Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

1049

Rückenmarkshautentzündung – Rückenwehren

fall in der Anwendung von innern Reizmitteln (Ätherinjektionen, Wein, starker Kaffee), im weitern Verlauf in einer zweckmäßigen diätischen und elektrischen Behandlung; auch werden vorsichtige Kaltwasserkuren sowie der Gebrauch der kohlensäurereichen Eisenbäder (Cudowa, Elster, Schwalbach u. a.) sehr empfohlen. – Vgl. Rigler, Über die Folgen der Verletzungen auf Eisenbahnen, insbesondere der Verletzungen des Rückenmarks (Berl. 1879).

Rückenmarkshautentzündung, s. Rückenmarkskrankheiten.

Rückenmarkskrämpfe, s. Krampf.

Rückenmarkskrankheiten. R. sind infolge der geschützten Lage des Rückenmarks im knöchernen Rückgratskanal verhältnismäßig selten und zerfallen in Krankheiten der Rückenmarkshäute und ihrer Umgebung und in solche des Rückenmarks selbst. Die Rückenmarkshautentzündung (Meningitis spinalis) entsteht nach Verletzungen und Entzündungen der Wirbelknochen sowie im Verlauf allgemeiner Tuberkulose oder tritt epidemisch als Genickkrampf (s. d.) auf und führt anfangs zu erhöhter Reizbarkeit des Rückenmarks, die sich in heftigen Schmerzen, erhöhter Reflexerregbarkeit und Krämpfen ausspricht, später zu ausgebreiteten Bewegungs- und Empfindungslähmungen; die Krankheit bedroht das Leben in hohem Grade, und Heilungen gehören zu den Seltenheiten. Die Wassersucht des Rückenmarks (Hydrorrhachis), die entweder angeboren ist oder im Verlauf chronischer Entzündungen entsteht, führt durch Druck zu Schwund des Rückenmarks und ist gleichfalls von doppelseitigen Lähmungserscheinungen begleitet. Von den Erkrankungen des Rückenmarks selbst sind zu erwähnen die Rückenmarksentzündung (Myelitis), die meist einen chronischen Verlauf nimmt und zur allgemeinen oder zur herdweisen Verhärtung (Sklerose) mit Untergang zahlreicher Nervenfasern führt, und die Rückenmarkschwindsucht (s. d.), sowie die Spinalirritation, die krankhaft erhöhte Empfindlichkeit des Rückenmarks (s. Rückenschmerzen). Zu den seltenern Affektionen des Rückenmarks gehören die Poliomyelitis, die akute aufsteigende Spinallähmung sowie die spastische Spinallähmung oder Seitenstrangsklerose. (S. Lähmung.) Verletzungen und Quetschungen des Rückenmarks infolge von Bruch oder Verrenkung der Wirbelsäule haben meist unheilbare Lähmungen der Gliedmaßen, der Rumpf-, Blasen- und Darmmuskulatur, bisweilen auch durch Unterbrechung der Atmungsthätigkeit plötzlichen Tod zur Folge. Eigentümliche Störungen der Rückenmarksfunktionen treten bisweilen nach Eisenbahnunfällen auf. (S. Rückenmarkserschütterung.) – Vgl. Leyden, Klinik der R. (2 Bde., Berl. 1874‒75); Erb, Krankheiten des Rückenmarks (2. Aufl., Lpz. 1878).

Rückenmarksnerven, s. Rückenmark.

