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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Protestantische Freunde; Protestantismus; Protestation; Proteus; Protevangelium; Prothallium; Prothese

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Protestantische Freunde - Prothese.

politischen Katastrophe, welche bald darauf zum Rücktritt erst des Oberkirchenratspräsidenten Herrmann, dann des Kultusministers Falk führte, möglich, den P. gleichsam in Acht und Bann zu thun. Seinen Anhängern wurden, wo sie von Gemeinden gewählt wurden, vom Gesetz nicht immer vorgesehene Kolloquia abverlangt und auf Grund derselben Bestätigung verweigert. Unter dem Druck so ungünstiger Verhältnisse fanden statt der elfte Protestantentag in Hildesheim 1878, der zwölfte 1880 zu Gotha, der dreizehnte 1881 in Berlin, der vierzehnte 1883 in Neustadt a. Hardt, der fünfzehnte 1885 in Hamburg und der sechzehnte in Wiesbaden 1886. Organe des Protestantenvereins sind die zu Elberfeld erscheinenden "Protestantischen Flugblätter", das zu Bremen erscheinende "Deutsche Protestantenblatt" und die Berliner "Protestantische Kirchenzeitung" sowie das "Jahrbuch des deutschen Protestantenvereins" von Hoßbach und Thomas (1869-72). Vgl. Rothe, Zur Debatte über den Protestantenverein, in der "Allgemeinen kirchlichen Zeitschrift" (1864); Schenkel, Der deutsche P. (neue Ausg., Wiesb. 1871).

Protestantische Freunde nannten sich die seit 1841 in Norddeutschland zusammengetretenen Anhänger einer freien Richtung in Leben und Lehre der Kirche. Sie sind die Vorläufer der sogen. Freien Gemeinden (s. d.) geworden.

