. Dagegen verblieben die namhaftesten Tierärzte bei der Ansicht, daß die Perlsucht eine tuberkulöse Krankheit sei. Die Entwickelung des Leidens führte man seit dem 18. Jahrh. stets auf eine ererbte Anlage zurück, die man aber niemals durch andre Gründe als durch die Thatsache, daß die Perlsucht nach und nach eine größere Zahl von Rindern eines Viehbestandes befällt, hat beweisen können.