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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Quecksilbermittel - Quecksilberoxydsulfat

pumpe (s. d.). Schon Torricellis Zeitgenossen versuchten nach dem Princip des Torricellischen Versuchs einen größern luftleeren Raum herzustellen. In eine praktische Form wurde die Q. aber erst auf Anlaß der Untersuchungen Ludwigs über die Blutgase durch den Bonner Glasbläser Geistler gebracht. Man denke sich zwei Glasgefäße A und B (s. beistehende Abbildung) durch ein Glasrohr und einen Schlauch in Verbindung gebracht und teilweise mit Quecksilber gefüllt. Der Hahn H hat eine Längsbohrung, die A mit dem Luftraum, und eine Querbohrung, die A mit r in Verbindung setzt. Man denke sich den Hahn in die erstere Stellung gebracht und B so weit erhoben, daß A sich vollständig füllt, hierauf H geschlossen und B etwa um die Barometerhöhe gesenkt, so entsteht in A ein Torricellischer leerer Raum. Wäre an r ein Recipient gesetzt, so könnte man ihn durch passende Hahnstelluugn entleeren. Das beschriebene Verfahren kann wiederholt werden. Die Q. ist von Jolly und besonders von Töpler sehr vervollkommnet worden. Dieselbe erlaubt die größten bisher erreichten Verdünnungen zu erzielen. Man fertigt damit die Geißlerschen Röhren, die Crookesschen Röhren, die Glühlampen und die Gassiotschen Vacuumröhren an. Die letztern zeigen eine so starke Verdünnung an, daß selbst hochgespannte Induktionsfunken des Ruhmkorffschen Apparats nicht hindurchgehen.

Quecksilbermittel, Merkurialmittel (Mercurialia), sehr kräftige, aber auch bei Mißbrauch sehr giftig wirkende Arzneimittel. Da durch falsche Anwendung der Q. sowohl akute Vergiftungsfälle, als auch eine chronische Krankheit (die Merkurialkrankheit) entstehen kann, so ist die neuere Medizin vorsichtiger in ihrem Gebrauch geworden. (S. Quecksilbervergiftung.) Man benutzt diese Mittel gegenwärtig hauptsächlich zur Heilung der Syphilis (s. d.), wo sie trotz der Anfeindungen der sog. Antimerkurialisten als unschätzbare, geradezu specifisch wirkende Heilmittel noch immer ganz unentbehrlich sind und teils innerlich, teils äußerlich als Einreibung in die Haut (Schmierkur) und als subkutane Einspritzung vielfache Anwendung finden; ferner zur Tötung gewisser Schmarotzer und krankheiterregender Bakterien, zur Förderung der Aufsaugung und Zerteilung gewisser Entzündungsformen, einige derselben auch als Ätz- oder Abführmittel u. s. w. Die am meisten angewendeten Q.

sind das Quecksilberchlorid (Hydrargyrum bichloratum), Quecksilberchlorür (Hydrargyrum chloratum), das Quecksilberjodür oder gelbe Iodquecksilber (Hydrargyrum jodatum), das Quecksilberjodid oder rote Jodquecksilber (Hydrargyrum bijodatum), das rote Quecksilberoxyd (Hydrargyrum oxydatum), das weiße Quecksilberpräcipitat (Hydrargyrum praecipitatum album), das salpetersaure Quecksilberoxydul (Hydrargyrum nitricum oxydulatum) als Salz und in Lösung (Liquor Bellostii), Cyanquecksilber (Hydrargyrum cyanatum) und neuerdings zu subkutanen Einspritzungen der Liquor Hydrargyri albuminati (eine aus Quecksilberchlorid und Eiweiß bereitete Flüssigkeit) und der Liquor Hydrargyri peptonati (eine aus Quecksilberchlorid und Pepton bereitete Flüssigkeit); nur selten gebraucht werden noch schwarzes Quecksilberoxydul (Hydrargyrum oxydulatum nigrum, Hahnemanns auflösliches Quecksilber), Schwefelspießglanzquecksilber (Spießglanzmohr, Hydrargyrum et Stibium sulfuratum) und schwarzes Schwefelquecksilber (mineralischer oder Quecksilbermohr, Hydrargyrum sulfuratum nigrum). Die häufig benutzte graue Quecksilbersalbe (s. d.) und das Quecksilberpflaster (s. d.) enthalten neben geringen Mengen von Quecksilberoxydul das Metall in metallischem Zustande, aber sehr fein zerteilt. Das Quecksilber wurde erst von den arab. Ärzten als Arznei in verschiedenen Präparaten, jedoch nur äußerlich angewendet und gelangte so zur Kenntnis der übrigen Nationen. Der innere Gebrauch wurde geraume Zeit hindurch noch sehr gescheut und erst durch van Swieten allgemeiner eingeführt, nachdem auch die fortschreitenden Kenntnisse in der Chemie denselben durch Auffinden und zweckmäßigere Bereitung einzelner Präparate erleichtert hatten.

