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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rinde; Rindenbrand; Rindenfaser; Rindenlaus; Rindenporen; Rinder; Rinderhäute; Rinderpest

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Rinde - Rinderpest.

an Tränke. Die Ernährung der Milchkühe geschieht am zweckmäßigsten auf der Weide, die aber mit Kleepflanzen und Gräsern dicht bestanden sein und den Tieren Schutz gegen die Witterung gewähren muß; die Kuh muß auf derselben sich in kurzer Zeit sättigen und darauf der Ruhe pflegen können, wenn sie viel Milch geben soll. Die Stallfütterung während des Sommers ist in solchen Wirtschaften gebräuchlich, wo der Betrieb technischer Gewerbe auch für diese Zeit Futter liefert und der ausgedehnte Ackerbau sehr viel Dünger erfordert. Man unterscheidet trockne und grüne Stallfütterung; bei der erstern kommen getrocknete Futtermassen, namentlich Heu und Stroh, mit Abfällen von technischen Gewerben (Biertreber, Malzkeime, Ölkuchen u. dgl.) zur Verwendung, während bei der zweiten Grünfutter (Luzerne, Esparsette, Klee, Futterwicken, Futtermais u. dgl.) verabreicht wird. Soll der grünen Futtermasse Kraftfutter zugesetzt werden, so eignet sich dazu am besten die Kleie von Roggen und Weizen, wogegen Ölkuchen leicht Durchfall und Getreideschrot Störung in der Verdauung hervorrufen. Bei der Winterfütterung der Kühe wird in ähnlicher Weise wie bei der trocknen Sommerstallfütterung verfahren; jedoch kommen hierbei die Wurzeln und Knollenfrüchte zur Verwendung, von welchen besonders die zuckerreichen Rüben auf die Milchabsonderung günstig wirken. Das Futter muß eine genügende Menge von Nährstoffen enthalten, um die Funktionen aller Organe in Thätigkeit zu erhalten. Bei der Mästung sind die eiweißhaltigen Futterstoffe von noch größerer Wichtigkeit als bei der Fütterung der Milchkühe, weil sie vornehmlich die Ablagerung von Fett veranlassen. - Die Rindviehzucht nimmt in betreff ihrer Einträglichkeit und Wichtigkeit für den menschlichen Haushalt unbedingt die erste Stelle in der landwirtschaftlichen Tierzucht ein. Auch alle Abfälle, wie Felle, Haare, Hörner, Klauen, und die innern Teile, wie Blut, Talg und Eingeweide, werden zu den verschiedensten Zwecken verwendet. Die Aufmerksamkeit der Landwirte hat daher der Rindviehzucht und Rindviehhaltung sich besonders zugewendet und zwar nicht allein in Verbesserung der Zucht, Wartung und Pflege, sondern auch in Vervollkommnung der Milchwirtschaft und der Butter- und Käsefabrikation. Vgl. Viehhandel.

Die Krankheiten des Rindes sind sehr zahlreich. Gegen die gefährlichste Seuchen (Rinderpest, Lungenseuche, Milzbrand, Rauschbrand, Mauke und Klauenseuche) erfolgt die Bekämpfung durch gesetzliche Abwehr- und Schutzmaßregeln. Die wichtigsten andern Krankheiten sind: die Perlsucht (Tuberkulose), das bösartige Katarrhalfieber (Rachendiphtherie), die Knochenbrüchigkeit, die Lecksucht, die Magen-Darmentzündungen, die akute und chronische Unverdaulichkeit, die durch innere Verwundung verursachte (traumatische) Herzbeutelentzündung, der chronische Durchfall, die Ruhr, das Blutharnen, die chronische Nierenentzündung und die Gebärmutterentzündung. Vgl. Pabst, Anleitung zur Rindviehzucht (4. Aufl. von Thaer, Stuttg. 1880); Martens, Die Rindviehzucht in Schleswig-Holstein (3. Aufl., Oldenb. 1853; Baumeister, Anleitung zum Betrieb der Rindviehzucht (4. Aufl., Stuttg. 1863); v. Weckherlin, Landwirtschaftliche Tierproduktion (4. Aufl., das. 1865, 3 Tle.); Ellerbrock, Die holländische Rindviehzucht und Milchwirtschaft (2. Aufl., Braunschw. 1870); Kühn, Die zweckmäßigste Ernährung des Rindviehs (9. Aufl., Dresd. 1887); Fürstenberg u. Rohde, Rindviehzucht (2. u. 3. Aufl., Berl. 1876-85, 2 Bde.); Wilckens, Die Rinderrassen Mitteleuropas (Wien 1876); Lehnert, Die Rinderrassen Deutschlands, Hollands, der Schweiz etc. (Brem. 1882); Rütimeyer: Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes (Zür. 1867 u. 1869).

