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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Rekadenz - Rekollekten.

Rekadénz (lat.), Rück-, Heimfall.

Rekapitulation (lat.), in der Rhetorik die summarische Wiederholung der Hauptpunkte einer Rede; im Rechnungswesen die Wiederholung einzelner Rechnungssummen, um sie in eine Hauptsumme zu bringen.

Rekaptūr (lat.), s. Reprise.

Reklamation (lat.), Beschwerde, Vorstellung, Zurückforderung; Reklamant, derjenige, von welchem eine solche ausgeht. Reklamationen heißen im besondern die Gesuche um Befreiung vom Militärdienst oder um Zurückstellung des Reklamierten bei der Aufhebung sowie um vorzeitige Entlassung aus dem aktiven Dienst wegen bürgerliche Verhältnisse. Sie sind nach der deutschen Ersatzordnung (§ 30) begründet: a) für einzige Ernährer hilfloser Familien, erwerbsunfähiger Eltern, Großeltern oder Geschwister; b) wenn der Ausgehobene die einzige Stütze eines zur Arbeit und Aufsicht unfähigen Grundbesitzers, Pachters oder Gewerbtreibenden ist; c) für Inhaber von Fabriken, gewerblichen Etablissements und Handelshäusern, sofern ihnen diese durch Erbschaft oder Vermächtnis innerhalb des dem Militärpflichtjahr vorangehenden Jahrs zugefallen und deren wirtschaftliche Erhaltung auf andre Weise nicht möglich ist; d) für Militärpflichtige, die in der Erlernung einer Kunst oder eines Gewerbes begriffen sind, sofern sie durch die Unterbrechung bedeutenden Nachteil erleiden würden; e) für den nächstältesten Bruder eines vor dem Feind gebliebenen Soldaten, sofern durch die Zurückstellung den Angehörigen eine wesentliche Erleichterung gewährt wird. Solche Reklamationen sind an die Ersatzkommission (Landrat) zu richten; Entscheidung trifft die Oberersatzkommission, für aktive Soldaten das Generalkommando; vgl. Ersatzwesen.

Reklāme (franz.), empfehlende Anzeige, bei der im Unterschied von der einfachen Annonce (s. d.) die Anwendung raffinierter Mittel zur Erweckung des öffentlichen Interesses wesentlich ist. Trotz der Ausschreitungen, welche sich in neuerer Zeit das Reklamewesen gestattet, und des Vorschubs, den es dem Schwindel leistet, ist es ein bedeutsames Kulturmoment unsrer Zeit, eine Macht, welche sowohl segensreich als auch verhängnisvoll auf den modernen Handel und Verkehr einwirkt und nicht bloß für geschäftliche, sondern auch für politische und geistige Interessen ausgenutzt wird. Bei geschäftlichen Interessen unterscheidet man Straßen- und Zeitungsreklame. Die Straßenreklame bedient sich der Anschläge an Straßenecken, besondern Säulen, auffällig gelegenen Wänden und der Firmenschilder und wirkt hier durch die Auffälligkeit des Platzes, die Größe und die Farbe der Buchstaben. Ferner dienen Ausrufer, Plakatträger, effektvolle Schaustücke in Ladenfenstern oder auf Gestellen, die durch die Straßen gefahren werden, glänzende Gasbeleuchtung, Transparents u. a. ihren Zwecken. Die Zeitungsreklame dominiert im Annoncenteil der Zeitungen, findet aber auch unter allerlei versteckten Formen Eingang in den redaktionellen Teil, wobei die Theaterreklame eine Hauptrolle spielt. Für solche Reklamen werden erheblich höhere Preise gezahlt als für gewöhnliche Annoncen. Die Form der Zeitungsreklame ist nach den Gegenständen, für die sie wirkt, dem Publikum, an das sie sich wendet, dem Land, in dem sie erscheint, äußerst verschieden. Im allgemeinen gilt, daß die Amerikaner, Engländer und Franzosen in ihr mehr Übertreibung und Zudringlichkeit vertragen als die Deutschen. Außer der textlichen Fassung, die besondere Geschicklichkeit erfordert, kann sie durch typographisches Arrangement, durch die Stellung auf der Druckseite, durch Abbildungen, durch Wiederholung in demselben Blatt oder einer Folge von Nummern und eine große Menge andrer Finessen noch besondere Wirkung erzielen. Neuerdings nennt man R. jeden Versuch, durch erlaubte oder unerlaubte Mittel das öffentliche Interesse auf sich zu lenken, was besonders von Schauspielern, Sängern und andern Künstlern, aber auch von Politikern etc. geübt wird (Reklameheld). Vgl. Wehle, Die R. (Wien 1879); Cronau, Buch der R. (Ulm 1887).

