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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Prospekt - Prostitution.

gibt, die Gedanken des Gegners wie im Selbstgespräch an das Licht zu ziehen.

Prospékt (lat.), Aussicht, Ansicht, Darstellung der äußern Ansicht eines Gebäudes, einer Stadt etc.; in Petersburg Benennung der langen, regelmäßigen Straßen; Darlegung des Plans und Inhalts einer Unternehmung, besonders eines litterarischen oder künstlerischen Werkes, mit Angabe des Inhalts und Probe von der Einrichtung desselben; die dem Schiff der Kirche zugewendete, ornamentierte Orgelfassade, in welcher die sauber polierten, symmetrisch angeordneten Prospektpfeifen eingestellt sind.

Prosperieren (lat.), gedeihen, guten Fortgang haben; Prosperität, Gedeihen, Wohlfahrt.

Prospizieren (lat.), vorsehen, voraussehen, Vorsichtsmaßregeln nehmen; Prospizienz, Voraussicht.

Prossĭmo (ital., sc. mese), kaufmännisch s. v. w. nächsten Monat; p. passato, nächstvergangenen Monat; p. venturo, nächstkommenden Monat.

Proßnitz (tschech. Prostějov), Stadt in Mähren, in der Landschaft Hanna, an der Mährisch-Schlesischen Nordbahn, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat 4 Vorstädte, ein altertümliches Rathaus, eine deutsche und eine tschech. Oberrealschule, eine Webschule, ein städtisches Krankenhaus und ein Spital der Barmherzigen Brüder, Gasbeleuchtung und (1880) 18,417 Einw., darunter 1800 Juden. P. ist ein bedeutender Getreidemarkt, besonders für die sehr geschätzte Hannagerste. Die Industrie liefert Barchent, Schuhwaren, Männerkleider (in großem Maßstab), Branntwein, Bier, Malz und landwirtschaftliche Maschinen. Auch wird starke Gänsezucht betrieben.

Prostas, im altgriechischen Haus der Versammlungsort der Familie (s. den Plan bei Art. "Griechenland", S. 682).

Prostăta (griech.), Vorsteherdrüse (s. d.); Prostatitis, Entzündung derselben; Prostatorrhöe, reichlicher Erguß des Prostatasaftes aus der Harnröhre, am meisten bei geschlechtlicher Schwäche, chronischer Prostataentzündung etc.

Prosternieren (lat.), nieder-, zu Boden werfen.

Prosthēse (Prosthĕsis, griech.), ein Kunstausdruck, mit dem die ältere Grammatik die Verlängerung eines Wortes durch Hinzufügung einer Silbe oder eines Buchstaben am Anfang desselben bezeichnete. Doch hat die vergleichende Sprachforschung dargethan, daß in den meisten Fällen dieser Art, wie in "gegangen" neben "gangen" (z. B. in er-gangen), glouben (glauben) neben louben, das beigefügte Element nicht willkürlich angesetzt, sondern der Rest eines selbständigen Wortes ist. - In der Chirurgie bezeichnet P. den künstlichen Wiederersatz verstümmelter oder verloren gegangener Körperteile (s. Plastische Operationen).

Prostituieren (lat.), bloßstellen, öffentlich preisgeben, entehren, schänden; Prostituierte, s. v. w. öffentliche Dirne. Vgl. Prostitution.

