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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Philalethen - Philemon.

Nordamerika, als Zierstrauch vielfach kultiviert. In Südfrankreich zieht man ihn, um die Blüten, deren Duft entfernt an Orangen erinnert (daher Dreckorange), zur Bereitung einer billigen Orangenblütenpomade zu benutzen.

Philalethen (griech., Wahrheitsfreunde) hießen die Mitglieder des aus zwölf Graden oder Klassen bestehenden Systems der am 23. April 1773 konstituierten Freimaurerloge des amis réunis, mit mystisch-moralischer und wissenschaftlicher Richtung, deren Statuten 1782 von 20 französischen und andern Logen angenommen worden waren (vgl. Findel, Geschichte der Freimauerei); dann (religiöse Wahrheitsfreunde) die ungenannten Verfasser des "Entwurfs einer Bittschrift an deutsche Fürsten" (Kiel 1830) und der "Grundsätze der religiösen Wahrheitsfreunde" (das. 1830), worin die Idee zur Bildung einer neuen, durch keine Dogmen gebundenen Religionsgesellschaft aufgestellt wurde.

Philalethes ("Wahrheitsfreund"), Pseudonym, unter welchem König Johann von Sachsen seine Dante-Übersetzung veröffentlichte.

Philander von der Linde, s. Mencke 2).

Philander von Sittewalt, s. Moscherosch.

Philänen (Philaeni), zwei Brüder in Karthago, welche durch edelmütige Selbstaufopferung für ihr Vaterland die Grenzen desselben erweitert haben sollen. Ein Streit zwischen Karthago und Kyrene über die Grenze ihres Gebiets an den Syrten sollte nach längerm Krieg nämlich dadurch beigelegt werden, daß zu gleicher Zeit von beiden Seiten Gesandte ausgingen und da, wo diese einander treffen würden, fortan die Grenzmarke beider Staaten sein sollte. Die von Karthago ausgesandten beiden P. kamen nun viel weiter als die kyrenäischen Abgeordneten und wurden daher von denselben beschuldigt, zu früh abgegangen zu sein. Die P. leugneten dies und erboten sich, zur Erhärtung der Wahrheit ihrer Aussage sich lebendig begraben zu lassen, was sodann auch geschah. Die Karthager errichteten auf ihren Gräbern die Altäre der P. (Arae Philaenorum), die seitdem die Grenzscheide zwischen Kyrenaika und Karthago bildeten. Vgl. Middendorf, Über die Philänensage (Münster 1853).

Philanthrop (griech., "Menschenfreund", Gegensatz von Misanthrop), beliebter Ehrenname gemeinnütziger Männer im vorigen Jahrhundert. Namentlich nannte man so in der Pädagogik die Anhänger und Beförderer des von Basedow im Anschluß an Rousseaus Grundgedanken geltend gemachten pädagogischen Systems (s. Basedow, Philanthropin).

Philanthropin (griech., Philanthropinum), nach Basedow s. v. w. Schule der Menschenfreundschaft oder der Humanität, Name des von demselben 1774 gegründeten Erziehungsinstituts in Dessau. Die Anstalt bestand unter manchen Schwankungen nur bis 1793, übte jedoch mittelbar einen bedeutenden Einfluß auf den Entwickelungsgang der Pädagogik aus. Philanthropismus, das von Basedow begründete und zuerst in seinem P. praktisch durchgeführte pädagogische System, welches nach J. J. Rousseaus Grundsätzen von der Erziehung der Jugend vor allem verlangte, daß sie naturgemäß und menschenfreundlich zu Werke gehen sollte. Neben vielem Seltsamen und Verkehrten brachten die Bestrebungen der um Basedow gescharten Philanthropen oder Philanthropisten in mancher Hinsicht auch heilsame Änderungen hervor und beförderten bei Freunden und Gegnern das Suchen nach naturgemäßen Methoden des Unterrichts. Namentlich ist auch die vermehrte Aufmerksamkeit auf die körperliche Erziehung (Gymnastik) auf ihre Anregung zurückzuführen. Neben dem Dessauer P. erregten durch kürzere Zeit die nach diesem benannten Anstalten zu Marschlins (Graubünden) und Heidesheim (Pfalz) Aufsehen, das freilich bei der unlautern und marktschreierischen Art ihres Leiters K. F. Bahrdt nur zu ungunsten der ganzen Sache ausfallen konnte. Edlere Gestalten aus dem um Basedow gescharten Kreis der Philanthropisten sind: J. H. Campe, Salzmann, Wolke, Guts Muths, Olivier u. a. Im weitern Sinn kann man auch E. F. v. Rochow und Pestalozzi dieser Richtung zuzählen.

