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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Pfahlbürger; Pfahleisen; Pfählen; Pfahlgerichte; Pfahlgraben; Pfahlrost

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Pfahlbürger – Pfahlrost

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Pfahlbauten'

bei Zürich 1883 fg.); Troyon, Sur les habitations lacustres (Lausanne 1860); V. Groß, Les Proto-helvètes (Berl. 1883); Munro, The lake dwellings of Europe (Lond. 1890).

Pfahlbürger, Schutzbürger, im Mittelalter diejenigen Bewohner des platten Landes, welche das Bürgerrecht in einer Stadt erworben hatten. Den Namen leitete man daher, daß sie außerhalb der Grenzpfähle der Stadt (extra palum civitatis) wohnten. Adel und Fürsten betrachteten es als eine Anmaßung, daß die Städte kleinern Freibauern auf diese Weise gegen die Willkür mächtiger Nachbarn Schutz zusagten, und seit dem 13. Jahrh. verboten eigene Reichsgesetze die Aufnahme von Aus- oder Pfahlbürgern. Zuweilen wurden auch die Vorstädter P. genannt, im Gegensatz zu den in der eigentlichen Stadt wohnenden Spießbürgern (s. d.).

Pfahleisen, s. Glas (Bd. 8, S. 41a).

Pfählen, eine der grausamsten Strafen des Mittelalters für Notzüchter, Hexen und Kindesmörder. Dem Verbrecher wurde ein dürrer, eichener, spitzer Pfahl durch das Herz getrieben. Die Peinliche Halsgerichtsordnung Karls Ⅴ. ließ das Lebendigbegraben und P. noch zu, aber nur insofern, als das Verbrechen um sich greifen würde. Gegen Ende des 16. Jahrh. nahm auch das P. ein Ende. Im Orient war diese Strafe dem byzant. und mohammed. Rechte nicht bekannt, wurde aber von einzelnen Tyrannen durch das Aufspießen auf spitze Pfähle angewendet.

Pfahlgerichte oder Zaun- und Pfahlgerichte, die auf den Umfang der Mauern und Zäune eines Guts beschränkte Gerichtsbarkeit.

Pfahlgraben, die namentlich in Süddeutschland noch jetzt in ausgedehnten Resten vorhandenen Anlagen der Römer zum Grenzschutz ihrer rechtsrhein. Besitzungen auf deutschem Boden. Der Name P. oder Pfahl rührt von den neuerdings noch in Resten aufgefundenen Palissaden auf einzelnen Strecken der röm. Grenzlinie her. Der P. bildete den durch die Römer gegenüber den deutschen Völkern mit ganz besonderer Sorgfalt ausgestatteten Grenzstreifen (limes). Einen solchen Limes legte zunächst der Cäsar Tiberius nach der Niederlage des Varus auf der Ostseite des röm. Untergermanien auf der rechten Rheinseite einige Stunden östlich vom Rheinstrom an; dieser Limes zog sich von der Gegend bei Duisburg südlich bis Neuwied. In ausgedehnter Weise dagegen wurde das röm. Obergermanien, zuerst unter Domitianus, der neben der Anlage am Taunus das Neckarthal in die röm. Linien hineinzog, dann unter Hadrianus und seinen Nachfolgern, welche die Arbeiten bis zur obern Donau führten, in solcher Art geschützt. Diese 542 km lange künstliche Grenze, die den einspringenden Winkel des Oberlaufs der beiden großen röm. Grenzströme, des Rheins und der Donau, deckte (s. die Karte: Germanien u.s.w., Bd. 7, S. 862), zerfällt in den obergerman. und rhätischen Limes. Der obergermanische Limes (368 km) beginnt bei Rheinbrohl, zieht südöstlich über Ems zum Taunus, umfaßt diesen und wendet sich südlich dem Main zu, den er bei Groß-Kotzenburg erreicht. Dann folgt er dem Main bis Miltenberg und geht in schnurgerader südsüdöstl. Linie bis Pfahlbronn. Hier schließt sich der rhätische Limes an (die sog. Teufelsmauer, 174 km), der nördlich ausbiegend der Donau zustrebt und sie oberhalb Kehlheim erreicht. Die Bauweise des Limes war, soweit nicht ↔ die Flußgrenze vorhanden war, eine verschiedene. Der Grenzstreifen wurde nach innen durchgängig durch eine Grenzstraße, nach außen durch eine, in einem kleinen Graben verborgen liegende Versteinung abgeschlossen. Zwischen beiden lag entweder wie in Obergermanien ein bis 3 m hoher Erdwall mit Graben (bis 1 m tief) oder wie in Rhätien eine Verpalissadierung, später eine Mauer, hinter oder in denen sich zahlreiche Wachthäuser oder Wachttürme befanden. Weiter zurück lagen in wechselnden Abständen Kastelle, eine Art befestigte Kasernen, von denen auf der ganzen Linie bisher (Sommer 1894) 60 sicher gefunden sind, 17 mit Wahrscheinlichkeit vermutet werden. Die nähere Bestimmung des ganzen Grenzsystems und seiner allmählichen Entstehung wird erst möglich sein, wenn die seit 1892 begonnenen Ausgrabungs- und Aufnahmearbeiten zu Ende geführt sind; der Reichstag hat dafür 1892 200000 M. bewilligt, und eine aus Fachleuten aller beteiligten Bundesstaaten bestehende Kommission ist zusammengetreten; sie giebt das «Limesblatt» (Trier, seit 1893) zur Orientierung über die neuesten Forschungsresultate heraus. Immerhin läßt sich schon jetzt mit Sicherheit sagen, daß der Limes keine Verteidigungslinie, sondern in erster Hinsicht eine Grenzsperre gegenüber den benachbarten Barbarenvölkern darstellte. Er wurde durch ständige Posten und Patrouillen überwacht, ein Signaldienst nach rückwärts war eingerichtet. Die Überschreitung war nur an gewissen Stellen unter gewissen Vorsichtsmaßregeln und unter Erlegung der Grenzzölle erlaubt, bei Nacht keinem, bei Tage bewaffneten Leuten nicht gestattet. Der P. ist verfallen, seitdem in der Zeit des Gallienus das rechte Rheinufer den Römern verloren ging.

