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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Reihergras; Reiherschnabel; Reikiavik; Reil; Reille; Reim

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Reihergras - Reim.

Schnabel, nacktem, grünem Fleck im Gesicht und grüngelben Füßen. Er bewohnt Mittel- und Südeuropa, Asien, Afrika und Amerika und findet sich ziemlich zahlreich in Holland, einzeln in Deutschland vom April bis Oktober, massenhaft in den Donautiefländern, am Schwarzen und Kaspischen Meer. Er liebt Sümpfe, in deren Nähe sich Waldungen oder wenigstens viele Bäume finden; den Tag verbringt er in träger Ruhe und tritt erst in der Dämmerung in regellosen Haufen seine Streifereien an. Er nährt sich hauptsächlich von Fischen; sein Nest baut er in Reiherständen oder in eignen Ansiedelungen, und auf den ungarischen Reiherständen ist er stets das häufigste Mitglied. Er legt im Mai 4-5 grünliche Eier. Früher wurde der Nachtreiher zur hohen Jagd gerechnet und seines Fleisches halber hoch geschätzt, gegenwärtig stellt man ihm nur seiner Schmuckfedern wegen nach.

Reihergras, s. Stipa.

Reiherschnabel, Pflanze, s. Erodium.

Reikiavik, Stadt, s. Reykjavík.

Reil, Johann Christian, Mediziner, geb. 20. Febr. 1758 zu Rauden in Ostfriesland, studierte seit 1779 zu Göttingen und Halle, wurde 1787 Professor der Medizin, Direktor des Klinikums und Stadtphysikus in Halle, 1810 Professor an der Universität zu Berlin, 1813 Direktor der preußischen Lazarette auf dem linken Elbufer. Er starb 22. Nov. 1813 in Halle. Besonders wurden die Anatomie des Gehirns und der Nerven, die Physiologie der Lebenskräfte, die Fieberlehre und die psychische Medizin durch seine Forschungen bereichert. Er schrieb: "Erkenntnis und Kur der Fieber" (Halle 1799-1805, 4 Bde.; 3. Aufl. 1822-28, 5 Bde.); "Rhapsodien über die Anwendung der psychischen Kurmethode auf Geisteszerrüttungen" (das. 1803, 2. Ausg. 1818); "Beiträge zu einer Kurmethode auf psychischem Weg" (mit Hofbauer, das. 1808-12, 2 Bde.); "Über den Bau des kleinen Gehirns" (mit Meckel, das. 1808-10, 6 Hefte); "Entwurf einer allgemeinen Therapie" (das. 1816); "Entwurf einer allgemeinen Pathologie" (das. 1815-16, 3 Bde.); "Kleine Schriften" (das. 1817). Er begründete das "Archiv für Physiologie" (Halle 1795-1814, 12 Bde.). Sein Leben beschrieb Steffens (Halle 1815).

Reille (spr. räj), Henri Charles Michel Joseph, Graf, franz. Marschall, geb. 1. Sept. 1775 zu Antibes, focht 1792 unter Dumouriez, ward dann Adjutant Massénas, dessen Tochter er später heiratete. 1800 Kommandant von Florenz und Unterchef des Generalstabs in Italien, 1803 Brigadegeneral, befehligte er 1805 im österreichischen Krieg das württembergische Kontingent, focht 1806-1807 bei Jena, Pultusk und Ostrolenka und als Napoleons I. Adjutant bei Friedland. Nach Ausbruch der spanischen Insurrektion kämpfte er in Katalonien, wo er Figueras und Rosas nahm, machte 1809 die Schlacht bei Wagram mit, ward Gouverneur von Navarra, befehligte hierauf bis 1812 in Aragonien, dann die Armee von Portugal und in den Pyrenäen gegen Wellington. Nach Napoleons I. Fall wurde er Inspektor der Infanterie der 14. und 15. Division und kommandierte 1815 bei Quatrebras und Belle-Alliance das 2. Armeekorps. 1819 ward er zum Pair, 1847 zum Marschall, 1852 zum Senator ernannt. Er starb 1. März 1860 in Paris. - Sein Sohn André Charles Victor, Graf, geb. 23. Juli 1815, war seit 1860 Generaladjutant Kaiser Napoleons III., begleitete denselben 1870 in den Krieg und überbrachte 1. Sept. König Wilhelm auf dem Schlachtfeld von Sedan den Brief Napoleons, in welchem derselbe seine Ergebung anzeigte. Er starb 19. Jan. 1887 in Antibes.

