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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rhôneweine; Rhopālisch; Rhopalocēra; Rhopographie; Rhoswitha; Rhotazismus; Rhuddlan; Rhus

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Rhôneweine - Rhus.

(s. d.) wird nun urbar gemacht. Der Hauptfluß ist der Rhône, welcher sich hier in seine beiden Hauptmündungsarme, den Kleinen und Großen Rhône, teilt, zwischen denen sich die Insel Camargue (s. d.), das Delta des Rhône, erstreckt. Von andern Flüssen sind zu nennen die Durance (Grenzfluß gegen N.) und mehrere Küstenflüsse. Außer dem parallel mit dem Großen Rhône gezogenen Schiffahrtskanal von Arles nach Bouc und dem kleinern von St.-Louis enthält das Departement zahlreiche Bewässerungskanäle (darunter den Craponne- u. den Alpinekanal). Das Rhônedelta ist versumpft und mit Lagunen bedeckt, östlich von demselben dehnt sich der Etang de Berre aus. Das Klima ist im allgemeinen heiter und mild, die Hitze durch die Seewinde gemäßigt und die Luft mit Ausnahme der Sumpfgegenden gesund; im Winter fällt nur höchst selten Schnee, doch kommen vereinzelt Reife vor. Sehr lästig sind der in jeder Jahreszeit wehende Mistral (s. d.) und der sich im Sommer entwickelte Kalkstaub. Die Mitteltemperatur des Jahrs ist in Marseille 14,3° C., des Winters 7,8° C., des Sommers 21,3° C. Die Bevölkerung beträgt (1886) 604,857 Seelen (117 auf 1 qkm). Von 510,487 Hektar Oberfläche kommen auf Äcker 144,274, Wiesen 35,347, Weinberge 11,668, Waldungen 71,473, Heiden 69,734, Sümpfe 45,350 Hektar. Das Departement ist in Bezug auf Bodenkultur eins der letzten Frankreichs. Hauptprodukte sind: Getreide (etwas über 1 Mill. hl, meist Weizen), Wein (200,000 hl), Oliven (20,000 Hektar Anbaufläche, Ölertrag 7 Mill. kg), Tabak, Obst, Südfrüchte und (an den Etangs) alkalische Pflanzen zur Sodabereitung. Berühmt sind das Öl von Aix und die Weine von Cassis und Ciotat. Bedeutend ist die Zucht von Schafen (449,887 Stück), welche auf dem ausgedehnten Heideland weiden. Ansehnlich sind ferner die Fischerei und die Seidenzucht, welch letztere ca. ½ Mill. kg Kokons ergibt. In der Camargue kommen auch Biber vor. Der Mineralreichtum ist gering und von Bedeutung nur die Braunkohlenförderung im Becken von Fuveau, welche sich 1886 auf 388,221 Ton. belief. Mineralquellen befinden sich zu Aix (s. d. 1) und Les Camoins (bei Marseille). An den Küsten des Meers wird Seesalz (138,000 T.) gewonnen. Von großer Bedeutung ist der industrielle und der Handelsbetrieb mit Marseille als dem Hauptsitz desselben. Unter den im Departement vertretenen Industriezweigen sind zu nennen: die hüttenmäßige Gewinnung von Eisen und Blei, die Fabrikation von Metallwaren und Maschinen, Seife (jährlich ca. 900,000 metr. Ztr.), Kerzen (60,000 metr. Ztr.), Soda, raffiniertem Zucker (3 große Etablissements mit 2400 Arbeitern u. Produktion von 780,000 metr. Ztr.), Filzhüten, dann von Wagen, Möbeln, Faßbinderwaren, Leder-, Harz- und Teerprodukten, Glas, Thonwaren, Papier, Seilerwaren und Rohseide, endlich der Schiffbau. Außer Marseille, dem wichtigsten Seehandelsplatz Frankreichs am Mittelmeer, sind als Häfen zu nennen: Port de Bouc, Arles, Cassis und La Ciotat. Das Departement wird von der Eisenbahn von Avignon über Arles nach Marseille und Toulon (Zweigbahnen von Avignon nach Miramas, ferner von Rognac und Marseille nach Aix und von da nach Pertuis und Fuveau etc.) durchzogen. Das Departement zerfällt in drei Arrondissements: Aix, Arles und Marseille, und hat Marseille zur Hauptstadt. Vgl. Saurel, Dictionnaire des villes du départ. des Bouches du Rhône (Mars. 1877-79, 2 Bde.).