Rückenmarkschwindsucht, Rückenmarksdarre (Tabes dorsualis), die häufigste Rückenmarkskrankheit. Sie beruht auf einer von unten nach oben fortschreitenden atrophischen Entartung der hintern Rückenmarksstränge (Hinterstrangsklerose) und der hintern Nervenwurzeln, die sich durch allmählich entstehende Verminderung des Tast- und Muskelgefühls und durch fortschreitende Lähmung der untern, später auch der obern Extremitäten charakterisiert und vorwiegend bei jüngern Männern, seltener bei Frauen beobachtet wird. Als Ursachen der Krankheit werden geschlechtliche Ausschweifungen und Erschöpfungen, Syphilis sowie starke Erkältungen bei durchnäßtem Körper und erbliche Disposition angegeben. Das erste auffallende Symptom der R. ist das Fehlen der Koordination, des zu einer beabsichtigten Bewegung notwendigen normalen Zusammenwirkens der einzelnen Muskeln, wodurch eine eigentümliche Unsicherheit (Ataxie) des Ganges, namentlich ein sehr charakteristisches Schleudern der Beine entsteht; im weitern Verlauf gesellen sich ausgebreitete Anästhesien, Nervenschmerzen, Impotenz, Erschwerung der Harn- und Stuhlentleerung, Seh- und Hörstörungen, selbst Erblindung hinzu. Der Verlauf der Krankheit ist immer chronisch, oft über Jahrzehnte ausgedehnt. Als Heilmittel dienen warme Bäder, namentlich Badekuren in Oeynhausen, Gastein und Wildbad und die örtliche Anwendung der Elektricität, besonders des konstanten Stroms; gegen die oft überaus heftigen Schmerzen sind die narkotischen Mittel nicht zu entbehren.- Vgl. Erb, Krankheiten des Rückenmarks (2. Aufl., Lpz. 1878); Leyden, Tabes dorsualis (Wien 1882).

Rückenmarkswassersucht, s. Rückenmarkskrankheiten.

Rückenriemen, s. Kumtgeschirr.

Rückenrundemaschine, s. Buchbinderei (Bd. 3, S. 650 b).

Rückensaite, soviel wie Wirbelsaite, s. Chorda und Embryo (Bd. 6, S. 71 a).

Rückenschild, s. Herzschild (in der Heraldik).

Rückenschmerzen, Schmerzen, die entweder auf Muskelrheumatismus (s. Rheumatismus) oder auf entzündlichen Vorgängen im Rippenfell (s. Brustfellentzündung), in den Wirbeln und ihren Gelenken, oder auf einer krankhaft erhöhten Empfindlichkeit des Rückenmarks beruhen, die man als Spinalirritation oder Spinalneuralgie zu bezeichnen pflegt. Dieselbe giebt sich durch große Empfindlichkeit der Wirbelgegend, durch Unruhe, Müdigkeitsgefühl und Schmerzen in den Beinen, häufig auch durch Harndrang oder andere Harnbeschwerden, durch Stuhlverstopfung, große Reizbarkeit der Genitalien und mannigfache andere Nervensymptome (Herzklopfen, Kongestionen, Schlaflosigkeit, trübe und hypochondrische Stimmung u. dgl.) zu erkennen und ist in den meisten Fällen nur Zeiterscheinung allgemeiner Nervenschwäche (s. d.). Einseitige geistige Beschäftigung, vorwiegend sitzende Lebensweise, anhaltende Gemütsaufregungen, geschlechtliche Ausschweifungen und körperliche Überanstrengungen jedweder Art begünstigen ganz besonders die Entstehung dieser sensiblen Rückenmarksreizung, die namentlich unter den höhern Klassen ein weitverbreitetes, oft recht hartnäckiges Übel ist. Die Behandlung besteht in leichten Hautreizen, milder Diät, Sorge für offenen Leib, zweckmäßiger Körperbewegung und kalten Abreibungen; in schwerern Fällen leistet die fachkundige Anwendung des elektrischen Stroms gute Dienste.

Rückenschwimmer (Notonectidae), Familie der Wasserwanzen, deren Mitglieder beim Schwimmen den flachen Bauch nach oben, den dachförmig gewölbten, von den Flügeldecken vollständig umfaßten Rücken nach unten wenden und mit ihren langen Hinterbeinen zugleich die Schwimmbewegung ausführen. Manche Arten stechen empfindlich und schaden der Fischbrut sehr, so der gemeine R. (Notonecta glauca L., s. Tafel: Insekten Ⅳ, Fig. 4).

Rückenstrang, s. Embryo (Bd. 6, S. 71 a).

Rückenwehren, Parados, stehende Deckungen, welche die auf den Rücken der Truppen gerichteten