Quecksilbermohr, s. Quecksilbersulfid.

Quecksilbernitrat, salpetersaures Quecksilber. a. Quecksilberoxydulnitrat, Hydrargyrum nitricum oxydulatum, Hg2(NO3)2, erhält man, wenn man gleiche Teile Quecksilber und Salpetersäure bei gewöhnlicher Temperatur 4-5 Tage in Berührung läßt, wobei das Salz sich in Krystallen ausscheidet. Es löst sich in wenig Wasser unzersetzt, bei mehr Wasser scheidet sich gelbes basisches Salz aus. Eine unter Zusatz von Salpetersäure bereitete 10prozentige Lösung des Salzes war bis 1882 als Liquor Hydrargyri nitrici oxydulati offizinell. b. Quecksilberoxydnitrat, Hg(NO3)2, entsteht als in Nadeln krystallisierendes, sehr zerfließliches Salz beim Lösen von Quecksilberoxyd in Salpetersäure. Die Lösung färbt Eiweißstoffe violettrot (Millons Reagens). Das Quecksilberoxydnitrat verbindet sich mit Harnstoff zu einer unlöslichen Verbindung und wird deshalb zur Bestimmung dieses Körpers verwendet.

Quecksilberoxychlorid, s. Quecksilberchlorid.

Quecksilberoxycyanid, Hydrargyrum oxycyanatum, Hg(CN)2*HgO, erhält man in weißen Nadeln, wenn man Quecksilberoxyd in Quecksilbercyanidlösung einträgt und zur Krystallisation abdampft. Es ist offizinell, aber von nicht konstanter Zusammensetzung.

Quecksilberoxyd oder Merkurioxyd, Hydrargyrum oxydatum, Mercurius praecipitatus ruber, HgO, rotes Quecksilberpräcipitat, entsteht als rotes krystallinisches, in Wasser unlösliches Krystallpulver, wenn Quecksilberoxydnitrat mit dem gleichen Gewicht Quecksilber gemischt und in einem Destillierapparat bis zum Verschwinden der anfangs entweichenden sauren Dämpfe erhitzt wird, oder als Hydrargyrum oxydatum via humida paratum als gelber Niederschlag, wenn eine Lösung von Quecksilberchlorid mit Alkalihydrat gefällt wird. Bei 500° zerfällt das Q. in Quecksilber und reinen Sauerstoff, der auch so dargestellt wird. In der Medizin wird es gegen Syphilis sowie als Augensalbe gegen chronische Augenentzündungen angewendet.

Quecksilberoxydsulfat, Quecksilbersulfat, Merkurisulfat, Quecksilbervitriol, HgSO4, wird dargestellt, indem man gleiche Gewichtsteile Quecksilber und Schwefelsäure im Eisenkessel erhitzt, bis eine trockne weiße Krystallmasse zurückbleibt. Wird diese mit viel Wasser vermischt, so tritt Zersetzung ein, und es scheidet sich in Wasser unlös-