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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pseud… - Pseudoleukämie

von Staaten und Privatleuten u. s. w. - Vgl. Swoboda, Die griech. Volksbeschlüsse (Lpz. 1890).

Pseud…, s. Pseudo….

Pseudalĭus, s. Lungenwürmer,

Pseudarthrōsis (grch.), falsches Gelenk, s. Gelenk.

Pseudepigrāphen (grch., d. h. Schriften unter falschen Namen), im kirchlichen Sprachgebrauch eine Reihe von Schriften, die unter den Namen von alten Gottesmännern und Propheten, wie Henoch, Moses, Jesaias, Jeremias, Ezechiel, Baruch, Esra u. s. w. in Umlauf gesetzt wurden. Dieselben werden von den Apokryphen (s. d.) des Alten Testaments noch unterschieden. Eigentlich gehören auch mehrere im alttestamentlichen Kanon stehende Bücher, wie das Hohe Lied und Koheleth, in diese Kategorie. Die sehr zahlreich unter falschem Namen verbreitete neutestamentliche Litteratur wird, soweit die ältere Kirche ihre Pseudonymität durchschaute, unter dem Namen «Apokryphen des Neuen Testaments» zusammengefaßt. Sammlungen der P. des Alten Testaments haben Fabricius, «Codex pseudepigraphus Veteris Testamenti» (2. Aufl., 2 Bde., Hamb. 1722‒41), Gfrörer, «Prophetae veteres pseudepipgraphi» (Stuttg. 1840), und Fritzsche, «Libri Veteris Testamenti pseudepigraphi selecti» (Lpz. 1871), herausgegeben.

Pseudo… (vor Vokalen Pseud…, vom grch. pseudein, belügen, täuschen), als Vorsilbe in Zusammensetzungen, bedeutet: falsch, After….

Pseudoaconitin, s. Aconitin.

Pseudochrysolīth, Glasmasse, s. Obsidian.

Pseudoclementinische Schriften, s. Clemens Romanus.

Pseudodiptĕros, ein griech. Tempel, der eine ringsum laufende Säulenhalle von solcher Breite hatte, wie ein wirklich von einer doppelten Säulenhalle umgebener Dipteros.

Pseudodŏxie (grch.), falsche Lehre, Irrlehre.

Pseudoerysipēl (grch.), falsche Rose (Phlegmone diffusa), eine ausgebreitete heftige Entzündung der Haut und des Unterhautzellgewebes, welche in ihren Symptomen manche Ähnlichkeit mit dem echten Erysipel oder der Rose (s. d.) hat, von dieser aber durch ihren atypischen Verlauf unterschieden ist. Sie führt meist zu ausgebreiteter Eiterbildung, oft auch zu brandiger Zerstörung des Unterhautzellgewebes. Die Behandlung hat für baldige Entleerung der entstandenen Abscesse durch tiefe Einschnitte sowie für einen sorgfältigen antiseptischen Verband zu sorgen. – Vgl. Tillmanns, Erysipelas (Stuttg. 1884).

Pseudohermaphroditismus, s. Hermaphroditismus (Bd. 9, S. 75 b).

Pseudoisatīn, eine mit dem Isatin (s. d.) isomere Verbindung von der Konstitutionsformel

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das Laktam der Isatinsäure. Diese Verbindung existiert nicht für sich, wohl aber kennt man Derivate derselben, bei denen der Wasserstoff der NH-Gruppe durch Alkylgruppen ersetzt ist, z. B. ein Methylpseudoisatin, und die verschieden sind von den ätherartigen Alkylderivaten des Isatins:

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Methylisatin Methylpseudoisatin.

Pseudoisidōr, Dekretalen des, oder pseudoisidorische Dekretalen, eine kirchliche Rechtssammlung, welche um die Mitte des 9. Jahrh. im Frankenreiche auftritt und von einem unbekannten, wahrscheinlich westfränkischen und der Reimser Kirchenprovinz angehörigen Geistlichen veranstaltet ist. Dieselbe giebt sich den Anschein identisch zu sein mit einer ältern, dem Isidor von Sevilla fälschlich zugeschriebenen kirchenrechtlichen Sammlung, die auch im Frankenreiche verbreitet war, der sog. Hispana. Sie unterscheidet sich aber von derselben namentlich dadurch, daß sie viele Bestandteile enthält, die in jener fehlen und die sich durchweg als Fälschungen charakterisieren. Der Verfasser hat nämlich nicht nur eine Anzahl gefälschter Aktenstücke, die schon verbreitet waren, in seine Sammlung aufgenommen, sondern auch selbst zahlreiche Briefe gefertigt, welche er mosaikartig aus Stellen von Schriftstellern, Gesetzen, Konzilienbeschlüssen zusammensetzte und als von den ältesten Päpsten des 1. und 2. Jahrh. ausgegangen bezeichnet. Bei dieser groben Fälschung ist als ausgesprochene Tendenz erkennbar, die ältesten Zeugen des Christentums Lehren aussprechen zu lassen, welche zu den Zuständen des Fränkischen Reichs in scharfem Gegensatz stehen, und somit diese als schädlich und abänderungswürdig zu bezeichnen. Insbesondere handelte es sich dabei um eine vollständige Emancipation der Kirche von der Staatsgewalt, speciell von der weltlichen Gerichtsbarkeit. Daneben ist die Stärkung des röm. Primats hauptsächliche Tendenz der Fälschung. Die Päpste haben die pseudoisidorischen Materialien benutzt, die denn auch in die Rechtssammlungen und in das Corpus juris canonici eingeschlossen sind und die Rechtsentwicklung der Kirche seit Ende des 9. Jahrh. (Nikolaus Ⅰ.) geradezu entscheidend beeinflußt haben. Daß das pseudoisidorische Werk Fälschungen enthalte, ist seit dem 14. Jahrh. (Nikolaus von Cusa) geahnt, seit dem 16. Jahrh. (Magdeburger Centuriatoren, Blondel) nachgewiesen, und die Vertreter der Echtheit (Torres) sind gänzlich widerlegt worden. Heute ist die Fälschung unbestritten. Eine kritische Ausgabe mit wertvollen Specialuntersuchungen hat Hinschius (Lpz. 1863) veranstaltet. – Vgl. Maaßen, Neun Kapitel über freie Kirche und Gewissensfreiheit (Graz 1876).

Pseudoisochromatische Tafeln, zur Erkennung der Farbenblindheit (s. d.) dienendes Mittel. Es sind Tafeln, auf denen der Grund einerseits und die aufgedruckten Zeichen, Buchstaben u. s. w. andererseits in solchen Farben hergestellt, die dem farbenblinden Auge gleich, dem normalen dagegen verschieden erscheinen; jenes kann daher die Zeichen vom Grunde nicht unterscheiden. Für die verschiedenen Kategorien der Farbenblindheit sind verschiedene Tafeln erforderlich.

Pseudokrupp, s. Kehlkopf (Bd. 10, S. 277 a).

Pseudoleukämie (grch.), Hodgkinsche Krankheit oder Adenie, eine im ganzen seltene Krankheit, die sich durch geschwulstförmige Neubildungen in den Lymphdrüsen, der Milz und andern Organen, sowie durch eine rasch zunehmende allgemeine Blutarmut und Entkräftung zu erkennen giebt und somit Ähnlichkeit mit der Leukämie (s. d.) besitzt; von der letztern unterscheidet sie sich hauptsächlich dadurch, daß bei ihr das Blut keine oder wenigstens keine erhebliche Zunahme der weißen Blutkörperchen erfährt. Gewöhnlich vergrößern sich zuerst die Lymph- ^[folgende Seite]