Reklamieren (lat.), Widerspruch erheben, Vorstellung gegen eine behördliche Anordnung, z. B. Steuereinschätzung, machen, um Befreiung eines Militärpflichtigen vom aktiven Dienst nachsuchen (s. Reklamation); auch zurückfordern, z. B. die Herausgabe einer verlornen Sache von dem Finder verlangen; beanspruchen, in Anspruch nehmen.

Rekognition (lat.), Wiedererkennung, Anerkennung; im Rechtswesen die Anerkennung einer Person, Urkunde oder eines sonstigen Beweismittels vor Gericht oder einem Notar für dasjenige, wofür es ausgegeben wird. Öffentliche Urkunden bedürfen der R. nicht, Kopien und fehlerhafte Urkunden sind dagegen in der Regel der R. nicht fähig. Die Ableugnung der Echtheit einer Privaturkunde wird Diffession (s. d.) genannt.

Rekognitionsschein, s. v. w. Lehnsschein (s. Lehnswesen, S. 632); dann überhaupt die Bescheinigung der Vornahme eines gerichtlichen Aktes, z. B. der Hinterlegung eines Testaments bei Gericht oder des Eintrags einer Hypothek.

Rekognitionszinsen wurden früher oft von Pflichtigen als Form der Anerkennung bestehender Rechtsverhältnisse entrichtet; Rekognitionsgelder heißen hier und da die alljährlich von Gewerbtreibenden und Verkäufern gezahlten Steuerabfindungen.

Rekognoszieren (lat.), im Rechtswesen die Echtheit einer Sache oder Person "anerkennen"; im Kriegswesen ein Terrain, und was sich darauf befindet, für einen militärischen Zweck untersuchen. Diese Rekognoszierungen zerfallen nach ihrem Zweck in taktische, zur Erkennung des Feindes, in topographische, zur Erforschung des Terrains, und in statistische, zur Erkennung der Hilfsmittel, welche ein Landstrich für die Kriegführung darbietet. Die Rekognoszierungen werden in der Regel von einzelnen besonders hiermit beauftragten Offizieren oder auch von den Patrouillen der Vorposten oder der Vorhut (s. Sicherheitsdienst) ausgeführt, womöglich vom Feind unbemerkt. Doch sind oft auch gewaltsame Rekognoszierungen notwendig. Man setzt sich bei diesen mit Gewalt in den Besitz solcher Punkte, von welchen aus man die Gegend und Stärke, Stellung und Benehmen des Feindes übersehen und beurteilen kann, muß aber entweder rechtzeitig vor dem Herannahen feindlicher Verstärkungen sich zurückziehen, oder auf sofortigen Übergang zum ernsten Kampf gefaßt sein, um das Resultat einer solchen Rekognoszierung ausbeuten zu können.

Rekollékten (Recollecti fratres, franz. Récollets, "geistig Gesammelte", in Italien auch Riformati genannt), bei mehreren Mönchsorden vorkommende Benennung der Kongregationen strengster Observanz. Am berühmtesten sind die R. des Franziskanerordens, die 1592 zur Wiederherstellung des alten Eremitenlebens das Observantenkloster Talavera in Kastilien gründeten. Sie enthielten sich des Fleisches und der gekochten Speisen und beobachteten stetes Schweigen. Rekollektinnen gab es unter Cistercienserinnen in Spanien.