Prostitution (lat.), "Preisgebung", besonders Selbstpreisgebung eines Frauenzimmers zur Unzucht, wenn dieselbe mehr oder minder offen als Gewerbe betrieben wird. Schon das frühste Altertum kannte feile Frauen. Die Patriarchen und Propheten des Alten Testaments bezeugen, daß zu ihrer Zeit schon P. bestand (1. Mos. 34, 31; 38, 15); doch war die P. den Töchtern Israels untersagt. In Chaldäa herrschte unter den wilden und kriegerischen Bergvölkern die gastliche P.; in Babylon trieb man die P. in Form eines Kultus der Venus oder Mylitta; dort zwang das Gesetz jede Frau, einmal in ihrem Leben im Tempel der Venus sich einem Fremden preiszugeben. Dieser Kultus breitete sich über Cypern, Phönikien und andre Länder Kleinasiens aus. Auch die Ägypter hatten zu Ehren der Isis (Pascht) Feste, bei welchen die schrecklichsten Ausschweifungen stattfanden. Die Griechen scheinen einen solchen Kult für ihre Aphrodite nicht gekannt zu haben; dagegen führte Solon die gesetzliche P. ein, und das Hetärenwesen Griechenlands war nichts andres als eine dem Kulturzustand des Volkes gemäß verfeinerte P. Die Römer hatten öffentliche Freudenhäuser (lupanaria und fornices) sowie selbständige Lustdirnen (meretrices und prostibulae), und in ihren Bädern pflegten sich feile Frauen einzufinden. Der keusche Sinn, die Sittsamkeit und Ehrbarkeit, welche den Frauen und Mädchen der alten Germanen in hohem Grad eigen war, ging zu einem großen Teil mit dem Eindringen römischer Kultur und in der Berührung mit andern Völkern verloren. Zwar suchten die christlichen Gesetzgeber und Regenten dem sittlichen Übel zu steuern; so gab Karl d. Gr. in seinen Kapitularien das erste Beispiel einer übertriebenen Strenge. Allein trotz der harten Strafe, mit der 1158 auch Friedrich I. Barbarossa die Unzucht verfolgte, war doch nichts häufiger als liederliche Frauen und Frauenhäuser. Hierzu trugen die Kreuzzüge wesentlich bei, und das europäische Mittelalter kannte neben der zarten Minne auch die P. in ihrer widerwärtigsten Gestalt. Man sah im Mittelalter die P. als einen notwendigen Teil des staatlichen Organismus an und strebte in den Städten dahin, das Verhältnis zwischen P. und Stadtregiment auf Grund eines gegenseitigen Vertrags zu ordnen. Die Obrigkeit kontrollierte an manchen Orten die Frauenhäuser und nahm die Wirte, welche Bedienstete des Rats waren, in Pflicht und Eid, daß sie die nötige Anzahl von Frauen vollständig hielten; anderwärts gab man den Prostituierten eine Zunftordnung, erhob aber von ihnen Gefälle und stellte sie unter Aufsicht des Stockmeisters oder Henkers. Überall aber bediente man sich der öffentlichen Buhlerinnen ohne Scham und Scheu. Das Konzil zu Konstanz (1414) lockte nicht weniger als 700 feile Frauen herbei. Noch im Dreißigjährigen Krieg folgten den Heeren große Scharen von Dirnen.

In den halbzivilisierten Ländern der Neuzeit tritt die P. in sehr ungezügelter Form auf. Die Almehs in Ägypten, die Nautschmädchen in Indien sind die Vertreterinnen der gemeinen P. wie die Puzen auf Java und die Sives in Polynesien. In schlimmster Weise treiben das Geschäft der P. die "Blumenmädchen" in China, die teils in "Blumenbooten" auf dem Wasser, teils in "blauen Häusern" auf dem Land Gäste empfangen; dort werden arme Kinder, die gestohlen oder von ihren Eltern verkauft wurden, lediglich zur P. herangebildet. Auch die Japaner betreiben P. in großem Stil: unbemittelte Leute verkaufen ihre Töchter in die "Theehäuser", welche unter dem Schutz der Regierung stehen; Sinagawa, eine Vorstadt Tokios, wird nur von Freudenmädchen bewohnt; allein kein Schimpf ist mit dem Gewerbe verknüpft, die öffentlichen Dirnen sind sogar sehr gesucht als Frauen und leben später in der Ehe unbescholten. - In den zivilisierten Ländern der Gegenwart bemüht man sich in immer erhöhtem Grad um die Einschränkung der P. Im allgemeinen beobachtet man zwei entgegengesetzte Systeme: auf der einen Seite die bedingte Toleranz, auf der andern Seite die gewaltigsten Anstrengungen zur Unterdrückung der P. Man hat indes erfahren, daß die heimliche P. in