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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Presse-collé; Pressen; Pressen der Matrosen; Pressensé; Pressentiment; Preßfreiheit; Preßgesetze; Preßhefe

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Presse-collé - Preßhefe.

die Verhandlungen eines Landtags oder einer Kammer eines zum Deutschen Reiche gehörigen Staats und insbesondere über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Reichstags bleiben übrigens von jeder Verantwortlichkeit frei.

In Österreich ist die Preßfreiheit im Art. 13 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dez. 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger gewährleistet. Doch sind das Kautionswesen, der Zeitungs- und Kalenderstempel und die Möglichkeit der administrativen Entziehung der Befugnis zum selbständigen Betrieb des Preßgewerbes (§ 3 des Preßgesetzes vom 17. Dez. 1862) beibehalten. Die vorläufige Beschlagnahme von Druckschriften, welche gegen die Vorschriften des Preßgesetzes ausgegeben oder verbreitet werden, oder welche ihres Inhalts wegen im öffentlichen Interesse zu verfolgen sind, kann von der Sicherheitsbehörde unmittelbar oder auf Veranlassung des Staatsanwalts erfolgen. Letzterer hat alsdann binnen 3 Tagen bei dem zuständigen Gericht um die Bestätigung der Beschlagnahme nachzusuchen, und das Gericht hat binnen weitern 3 Tagen die Bestätigung oder die Aufhebung der Beschlagnahme auszusprechen. Innerhalb 8 Tagen nach erfolgter Bestätigung hat der Staatsanwalt entweder den Antrag auf gerichtliche Voruntersuchung zu stellen, oder keine Anklageschrift zu überreichen, oder aber das sogen. objektive Verfahren einzuleiten. Letzteres ist eine Eigentümlichkeit des österreichischen Rechts. Der Staatsanwalt kann nämlich bei Preßdelikten die Anklage nicht gegen eine bestimmte Person als den Thäter richten, sondern er kann von dem Gericht nur den Ausspruch begehren, daß der Inhalt einer Druckschrift eine strafbare Handlung begründe, und daß daher jene Druckschrift nicht weiter verbreitet werden dürfe. Der hierbei Beteiligte, welcher sich durch eine dem entsprechende Entscheidung verletzt fühlt, hat jedoch das Recht des Einspruchs gegen ein solches Erkenntnis. Wahrheitsgetreue Mitteilungen öffentlicher Verhandlungen des Reichsrats und der Landtage können nicht den Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung bilden.

In Frankreich ist ein sehr freisinniges Preßgesetz 29. Juli 1881 erlassen, welches namentlich die wichtige Bestimmung enthält, daß der Gerant (verantwortliche Redakteur) einer Zeitung neben dem Verfasser in strafrechtlicher Hinsicht haftbar ist, während Drucker und Verbreiter nur wegen Handlungen, die mit ihrem Gewerbe nicht in Verbindung stehen, in Anspruch genommen werden können. Die Preßdelikte, ausgenommen die Beleidigung und Verleumdung von Privatpersonen durch die P., gehören vor die Schwurgerichte. Eine Ergänzung, betreffend Verteilung von unsittlichen Schriften, Bildern u. dgl., hat das franz. Preßgesetz durch ein späteres Gesetz vom 2. Aug. 1882 erfahren. In der Schweiz ist die Preßfreiheit durch die Verfassung vom 19. Mai 1874 (Art. 55) gewährleistet. Auch in der Schweiz und ebenso in Italien (Gesetze vom 26. März 1848 und 20. Juni 1858) gehören die Preßvergehen vor die Schwurgerichte. In Spanien dagegen (Preßgesetz vom 7. Jan. 1879) bestehen für Preßdelikte besondere Gerichtshöfe. In Holland ist volle Preßfreiheit gewährleistet, indem dort ebenso wie in den Vereinigten Staaten von Nordamerika Preßvergehen lediglich nach den allgemeinen Strafnormen zu beurteilen sind. Nur gegen die Verbreitung unsittlicher Schriften besteht in Nordamerika eine Akte vom 3. März 1873. Vgl. die Kommentare zum deutschen Preßgesetz von Schwarze (2. Aufl., Erlang. 1885), Marquardsen (Berl. 1875), Koller (Nördling. 1888); ferner Jaques, Grundlagen der Preßgesetzgebung (Leipz. 1874); Berner, Lehrbuch des deutschen Preßrechts (das. 1875); Liszt, Österreichisches Preßrecht (das. 1878); Derselbe, Das deutsche Reichspreßrecht (Berl. 1880); Honigmann, Die Verantwortlichkeit des Redakteurs (Bresl. 1885); Schuermans, Code de la presse (2. Aufl., Brüssel 1882, 2 Bde.); Barbier, Code explique de la presse (Par. 1887, 2 Bde.); Duboc, Geschichte der englischen P. (Hannov. 1873); Paterson, Liberty of the press (Lond. 1880); Ghirelli, Comento alla legge di stampa (2. Aufl., Neap. 1883).