Philanthus, s. Grabwespen.

Philaret, russ. Theolog und Kirchenfürst (früher Wasilij Drosdow), geb. 1782 als Sohn des Küsters von Kolomna, ward Priester und 1812 Rektor der Alexander Newskij-Akademie zu Petersburg, 1817 Bischof von Reval, 1819 Erzbischof von Twer und 1821 Erzbischof von Moskau, wo er 1. Dez. 1867 starb. Er galt lange als erster Redner und einflußreichster Kirchenfürst Rußlands. - Von ihm zu unterscheiden sind zwei gleichnamige Kirchenfürsten, deren erster, geb. 1778, gest. 1858, Metropolit von Kiew war und eine "Geschichte des russischen Kirchengesangs" (Petersb. 1860) geschrieben hat, während der zweite, geb. 1805, gest. 1866, Erzbischof von Riga, dann von Charkow, endlich von Tschernigow, eine "Geschichte der russischen Kirche" (Mosk. 1857-59; deutsch von Blumenthal, Frankf. a. M. 1872) verfaßt hat.

Philareten (griech., "Tugendfreunde"), ein 1817 gegründeter, dem deutschen Tugendbund ähnlicher Verein polnischer Dozenten und Studenten an der Universität Wilna, dessen Kern eine engere, nicht öffentliche Vereinigung, die Philomathen ("Wissensfreunde"), bildete. Der Verein, dem die später berühmt gewordenen Dichter und Schriftsteller Mickiewicz, Zan u. a. angehörten, wurde 1823 als politisch verdächtig vom Kurator Nowofilzow aufgelöst.

Philaster (auch Philastrius), kirchlicher Schriftsteller, starb um 387 als Bischof von Brixea (Brescia), beschrieb in kritikloser Behandlung 28 vor- und 128 nachchristliche Ketzereien ("De haeresibus", hrsg. von Öhler, Berl. 1856, und bei Migne, Bd. 12).

Philatelie (griech.), in Amerika gebildeter Name für Briefmarkenkunde.

Philemon, 1) griech. Dichter der jüngern attischen Komödie, um 362 v. Chr. zu Syrakus oder Soli in Kilikien geboren, trat in Athen zuerst um 330 als Dichter auf. Er war außerordentlich beliebt und trug mehrfach den Sieg über seinen jüngern Zeitgenossen und Nebenbuhler Menandros davon. Er starb fast 100jährig 262 v. Chr. in Athen während seiner Bekränzung auf der Bühne. Von seinen 97 Stücken sind uns 57 durch Titel und Bruchstücke (gesammelt in Meinekes "Fragmenta comicorum graecorum", Bd. 4, Berl. 1839), zwei, "Der Kaufmann" und "Der Schatz", durch die Bearbeitung des Plautus ("Mercator" und "Trinummus") bekannt.

2) Der Empfänger des seinen Namen tragenden kleinen Paulinischen Sendschreibens, worin er gebeten wird, den entlaufenen Sklaven Onesimus wieder zu Gnaden anzunehmen; wahrscheinlich ein Einwohner von Kolossä, dessen Haus der christlichen Gemeinde daselbst als Versammlungsort diente. Die Tradition macht ihn zum Bischof von Kolossä. Sein Gedächtnistag ist der 22. November.

3) Griech. Grammatiker im 5. Jahrh. n. Chr., schrieb ein "Lexicon technologicum" (hrsg. von Osann, Berl. 1821).