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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Rheydt - Rhinoskop.

schwollen, oder sie scheinen es wenigstens zu sein, weil die Muskeln in der Umgebung geschwunden sind. In dem andern Fall besteht der chronische Gelenkrheumatismus im Grund genommen aus einer Reihe sehr oft und in kurzen Pausen wiederkehrender leichter Anfälle des akuten Gelenkrheumatismus, wobei immer nur ein oder wenige Gelenke ergriffen werden. Auch diese Krankheitsform ist sehr hartnäckig und bleibt, wenn sie einmal eingewurzelt ist, oft während des ganzen Lebens bestehen, kompliziert sich übrigens gern mit Muskelrheumatismus sowie mit rheumatischen Nervenschmerzen und rheumatischen Lähmungen. Bleibt der chronische R. auf einzelne Gelenke fixiert, so wird er am besten durch örtliche Mittel behandelt; wechselt er dagegen seinen Sitz, so muß eine allgemeine Behandlung eingeleitet werden. Für die örtliche Behandlung werden in frischen Fällen Blutentziehungen durch Blutegel oder Schröpfköpfe empfohlen, welche man an die kranken Gelenke ansetzt; in ältern Fällen sind Senfteige, Spanisch-Fliegenpflaster, Einreibungen von spirituösen und reizenden Mitteln (Kampferspiritus, flüchtiges Liniment etc.) am Platz; ebenso werden Einreibungen von Jodkalium und Quecksilbersalbe unter Umständen guten Erfolg haben. Für die allgemeine Behandlung des chronischen Gelenkrheumatismus verdient die systematische Anwendung warmer Bäder das meiste Vertrauen (Wiesbaden, Gastein, Rehme, Teplitz, Wildbad etc.). Russische Dampfbäder leisten weit weniger als einfache warme Bäder; dagegen hat man mit schönem Erfolg lange fortgesetzt warme Sandbäder (Köstritz bei Gera) gegen chronischen R. gebraucht. Dem Patienten ist außerdem das Tragen von Flanell auf dem bloßen Leib zu empfehlen.

Der Muskelrheumatismus ist eine die Muskeln, die Knochenhaut und Muskelbinden ergreifende schmerzhafte Krankheit, welche die betreffenden Teile bald gar nicht verändert, bald infolge des Nichtgebrauchs zum Schwund (zur rheumatischen Lähmung) der Muskeln führt. Das wichtigste und oft einzige Symptom des Muskelrheumatismus bilden ziehende und reißende Schmerzen, welche durch Bewegung gesteigert, durch gleichmäßigen Druck aber gemildert zu werden pflegen. Zuweilen können die kranken Muskeln nicht willkürlich bewegt werden. Die Haut über den schmerzenden Stellen erscheint gewöhnlich ganz normal. In den Abendstunden pflegen sich die Beschwerden zu steigern, am Morgen dagegen zu mildern. Kälte und Feuchtigkeit erhöhen die Schmerzen, während trockne Wärme dem Patienten gutthut. Manchmal scheinen sich jedoch die rheumatischen Schmerzen durch die Bettwärme zu vermehren. Bald ist der Muskelrheumatismus ein vager, indem die Schmerzen an der einen Stelle verschwinden, um an einer andern wieder aufzutreten, bald bleibt er auf gewisse Muskeln beschränkt. Meist ist er ein akutes Leiden, welches nach kurzem Bestand spurlos verschwindet; doch kann die Krankheit auch chronisch werden. Als Beispiel eines akuten Muskelrheumatismus kann der Hexenschuß (s. d.) genannt werden. Auch gehört hierher der sogen. rheumatische Kopfschmerz, welcher seinen Sitz in den Muskeln, Aponeurosen und in der Knochenhaut des Schädels hat (Kopfgicht); desgleichen der rheumatische Brustschmerz, der in den Brust- und Zwischenrippenmuskeln sitzt. Die Behandlung des Muskelrheumatismus muß nach denselben Grundsätzen und mit denselben Mitteln vorgenommen werden, wie sie oben beim chronischen Gelenkrheumatismus angegeben wurden. In Fällen, welche der Einwirkung der oben erwähnten Thermenbäder widerstehen, ist die Elektrizität und die Knetkur (s. d.) zu empfehlen. In frischen Fällen von Muskelrheumatismus ist ein einmaliges Dampfbad oft von auffallend günstiger Wirkung.

