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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Pombal - Pomerium.

Hier starb der Minister Pombal, der von dieser Stadt den Marquistitel führte.

Pombal (spr. pongbal), Dom Sebastian Joseph Carvalho e Mello, Graf von Oeyras, Marquis von, portug. Staatsmann, geb. 13. Mai 1699 auf Schloß Soure bei Coimbra als Abkömmling eines mäßig begüterten Adelsgeschlechts, widmete sich zu Coimbra dem Studium der Rechte, trat sodann in die königliche Garde, wurde infolge von Händeln aus Lissabon verwiesen, aber 1739 an den Hof daselbst zurückgerufen und war hierauf Gesandter zu London, seit 1745 zu Wien, wo er den Vermittler zwischen der Kaiserin Maria Theresia und dem Papst Benedikt XIV. machte. Als er nach dem Tod König Johanns V. 1750 durch den Einfluß von dessen Witwe, einer österreichischen Kaiserstochter, in das Ministerium berufen wurde, erlangte er sofort herrschenden Einfluß auf den neuen König, Joseph I., beseitigte die klerikalen Ratgeber und leitete den Staat mit fast souveräner Machtfülle. Ordnung der Finanzen, Beseitigung der Mißbräuche in der Verwaltung, Hebung von Ackerbau, Handel und Industrie, Befreiung des Volkes von dem Geistesdruck der Kirche waren seine Ziele, die er mit unermüdlicher, aber oft übereilter und gewaltthätiger Geschäftigkeit verfolgte. Nach dem Erdbeben vom 1. Nov. 1755 entfaltete er eine außerordentliche Thätigkeit, das beispiellose Elend einigermaßen zu mindern, und ward dafür vom König zum Grafen von Oeyras, später zum Marquis von P. erhoben. 1757 zum Premierminister ernannt, trat er den Ränken des hohen Adels und der Jesuiten mit strenger Energie entgegen und brachte es dahin, daß nach dem Attentat auf des Königs Leben (3. Sept. 1758) der Jesuitenorden durch ein königliches Dekret vom 3. Sept. 1759 aus Portugal verbannt ward. Er hob Ackerbau und Handel, verbesserte die Rechtspflege durch ein neues Gesetzbuch, regelte den Staatshaushalt, bevölkerte die Kolonien, reorganisierte die Armee und förderte durch Gründung zahlreicher Schulen den Volksunterricht. Josephs I. (gest. 24. Febr. 1777) Nachfolgerin auf dem Thron, Maria, eine Freundin des Klerus, entließ aber P. sofort aus seinem Amt und erklärte ihn, wiewohl er seine strengen Maßregeln gegen die Jesuiten durch Aktenstücke, die bisher nicht bekannt geworden waren, rechtfertigte, seine Uneigennützigkeit darlegen und auf große Verdienste um den Staat hinweisen konnte, auf Antrieb seiner Feinde für schuldig und strafwürdig, obwohl sie ihn nicht bestrafen wolle. P. starb 5. Mai 1782 in dem Flecken P. Erst vom Kaiser Dom Pedro von Brasilien wurden seine Verdienste wieder anerkannt. P. war groß und wohlgebaut, von gewinnendem Benehmen, klar, energisch und entschlossen, ein geborner Staatsmann, von dessen großartiger Reformthätigkeit sich die Spuren lange erhalten haben, wenn auch seine Schöpfungen selbst von seinen Nachfolgern zerstört wurden. Vgl. Gattel, Vita di Seb. Gius. di Carvalho (1781, 4 Bde.; franz. 1784); Smith, Memoirs of P. (Lond. 1843, 2 Bde.); Oppermann, P. und die Jesuiten (Hannov. 1845); Carnota, Marquis P. (engl., 2. Aufl., Lond. 1871); Carayon, Prisons du marquis de P. (Par. 1865; ein Tagebuch von 1759 bis 1777 enthaltend).

Pombeiros nannten die Portugiesen eingeborne Händler in Südafrika, welche den Verkehr mit den Kaufleuten an den Küsten vermittelten. Zwei von ihnen, Pedro João Baptista und Antonio José, durchquerten 1802-15 im Auftrag des portugiesischen Kaufmanns Francisco Honorato da Costa in Kassange ganz Südafrika von Loanda bis Mosambik.

