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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Raetĭa; Rathmines; Rati; Ratibor; Ratich

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Rathmines – Ratich

nasium, private höhere Mädchenschule, Krankenhaus, 2 Hospitäler, Gasbeleuchtung, Schlachthaus. Die Hauptindustrie, die Herstellung von Brillen, Ferngläsern und andern optischen Instrumenten, 1800 durch den Prediger Duncker eingeführt und seit 1845 durch dessen Enkel Emil Busch (s. d.) auf besondere Höhe gebracht, beschäftigt 9 Fabriken; ferner bestehen 4 Öfen-, 2 Maschinen-, 2 Möbelfabriken, 2 Schiffbauereien, 1 Asbestonitfabrik,2 Leimsiedereien, Ziegeleien, Dampf- und Wassermühle, 5 Sägewerke und Brauereien. – Im Dreißigjährigen Kriege wurde R. 1626 von den Dänen unter Ernst von Mansfeld besetzt, 1627 von den Kaiserlichen erobert und bis 1631 besetzt gehalten, dann von den Schweden genommen. 1631‒41 abwechselnd in den Händen der Sachsen und der Schweden, wurde R. 3. Sept. 1636 von den Kaiserlichen erstürmt und geplündert. Die Schweden besetzten 8. Juni 1675 die Stadt, wurden aber 15. Juni 1675 von dem Großen Kurfürsten und Derfflinger überfallen und niedergemacht. – Vgl. Wagener, Denkwürdigkeiten der Stadt R. (Berl. 1803); Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. 7 (ebd. 1847).

Rathmines (spr. räthmeins) und Rathgar, südl. Vorstädte von Dublin, mit (1891) 27796 E.

Rati, ind. Göttin, s. Kama.

Raetĭa, s. Rhätien.

Ratibor. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Oppeln, hat 858,07 qkm und (1890) 134872 (62599 männl., 72273 weibl.) E., 2 Städte, 119 Landgemeinden und 95 Gutsbezirke. Der Kreis bildet den Hauptbestandteil des ehemaligen reichsunmittelbaren Fürstentums R., das etwa 1000 qkm umfaßte, 1288‒1532 unter eigenen Herzögen stand, dann aber Eigentum des österr. Kaiserhauses war, bis es durch den Breslauer Frieden von 1742 an Preußen kam. Die Herrschaft R. mit Stadt und Schloß R. und mehrern von Preußen hinzugefügten Klostergütern wurde 1822 zum Mediatfürstentum R. erhoben und dem Landgrafen Victor Amadeus von Hessen-Rotenburg verliehen als Entschädigung für seine 1815 an Preußen abgetretenen Besitzungen in der niedern Grafschaft Katzenelnbogen und in Kurhessen. Nach dem Tode des Landgrafen (1834) fiel das Fürstentum R. durch Testament dem Prinzen Victor von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst (s. Ratibor, Victor Moritz Karl) zu, der indes erst nach einem Prozeß mit der kurhess. Regierung in den Besitz desselben gelangte und 1840 für majorenn erklärt und vom König von Preußen zum Herzog von R. erhoben wurde. Das jetzt mittelbare Herzogtum R. liegt zerstreut in den Kreisen R., Rybnik, Gleiwitz und Rosenberg und ist von einer meist kath., teilweise polnisch redenden Bevölkerung bewohnt. – 2) Kreisstadt im Kreis R., früher Hauptstadt des Fürstentums R., am linken Ufer der hier schiffbar werdenden Oder, an den Linien Breslau-Oderberg und Kattowitz-Leobschütz der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Breslau) mit 10 Amtsgerichten (Bauerwitz, Cosel, Gnadenfeld, Hultschin, Katscher, Leobschütz, Loslau, R., Rybnik, Sohrau), eines Amtsgerichts, Hauptzoll- und Steueramtes, Kataster-, Bergrevieramtes und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1890) 20737 (10218 männl., 10519 weibl.) E., darunter 3406 Evangelische und 1213 Israeliten, in Garnison das 3. Bataillon des Infanterieregiments Nr. 62, die 3. Eskadron des Husarenregiments Graf Goetzen Nr. 6 und die 1. und 3. Eskadron des Ulanenregiments von Katzler Nr. 2, Postamt erster Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, eine eiserne Straßenbrücke und eine Eisenbahnbrücke, kath. Pfarrkirche, Dominikanerkirche, eine evang. Kirche, Synagoge, Ursulinerinnenkloster, ein herrlich gelegenes Schloß, ein Theater, 1819 eröffnetes Gymnasium, Realprogymnasium, drei höhere Mädchenschulen, Taubstummenanstalt, Kranken-, Waisenhaus, mehrere Hospitäler, eine Strafanstalt, Sparkassen-, Vorschuß- und Kreditverein, Wasserleitung, Kanalisation, Gasanstalt, Schlachthaus. Die Industrie erstreckt sich auf Eisengießereien und Maschinenfabriken (die größte: Ganz & Co., Filiale der gleichnamigen Budapester Firma), sowie Fabrikation von Cigarren, Schnupf- und Kautabak, Zucker, Schokolade, Strohpapier und Pappe, Möbeln, Luxuswagen, Baubeschlägen, Spiritus und Preßhefe, Schuhwaren, Hufnägeln, landwirtschaftlichen Maschinen, Düngemitteln, Leim und Fett, Chemikalien, Kerzen und Seife, auf Brauereien, Sägewerke, Branntweinbrennereien, Molkereien, Färberei und Zeugdruckerei; Handel mit Holz, Wein und Getreide.