Rheydt (Rheidt), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, Kreis Gladbach, an der Niers und den Linien Aachen-Neuß, M'Gladbach-Stolberg und Krefeld-R. der Preußischen Staatsbahn, 66 m ü. M., hat 2 evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein evang. Lehrerseminar, eine Realschule, ein Amtsgericht, bedeutende Industrie in Samt- und Seidenzeugen, Samtband, Baumwoll- und Halbwollzeugen, Baumwollspinnerei, Färberei, Druckerei, Appreturanstalten, Zigarren-, Lampendocht- und Buntpapierfabrikation, lithographische Anstalten, Zwirnereien, Eisengießereien und Maschinenfabriken, Schneidemühlen, Bierbrauerei und Branntweinbrennerei, Holzhandel und (1885) 22,658 meist evang. Einwohner.

Rhiānos, griech. Dichter, aus Bene auf Kreta, blühte um 240 v. Chr. Anfangs Sklave und Wärter einer Ringschule, später Gelehrter und Dichter im Sinn der Alexandriner, schrieb er außer Epigrammen eine Anzahl Epen, von denen das berühmteste, die "Messeniaka" in 6 Bänden, den zweiten Messenischen Krieg und seinen Helden Aristomenes verherrlichte. Sammlung der Überreste bei Saal, Rhiani quae supersunt (Bonn 1831), und besonders Meineke, Analecta alexandria (Berl. 1843).

Rhiau, Inselgruppe, s. Riau.

Rhigolēn, s. v. w. Keroselen; s. Erdöl, S. 767.

Rhin (spr. rang), franz. Name des Rheins.

Rhin, Fluß im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, entspringt aus dem Haussee bei Zechlin nahe der mecklenburgischen Grenze, durchfließt den Ruppiner See und mündet unterhalb Rhinow durch den Gülpsee rechts in die Havel. Er ist 80 km weit durch Kanalisierung für kleine Fahrzeuge schiffbar, nimmt von Lindow her das Lindower Fließ auf und ist durch den Ruppiner Kanal mit der Havel bei Oranienburg verbunden. Das Rhinluch, die größtenteils feuchte und sumpfige Niederung, durch welche der R. fließt, erstreckt sich von Oranienburg bis zur Rhinmündung, ist 80 km lang, 17 km breit, enthält namentlich bei Linum unerschöpfliche Torflager, ward durch Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. urbar gemacht und steht im O. von Friesack mit dem Havelländischen Luch in Verbindung.

Rhinalgīe (griech.), Nasenschmerz.

Rhinanthaceen, Unterfamilie der Skrofularineen (s. d.).

Rhine-grave (franz., spr. rihugraw), ein weites, faltiges, unterrockartiges Beinkleid, welches um die Mitte des 17. Jahrh. aufkam und seinen Namen von einem Herrn von Rheingraf, Gouverneur von Maastricht, erhalten haben soll.

Rhineurynter (griech.), Vorrichtung zur Stillung des Nasenblutens, analog dem Kolpeurynter.

Rhingulph, "Barde", s. Kretschmann.

Rhinītis (griech.), s. v. w. Stinknase.

Rhinoblennorhöe (griech.), Nasenschleimfluß, chronischer Schnupfen.

Rhinokarcinōm (griech.), Nasenkrebs.

Rhinolalīe (griech.), näselnde Sprache.

Rhinolŏphus, Hufeisennase, s. Fledermäuse.

Rhinoplástik (griech.), der organische Wiederersatz der Nase; s. Plastische Operationen.

Rhinoskōp (griech.), Nasenspiegel; Rhinoskopie, Untersuchung der Nase.