Pomègue (Pomégues, spr. -mehgh), franz. Insel im Mittelländischen Meer, vor dem Hafen von Marseille, südlich von der Insel Ratonneau gelegen und mit derselben durch Dämme verbunden, wodurch der Quarantänehafen von Marseille, Port de Frioul, geschaffen worden ist.

Pomeranus, s. Bugenhagen.

Pomeranze und Pomeranzenbaum, s. Citrus.

Pomeranzenblütenöl (Orangenblütenöl, Neroliöl), ätherisches Öl, welches durch Destillation der frischen Orangenblüten mit Wasser gewonnen wird (Ausbeute 0,014 Proz.). Es ist frisch farblos, nach längerm Aufbewahren gelblich bis bräunlichrot, riecht sehr angenehm, schmeckt schwach bitterlich, reagiert neutral, spez. Gew. 0,85-0,90, gibt mit 1 Teil Alkohol eine klare Lösung, besteht aus einem Kohlenwasserstoff und einem sauerstoffhaltigen Körper, der sich aus altem Öl abscheidet (Nerolikampfer). Das aus den Blüten von Citrus Aurantium abgeschiedene Öl ist das feinste und kommt als Neroli petale in den Handel; etwas geringer ist das Neroli bigarade, welches aus den Blüten der Sevillaorange (Citrus bigaradia) gewonnen wird. Neroli petit grain stammt von den Blättern und unreifen Früchten verschiedener Citrus-Arten und ist viel geringer. Man benutzt das P. fast ausschließlich in der Parfümerie.

Pomeranzenblütenwasser (Orangenblütenwasser, Aqua florum aurantii, Aqua florum naphae), mit ätherischem Öl beladenes destilliertes Wasser, wird als Nebenprodukt bei der Bereitung des Pomeranzenblütenöls gewonnen, ist farblos, riecht angenehm und rötet sich auf Zusatz von Schwefelsäure und Salpetersäure. Diese Eigenschaft zeigt auch ein aus Neroliöl und Wasser bereitetes P., verliert sie aber schon nach einigen Monaten. Im Handel findet sich ein stärkeres Präparat, welches durch Verdünnen mit gleichen Teilen Wasser das gewöhnliche P. liefert. Man benutzt es zu kosmetischen Zwecken, als Augenwasser und zur Bereitung likörartiger Getränke.

Pomeranzenschalenöl (Orangenessenz, Portugalessenz, Portugalöl), ätherisches Öl, welches durch Pressen oder durch Destillation mit Wasser aus den Schalen der Früchte von Citrus Aurantium gewonnen wird. Es ist gelbgrünlich, vom spez. Gew. 0,876-0,890, löslich in 5 Teilen Alkohol, wird mit der Zeit dickflüssig und gelblich. Man benutzt es zur Bereitung von Likören und in großer Menge in der Parfümerie, da es seines erfrischenden Geruchs wegen von vielen sehr geschätzt wird.

Pomerellen (Kleinpommern), ursprünglich die Landschaft zwischen der Persante, Netze, Weichsel und der Ostsee, in dieser Ausdehnung auch Kassubenland genannt, stand bis 1295 unter eignen Herzögen. Nach dem Tode des letzten derselben (Mestwin II.) bildete das Land einen Zankapfel zwischen dem Deutschen Ritterorden, Brandenburg und Polen, bis endlich zwischen dem Deutschen Ritterorden und Brandenburg durch Vertrag (1309) eine Teilung stattfand, die jenem den größern Teil des heute zu Westpreußen gehörigen Gebiets, diesem einen Teil von gegenwärtig pommerschen Landschaften (Stolp, Schlawe etc.) zuerkannte. In späterer Zeit wurde der Name P. nur für den westpreußischen Anteil gebraucht, der 1466 an Polen fiel und 1772 (Danzig 1793) in der ersten Teilung Polens an Preußen kam. Vgl. Perlbach, Pomerellisches Urkundenbuch (Danzig 1882).

Pomeridian (lat.), nachmittägig.

Pomerium (Pomoerium, lat.), eigentlich das, was