Rinde (Cortex), das den äußern Teil der Stengel und Wurzeln bildende, zwischen der Epidermis und dem System der Fibrovasalstränge liegende parenchymatische Grundgewebe bei den krautartigen Pflanzen und bei den Holzgewächsen. Bei den letztern ist sie jedenfalls an den ein- und wenigjährigen Organen vorhanden, wird aber beim Erstarken der Stämme vielfach durch andre Gewebe ersetzt, die man im gewöhnlichen Sprachgebrauch auch als R. bezeichnet, indem man darunter alles das Holz umgebende Gewebe, also auch den Weichbast und bei ältern Stämmen die Borke, versteht. (S. Periderm und Kork.) Rinden finden vielfache Benutzung. Ihr Reichtum an Gerbsäure macht sie zu den wichtigsten Gerbmaterialien, und zur Gewinnung der Gerbrinden werden die betreffenden Gehölze (Eiche und Akazie) in Schälwaldungen gezogen und läßt man die Schößlinge nur das Alter erreichen, in welchem sie die beste R. liefern. Die Korkeiche liefert den Kork, viele andre Rinden und Rindenteile (Chinarinde, Zimt etc.) werden arzneilich oder als Gewürz benutzt.

Rindenbrand, das Aufspringen und Absterben der Baumrinde, findet sich an den Sonnenseiten (Süd und Südwest) der Stämme und wird hauptsächlich durch die starke Einwirkung der Sonnenhitze erklärt. Am meisten ist dem R. die Rotbuche unterworfen.

Rindenfaser, s. Rhizomorpha.

Rindenlaus, s. Blattläuse.

Rindenporen, s. Lenticellen.

Rinder (Bovina), Unterfamilie der Horntiere (Cavicornia) aus der Ordnung der Paarzeher, s. Horntiere.

Rinderhäute, rohe Häute von Rindern, für die Lederfabrikation bestimmt, kommen besonders aus Südamerika in den Handel. Man unterscheidet Saladeros (Wildhäute) von dem halbwilden Pampasvieh, Matadores vom Fleischervieh aus den Städten, Campos vom Fleischervieh aus Einzelhöfen. Die Häute sind entweder naß, d. h. im frischen Zustand auf der Fleischseite mit Salz, Salpeter, Soda, Alaun, Asche etc. eingerieben, oder an der Luft oder Sonne getrocknet. Die nassen Häute halten sich besser, fallen aber schwerer ins Gewicht und nehmen beim Gerben nicht so stark zu wie die trocknen. Die meisten südamerikanischen Häute kommen aus Buenos Ayres und Montevideo (La Plata-Häute) in den Handel, und diese sind die wertvollsten; ihnen stehen Ambalema und Rio Grande am nächsten, während die Häute aus Brasilien und Westindien leichter sind und weniger gelten. Mexiko, La Guaira, Carácas, Cartagena liefern ebenfalls leichte, aber bessere Häute. Sehr viel, aber geringe Ware, liefert Texas; auch Chile exportiert R., ebenso Afrika (Kap, Abessinien, Madagaskar, Tunis), Java, Singapur, Australien. In Europa liefert Ungarn die besten R., dann folgen Dänemark, Holland, Deutschland, Rußland, Polen etc. England bezieht R. aus Ostindien und vom Kap.

Rinderpest (Löserdürre, Viehseuche oder gemeines Viehsterben, Pestis bovina), die gefährlichste Krankheit, von welcher die Rinder befallen werden. Auch Schafe, Ziegen, Antilopen, Hirsche und andre Wiederkäuer sind für das Kontagium der R. empfänglich, aber in einem viel geringern Grad als das Rind. Bei Menschen, Pferden, Hunden, Schweinen und beim Geflügel haftet das Kontagium der R. gar nicht. Die Seuche ist in Asien, namentlich im