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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Renegāt; Renette; Renforcé; Renfrew; Renfrewshire; Reng; Reng.; Reni; Renier

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Renegat - Renier.

hohes Lösegeld seine Freiheit und landete am 9. Mai 1438 zu Neapel, mußte aber 1442 das Königreich seinem Gegner Alfons überlassen. Er kehrte in die Provence zurück, übergab Lothringen seinem ältesten Sohn, Johann, Titularherzog von Kalabrien, beförderte den Frieden zwischen Frankreich und England, dessen König Heinrich VI. seine Tochter Margarete heiratete, und widmete sich den schönen Künsten sowie der Wiederbelebung der altprovençalischen Poesie, indem er die Dichterwerke der Troubadoure sammelte und selbst zu dichten versuchte. Er starb 10. Juli 1480 in Aix, wo ihm 1823 ein Denkmal errichtet wurde. Die Provence vermachte er Ludwig XI. von Frankreich. Seine Schriften und Gedichte gab Quatrebarbes heraus ("Œuvres du roi R.", Par. 1845-46, 4 Bde.). Vgl. Villeneuve-Bargemont, Histoire de R. d'Anjou (Par. 1825, 3 Bde.); Lecoy de la Marche, Le roi R. (das. 1875, 2 Bde.).

Renegāt (neulat., "Verleugner"), im allgemeinen jeder, der seiner Religion abtrünnig wird, namentlich einer, welcher von der christlichen Religion zum Islam übergetreten ist.

Renette, s. v. w. Reinette, s. Apfelbaum.

Renforcé (franz., spr. rangforssé), schweres Taftband, dessen Eintragfäden stark aneinander geschlagen sind; auch ein im Elsaß fabrizierter weißer Baumwollenstoff, dem Madopolam ähnlich schlicht gewebt, mit stark geschlagener Kette.

Renfrew (spr. rénnfru), Hauptstadt der nach ihr genannten Grafschaft in Schottland, liegt am Clyde, oberhalb der Mündung des Cart und 3 km unterhalb Glasgow, hat Seiden- und Musselinfabrikation, Schiffswerfte und (1881) 5115 Einw.

Renfrewshire (spr. rénnfru-schĭr, früher Strathgryfe genannt, nach einem Nebenfluß des Cart), Grafschaft an der Westküste Schottlands, umfaßt die fruchtbare Ebene am Südufer des Clyde, die nach SW. von einem aus porphyritischen Felsen gebildeten Höhenzug ansteigt (Hill of Stake 521 m, Misty Law 507 m), und hat ein Areal von 649 qkm (11,8 QM.). Hauptfluß ist der Clyde, der hier den Cart aufnimmt. Die Bevölkerung betrug 1871: 216,947, 1881: 263,374 Seelen. Von der Oberfläche sind (1887) 30 Proz. angebaut, 29 Proz. bestehen aus Weideland. Kohlen, Eisen und Kupfer werden gewonnen. Die Industrie ist sehr entwickelt. Die Textilindustrie beschäftigte 1881: 17,375, der Maschinenbau 5197, der Schiffbau 3612, die Eisenhütten 2030 und die Zuckersiederei 1255 Arbeiter. Renfrew ist politische Hauptstadt, aber Greenock, Paisley, Port Glasgow und Pollockshaws (s. d.) sind die volkreichsten Städte.

Reng (pers.), s. v. w. Henna, s. Lawsonia.

Reng., bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für J. R. Rengger, geb. 1795 zu Aarau, bereiste Paraguay, starb 1832 in Aarau (Säugetiere Paraguays).

Reni, Stadt in der russ. Provinz Bessarabien, hart am linken Donauufer zwischen der Mündung des Pruth und dem Kahulsee, an der Eisenbahn Bender-Galatz, hat einen Hafen und (1885) 6077 Einw., welche hauptsächlich Handel und Fischerei treiben. R. gehörte 1856-78 zur Moldau.