Vgl. Arnold, Deutsche Urzeit (3. Aufl., Gotha 1881); Cohausen, Der röm. Grenzwall in Deutschland (Wiesb.1884; Nachtrag, ebd.1886); Mommsen, Röm. Geschichte, Bd. 5 (3. Aufl., Berl. 1886); Hübner, Der röm. Grenzwall in Deutschland (in den «Jahrbüchern des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande», Heft 63, Bonn 1878); ders., Neue Studien über den röm. Grenzwall (in Heft 80, ebd. 1885); Herzog, Die Vermessung des röm. Grenzwalls in seinem Laufe durch Württemberg (Stuttg. 1880); Haupt, Der röm. Grenzwall in Deutschland (Würzb. 1885); Ohlenschlager, Die röm. Grenzmarke in Bayern (Münch. 1887); Kofler, Die Neckar-Mümlinglinie von Schlossau an bis zur hess. Grenze (in der «Westdeutschen Zeitschrift», Bd. 8, Trier 1889); Mommsen, Der Begriff des Limes (ebd., Bd. 13, 1894); Popp, Der Palissadenzaun am rhätischen Limes (ebd.); Sarwey und Hettner, Der obergermanisch-rhätische Limes (Heidelb. 1894 fg.).

Pfahlrost, ein Bauwerk aus in die Erde eingetriebenen Pfählen, welches als Gründung (s. Grundbau) angewendet wird. Das Eintreiben der Pfähle kann geschehen durch Einrammen, Einschrauben oder Einspritzen mittels Druckwasser. Das Einrammen geschieht durch eine Ramme (s. d.), das Einschrauben durch Anbringung eines Schraubenschuhes von der in Fig. 9 des Artikels Grundbau ersichtlichen Form. Die Schraube ist bei Holzpfählen weniger gut als bei eisernen Pfählen zu verwenden. Das Einspritzen der Pfähle, neuerdings sehr beliebt, geschieht in der Art, daß an dem einzelnen Pfahle ein unten offenes Rohr befestigt wird, in welches von oben her Wasser in reichlicher Menge eingepumpt oder durch den Druck einer Wasserleitung eingelassen wird. Dieses

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 41.