Rhôneweine, die an beiden Ufern des Rhôneflusses, in der Provence, Dauphiné etc., wachsenden Weine, von denen die der Hermitage (s. d.) die vorzüglichsten sind.

Rhopālisch (griech.), keulen-, kolbenförmig; rhopalische Verse, solche, worin jedes folgende Wort eine Silbe mehr hat als das zunächst vorhergehende, eine früher beliebte poetische Spielerei.

Rhopalocēra (Tagfalter), Familie aus der Ordnung der Schmetterlinge (s. d.).

Rhopographie (griech., "Kleinkrammalerei"), in der griech. Malerei Bezeichnung für das niedere Genre, worin sich besonders Peiraiikos auszeichnete. Da er nach Plinius Barbierstuben, Schusterwerkstätten, Esel, Eßwaren u. dgl. malte, erhielt er den Spitznamen Rhyparographos ("Schmutzmaler") und danach die ganze Gattung die Bezeichnung Rhyparographie.

Rhoswitha, Dichterin, s. Hroswitha.

Rhotazismus (griech.), die Eigentümlichkeit mehrerer griech. Dialekte, z. B. des spartanisch-eleischen, statt eines σ (s) ein ρ (r) zu setzen, besonders am Ende der Wörter; auch heißt R. das zu starke Aussprechen des Buchstaben R.

Rhuddlan (spr. röddlen), Städtchen in Flintshire (Wales), an der Mündung des Clwyd, wo Offa, König von Mercia, 795 die Walliser unter Caradoc vernichtete u. die Häuptlinge 1233 dem Sohn Eduards I. Treue schwuren. R. hatte 1881: 1242 Einw.

Rhus L. (Essigbaum, Sumach), Gattung aus der Familie der Anakardiaceen, Bäume und Sträucher mit scharfem, oft giftigem Saft, einfachen, ein- bis dreizähligen oder unpaarig gefiederten Blättern, kleinen, zwitterigen oder polygamischen Blüten, meist in großen, gipfel- oder seitenständigen, rispigen Trauben, und ziemlich trockner Steinfrucht. R. coriaria L. (Gerbersumach, echter Essigbaum, s. Tafel "Gerbmaterialien etc."), ein kleiner Baum in den Mittelmeerländern, bei uns strichförmig, mit fünf- bis siebenjochig gefiederten, zottig behaarten Blättern, grob gezahnten, elliptischen Blättchen, grünlichen, unscheinbaren Blüten in dichten Rispen am Ende der Zweige und roten Steinfrüchten, wird als Zierstrauch angepflanzt und auch der Blätter halber kultiviert, welche eins der wichtigsten Materialien zum Gerben und Schwarzfärben, den Sumach (Schmack), liefern. Die Früchte benutzt man im Orient, um Essig sauer zu machen, und als Gewürz an Speisen. R. cotinus L. (Perückensumach, Rujastrauch, Gelbholzsumach), ein buschiger Strauch mit rundlich spitzen, ganzrandigen Blättern und grünlichweißen Blüten in großen Rispen am Ende der Zweige, welche aber zum großen Teil unfruchtbar sind und abfallen, worauf die mit langen Haaren besetzten Stiele sich verlängern, ist in Südeuropa und dem Orient heimisch, wird aber bei uns vielfach als Zierstrauch kultiviert; er liefert das Fisettholz und ebenfalls Sumach. R. toxicodendron L. (Giftsumach, Giftbaum, Gifteiche), ein kletternder, aufrechter oder auf dem Boden liegender Strauch mit langgestielten, dreizähligen Blättern, eiförmigen, zugespitzten, am Grund keilig verschmälerten Blättchen, von denen das mittelste lang gestielt ist, blattwinkelständigen, weißen Blüten und weißen Früchten, stammt aus Nordamerika, wird bei uns als Zierstrauch kultiviert, findet sich zum Teil auch verwildert und ist sehr giftig. Verschiedene Personen werden aber in sehr ungleichem Grade durch das Gift affiziert; bei manchen (besonders blonden) erzeugt schon die Berührung oder das Abbrechen eines Zweigs Schwellung und Entzündung der Hände, Arme, selbst des ganzen Körpers und der Milchsaft Blasen, schwer heilende