Reni, Guido, ital. Maler, geb. 4. Nov. 1575 zu Bologna, genoß erst Calvaerts, dann Ludovico Carraccis Unterricht, ging 1599 zum erstenmal und, nach weiterer Thätigkeit in Bologna, 1605 zum zweitenmal nach Rom, wo er den Papst Paul V. und den Herzog von Toscana zu Gönnern gewann. Hier entstanden unter anderm die Kreuzigung des heil. Petrus (jetzt im Vatikan) für die Kirche delle tre Fontane, im Palast Rospigliosi der Plafond: die sogen. Aurora, eigentlich der Triumphzug des Sonnengottes, welcher durch die Stiche von R. Morghen und A. Burger populär geworden ist, u. der heil. Andreas auf dem Gang zur Kreuzigung (in einer Kapelle bei San Gregorio Magno). Für Papst Paul V. malte er die Hauskapelle im Quirinalpalast und die Grabkapelle in Santa Maria Maggiore mit Fresken aus. Um 1612 nach Bologna zurückgekehrt, malte er Petrus und Paulus (Mailand, Brera), den bethlehemitischen Kindermord und die Pietà (Bologna, Pinakothek), die Himmelfahrt Mariä (Genua, Sant' Ambrogio) und das Fresko der Aufnahme des heil. Dominikus in den Himmel (Bologna, San Domenico). Nach 1620 ging er nach Ravenna, wo er in der Sakramentskapelle des Doms einige Fresken ausführte. 1621 ging er nach Neapel, kehrte aber, von den dortigen Malern angefeindet, nach kurzem Aufenthalt zu Rom in seine Vaterstadt zurück, wo er 18. Aug. 1642 starb. Trotz der großen Summen, die ihm seine Kunst eintrug, war er in beständiger Geldverlegenheit, da er der Leidenschaft des Spiels frönte. Renis Werke sind von sehr verschiedenem Charakter. Die aus seiner frühern Zeit zeigen grandiose, mächtige Gestalten in erhabener Anordnung und mit einer eigentümlich dunkeln Schattengebung, die eine Annäherung an die Weise der Naturalisten, besonders des Caravaggio, verrät. Später trat an die Stelle des Gewaltigen eine einfachere Natürlichkeit. Er kolorierte in einem hellen, aber warmen Fleischton und vollendete sorgsam. Die Werke dieser mittlern Periode sind seine schönsten. Später nahm der Künstler im Kolorit des Fleisches häufig einen etwas kältern, rötlichen, in den Schatten einen grauen, ja öfters schwarzen Ton an, womit sich zugleich Kälte des Gefühls, etwas Gesuchtes in der Stellung und ein absichtliche Prunken mit seiner Meisterschaft einstellten, und noch später ging er in einen feinen Silberton über, welcher oft von großem Reiz und heller Harmonie, zuweilen aber auch zu nüchtern und fade ist; auch sind die Werke seiner spätern Zeit oft leichtsinnig und übereilt gemalt. Von seinen übrigen sehr zahlreichen Bildern sind noch hervorzuheben der Christuskopf mit der Dornenkrone in der kaiserlichen Galerie zu Wien, in der Dresdener Galerie und in der Londoner Nationalgalerie, vier Szenen aus dem Herkulesmythus im Louvre und die Fortuna auf dem Erdball in der Akademie San Luca zu Rom, die von R. und seinen Schülern oft wiederholt und kopiert worden ist. Die bedeutendsten seiner Schüler waren G. Semenza, F. Gessi, D. Canuti, G. Cagnacci, Sim. Cantarini, G. A. Sirani und dessen Tochter Elisabetha. Seine radierten Blätter sind gleich seinen Handzeichnungen sehr geschätzt.

Renier (spr. rönjeh), 1) Petrus Joannes, vläm. Fabeldichter, geb. 1795 zu Deerlyk bei Courtrai, wo er zuerst eine Kostschule dirigierte, wurde später Kantonalschulinspektor im Ressort von Courtrai; starb 29. Aug. 1859. Seine "Fabelen" (Courtrai 1843, 10. Aufl. 1859) sind die besten, welche die vlämische Litteratur besitzt; seine "Beginselen den vlaemsche spraekkunst" haben ebenfalls 10 Auflagen erlebt, und seine Dichtungen, mit denen er 33mal in verschiedenen dichterischen Preiskämpfen die Ehrenmedaille davontrug, sind zum großen Teil in den "Vlaemsche mengeldichten" (das. 1843) enthalten.

2) Léon, namhafter franz. Epigraphiker, geb. 2. Mai 1809 zu Charleville, wurde 1832 Prinzipal des Collège zu Nesle, war dann in Paris Mitarbeiter am "Dictionnaire encyclopédique de la France" (Par. 1840-45, 12 Bde.), bereiste 1851 und 1854 im Auf-^[folgende Seite]