Reim, der volle Gleichklang von Silben und Wörtern bei verschiedenen Anfangsbuchstaben, tritt in der modernen Poesie gewöhnlich am Ende der Verse auf und bildet so gewissermaßen den musikalischen Schlußstein des Rhythmus. Man teilt die Reime in Bezug auf die Silbenzahl in männliche oder stumpfe (einsilbige), z. B. Baum, Saum; weibliche (zweisilbige), z. B. Waffen, schaffen; gleitende (dreisilbige, aus Daktylen bestehend), z. B. wonnige, sonnige, und klingende (viersilbige), z. B. unermessen, unvergessen, wozu noch der sogen. schwebende R. (zweisilbig, aus Spondeen bestehend), z. B. ehrlos, wehrlos, kommt. Eins der wesentlichen Erfordernisse gereimter Dichtung ist die Reinheit des Reims, welche durch die möglichst vollkommene Gleichartigkeit der Vokale und Konsonanten bedingt ist. Namentlich bei den weiblichen und gleitenden Reimen müssen die Konsonanten vollkommen übereinstimmend sein ("schlafen" z. B. reimt sich nicht auf "schaffen"); der männliche R. gestattet zwar eher eine Lizenz, doch klingt dem feinern Ohr schon "Bad" und "Rat" fehlerhaft. Auch die Quantität der Vokale muß überall in beiden Reimwörtern gleich sein ("Ruhm" reimt sich z. B. nicht aus "stumm"). Gleichklingende Vokale und Diphthonge sind jedoch gestattet, z. B. "Hände" und "Ende", während "Höhlen" und "fehlen" ein fehlerhafter R. ist. Werden gleiche Wörter oder Silben aufeinander gereimt (z. B. Liebe und Liebe), so entsteht der sogen. identische R., der aber für fehlerhaft gilt. Er wird ein reicher R. genannt, wenn ihm (also den gleichen Wörtern) ein wirklicher R. unmittelbar vorangeht oder folgt, z. B.:

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Wer seine Augen stets am rechnen Orte hat,

Zum rechten Sinne stets die rechten Worte hat,

Den rechten Schlüssel zu der rechten Pforte hat... (Bodenstedt.)

Zwei aufeinander reimende Verse heißen ein Reimpaar. Wenn immer nur zwei Reimpaare miteinander verbunden werden, so nennt man diese Form (aabb) Berührung, z. B.:

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So machte Braun mit stolzem Sinn

Sich auf den Weg zu fernen Bergen hin,

Durch eine Wüste, groß und lang,

Nahm er zu Reineken den Gang. (Reineke Fuchs.)

Eine Umschlingung (abba) entsteht, wenn ein Reimpaar von einem andern eingeschlossen wird, z. B.:

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Er strahlt im Morgensonnenschein,

Es staunt der Schiffer Bande;

Er schreitet vor zum Rande,

Er sieht ins blaue Meer hinein. (A. W. v. Schlegel);

eine Kreuzung (abab), wenn zwei Reimpaare einander durchkreuzt, z. B.:

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Festgemauert in der Erden

Steht die Form, aus Lehm gebrannt.

Heute muß die Glocke werden,

Frisch, Gesellen! Seid zur Hand! (Schiller);

eine Verschränkung (abcabc oder abcbac), wenn drei Reimpaare einander durchkreuzt, z. B.:

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O wundersüßes, heilig Wesen

Der ewigen Gesänge,

Die schon in jeder trunknen Brust erwachen!

Wie leicht mag der vom herben Schmerz genesen.

In aller Freuden Menge,

Dem hold die Musen aus den Augen lachen. (F. v. Schlegel);

eine Unterbrechung (abcb), wenn zwei reimlose Verse ein Reimpaar durchkreuzt, z. B.:

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Droben auf dem schroffen Steine

Raucht in Trümmern Autafort,

Und der Burgherr steht gefesselt

Vor des Königs Zelte dort. (Uhland.)

Seltener kommen vor der Anfangsreim zu Anfang des Verses, z. B.:

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Zage nicht, wenn dich der grimme Tod will schrecken,

Jage nicht das flüchtige Reh des Weltgenusses. (Rückert);