Protestantismus (lat.), Gesamtbezeichnung desjenigen Hauptzweigs der christlichen Kirche, welcher sich im 16. Jahrh. infolge der Reformation (s. d.) von der römisch-katholischen Kirche getrennt hat. Der Name schreibt sich von der Protestation her, welche die evangelischen Stände, nämlich der Kurfürst Johann der Beständige von Sachsen, der Markgraf Georg von Brandenburg, die Herzöge Ernst und Franz von Lüneburg, der Landgraf Philipp von Hessen, der Fürst Wolfgang von Anhalt und 14 Reichsstädte, gegen den Reichstagsabschied von Speier 1529 erhoben. Derselbe bestimmte, daß diejenigen Stände, welche bisher das Edikt von Worms gehalten hätten, es auch fernerhin halten, die übrigen sich aber in keine weitern Neuerungen einlassen und niemand verwehren sollten, Messe zu halten. Gegen diesen Reichstagsabschied legten die oben genannten Reichsstände 19. April 1529 feierlich Protestation ein und appellierten 25. April an den Kaiser, an ein allgemeines oder deutsches Konzil und an jeden unparteiischen christlichen Richter. Doch ging der Name Protestanten bald auf alle Anhänger der Grundsätze der Reformation über. Grundforderung derselben war: objektiv die Zurückführung der kirchlichen Lehre und Praxis auf ihre im Evangelium bezeugte ursprüngliche Reinheit, subjektiv die persönliche Gewißheit des Heils in der von priesterlicher Vermittelung unabhängigen, unmittelbaren, innern Erfahrung des religiösen Gemüts, in seinem "Glauben". Daher behaupteten die Reformatoren einesteils das alleinige Ansehen der Heiligen Schrift in Glaubenssachen und andernteils die alleinige Herkunft des Heils aus Gott mit Ausschluß menschlicher Verdienste und selbstgewählter Vermittelungen. Jenes, das alleinige Ansehen der Heiligen Schrift, nennt man, wie es scheint im Anschluß an Bayers "Compendium theologiae positivae" (1686), seit Anfang unsers Jahrhunderts (Wegscheider und Bretschneider) das formale, dieses, die der Werkgerechtigkeit entgegengesetzte Rechtfertigung durch den Glauben, das materiale Prinzip der protestantischen Glaubenslehre. Durch die verschiedene Auffassung einzelner Glaubenslehren, besonders derjenigen vom Abendmahl (s. d.) und von der Prädestination (s. d.), ward noch während der Reformation eine Trennung der protestantischen Kirche in die lutherische (s. d.) und reformierte (s. d.) hervorgerufen, die durch die Konkordienformel (s. d.) 1580 und durch die Beschlüsse der Dordrechter Synode 1618 noch erweitert ward. In beiden Kirchen haben sich wieder kleinere Sekten und Parteien gebildet und abgeschieden; alle Verzweigungen der protestantischen Kirche aber stimmen darin überein, daß sie der Behauptung der römisch-katholischen Kirche, die unfehlbare und alleinseligmachende zu sein, widersprechen und demgemäß die Oberherrschaft des "unfehlbaren" Papstes und der Bischöfe sowie die Anrufung der Jungfrau Maria und der Heiligen, die Klostergelübde und den Cölibat der Geistlichen, den Ablaß und andre unbiblische Andachtsmittel, das Meßopfer und die Siebenzahl der Sakramente, die Lehre vom Fegfeuer und die Verdienstlichkeit der guten Werke (Fasten, Kirchenbesuch, Almosen etc.) vor Gott verwerfen. Da in dem Namen "protestantische Kirche" nur eine negative Bedeutung (der Widerspruch gegen die Anmaßungen und Lehren der katholischen Kirche) zu liegen schien, so hat man denselben in der neuern Zeit, nachdem die lutherische und reformierte Kirche in einem großen Teil Deutschlands vereinigt waren (s. Union), auch mit dem Namen evangelische Kirche vertauscht, welcher Name dem sogen. Formalprinzip des P. entspricht. Vgl. Schenkel, Das Wesen des P. (2. Aufl., Schaffh. 1862); Hundeshagen, Der deutsche P. (3. Aufl., Heidelb. 1850); Gaß, Geschichte der protestantischen Dogmatik (Berl. 1854-67, 4 Bde.); Frank, Geschichte der protestantischen Theologie (Leipz. 1862 bis 1865, 2 Bde.); Dorner, Geschichte der protestantischen Theologie (Münch. 1867); Schweizer, Die protestantischen Zentraldogmen (Zürich 1854-56, 2 Bde.); Kahnis, Der innere Gang des deutschen P. (3. Aufl., Leipz. 1874).

Protestation (lat., Protest), Einsprache, Widerrede, insbesondere Verwahrung gegen nachteilige Deutung eigner Handlungen; dann Einspruch gegen Handlungen oder Erklärungen Dritter; im Wechselrecht die Beurkundung der nicht erfolgten Annahme oder Zahlung eines Wechsels oder der Vermögensunsicherheit des Bezogenen. Protestieren, Verwahrung einlegen; einen Wechsel protestieren, s. v. w. einen Wechselprotest erheben (s. Wechsel).

Proteus, Olm.

Proteus, bei Homer ein dem Poseidon untergebener weissagender Meergreis, welcher auf der ägyptischen Insel Pharos die Robben der Amphitrite weidet. Dort entsteigt er mittags der Flut und schläft, von Robben umgeben, im Schatten der Uferfelsen. Wenn er weissagen soll, muß man ihn überlisten und festhalten, da er durch Verwandlung in die verschiedensten Gestalten zu entkommen sucht. Er gab dem Paris ein Schattenbild statt der wahren Helena und stellte diese dem Menelaos nach seiner Rückkehr von Troja wieder zu. Auf Bildwerken ist P. noch nicht sicher nachgewiesen.

Protevangelium (griech.), die erste Weissagung vom Messias im Alten Testament, wie sie die alte Theologie in 1. Mos. 3, 15 finden wollte.

Prothallium (Protonema, griech., Vorkeim), bei den stammbildenden Kryptogamen das aus den keimenden Sporen zunächst hervorgehende, in seinem Wachstums- und Gestaltverhältnissen noch mit dem Thallus der Thallophyten übereinstimmende Organ (vgl. Moose, Farne und Gefäßkryptogamen).

Prothese (griech.), s. v. w. Prosthese (s. d.).