Presse-collé (franz.), s. Collé.

Pressen, s. Prangen.

Pressen der Matrosen, Leute mit Gewalt zum Dienst auf Kriegsschiffen zwingen; s. Matrosen.

Pressensé (spr. pressangssē), Edmond Déhoult de, hervorragender Theolog des protestantischen Frankreich, geb. 7. Jan. 1824 zu Paris, gewann seine theologische Bildung und Richtung 1842-45 in Lausanne bei Vinet, 1846-47 in Halle und Berlin bei Tholuck und Neander. Im Geiste dieser Männer wirkt er als Prediger und Anwalt der protestantischen Freikirche seit 1847 an der Kapelle Taitbout zu Paris. Unter seinen zahlreichen Schriften nennen wir das gegen Renan gerichtete Werk "Jésus-Christ, son temps, sa vie, son oeuvre" (7. Aufl. 1884; deutsch, Halle 1866); "Histoire des trois premiers siècles de l'Église chrétienne" (Par. 1858-77, 4 Tle.; deutsch, Leipz. 1862-77); "Le concile du Vatican" (2. Aufl. 1879; deutsch, Nördling. 1872); "Les origines. Le problème de la connaissance; le problème cosmologique, etc." (1883; deutsch, Halle 1884); "Variétés morales et politiques" (1885). Auch begründete er 1854 die "Revue chrétienne" und das "Bulletin théologique". Zum Doktor der Theologie ernannte ihn 1867 die theologische Fakultät in Breslau.

Pressentiment (franz., spr. pressangtimāng), Vorgefühl, Vorempfindung, Vorahnung.

Preßfreiheit, das Recht des freien Gebrauchs der Presse (s. d.), namentlich die Befreiung derselben vom Zwang vorbeugender Maßregeln, durch welche man früher auf die Preßerzeugnisse einzuwirken suchte (Präventivsystem), und Beschränkung der Preßgesetzgebung auf bloße Repressivmaßregeln, welche gegen den wirklich strafbaren Inhalt von Preßerzeugnissen und gegen Ausschreitungen der Presse gerichtet sind.

Preßgesetze, Rechtsnormen, welche die Presse betreffen, und zwar namentlich diejenigen, welche den Gebrauch derselben im öffentlichen Interesse regeln und beschränken; s. Presse, S. 332 f.

Preßhefe (Pfundhefe, Pfundbärme), ausgewaschene und möglichst entwässerte Hefe, welche bei der Branntweinbrennerei teils als Nebenprodukt gewonnen, teils in besondern Fabriken hergestellt und wie gewöhnliche frische, nicht entwässerte Hefe benutzt wird. Sie ist sehr wirksam und viel haltbarer und transportfähiger als letztere. Seitdem sich die bittern untergärigen Biere immer mehr verbreiteten, fehlte es den Bäckern an Hefe, da die von jenen Bieren fallende bittere Hefe nicht verwendbar ist. Auch die Branntweinbrenner benutzen diese Unterhefe nicht gern. Durch Auswaschen mit kohlensaurem Ammoniak (bis 30 g auf 500 g Hefe) und Abwässern läßt sich die Hefe entbittern, verliert aber an Kraft und wird erst wieder wirksamer, wenn man sie mit Weinsäure schwach ansäuert und mit wenig süßer Bierwürze einige Zeit stehen läßt. Die Hefenbildung bei der Gärung der Maische hat man lange Zeit über-^[folgende Seite]