^[Abb. Wappen]

Ratibor, Viktor Moritz Karl, Fürst von Corvey, Prinz von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, Herzog von, geb. 10. Febr. 1818, studierte in Göttingen, Bonn, Heidelberg und Lausanne Rechtswissenschaften und neuere Sprachen, übernahm dann die Verwaltung seiner 1834 ererbten ausgedehnten Besitzungen (s. Hohenlohe, Bd. 9, S. 267 a), war 1847 Mitglied der Herrenkurie des preuß. Vereinigten Landtags, gehörte 1849 der Zweiten Kammer, 1850 dem Unionsparlament in Erfurt an und trat dann als erbliches Mitglied in das Herrenhaus, dessen Präsident er seit 1. Jan. 1877 war. 1867‒90 gehörte er dem Norddeutschen und Deutschen Reichstage für den Wahlkreis Breslau-Land als Mitglied der «Deutschen Reichspartei» an. Er starb 30. Jan. 1893 zu Schloß Rauden bei Ratibor. – Ihm folgte als Herzog von R. sein Sohn Victor, geb. 6. Sept. 1847.

Ratich (Ratichius, Ratke), Wolfgang, Schulmann, geb. 1571 zu Wilster in Holstein, studierte in Rostock Theologie, widmete sich aber dann dem Schulamte und ging 1603 nach Holland, wo er acht Jahre lebte, mit orient. und mathem. Studien und einem Plane zur Reformation der Schule und des Unterrichts beschäftigt. Seine neue Lehrmethode bot er zunächst dem Prinzen von Oranien an, der aber zur Bedingung machte, daß nur lateinisch gelehrt würde, worauf R. nicht einging. Hierauf wandte er sich 1612 mit einem Memorandum an den Wahltag der deutschen Fürsten zu Frankfurt a. M., über das auf Veranlassung des Fürsten Ludwig von Darmstadt zwei Jenaer Professoren, Jung und Helvicus, ein günstiges Gutachten abgaben. Aber ein Versuch mit seiner neuen Lehrart in Augsburg (1614) entsprach den Erwartungen nicht, und R. ging nach Cassel, Hanau, Frankfurt, Basel und 1618 nach Cöthen, wohin ihn der Fürst Ludwig von Anhalt-Cöthen als allgemeinen Ratgeber in Bezug auf das Schulwesen berief. Hier sammelte sich eine Anzahl junger Männer um ihn, denen er Vorträge über seine Methode hielt, sie jedoch zugleich zu strengster Geheimhaltung