Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

853

Ristič - Ritgen.

schleswig-holsteinischen Regierung ernannt, legte 1846 sein Amt nieder und starb 1847. Seine interessanten "Lebenserinnerungen" gab G. Poel heraus (Gotha 1880-88, 3 Bde.).

Ristič (spr. -itsch), Jowan, serb. Staatsmann, geb. 1831 zu Kragujewatz, studierte in Heidelberg, Berlin und Paris, trat 1854 in den serbischen Staatsdienst, ward bald Sektionschef im Ministerium des Innern, ging 1860 als serbischer Gesandter nach Konstantinopel, wo er die Verhandlungen wegen der Übergabe der serbischen Festungen leitete, ward 1868 Minister der auswärtigen Angelegenheiten und war nach der Ermordung des Fürsten Michael bis 1872 Mitglied der während Milans Minderjährigkeit eingesetzten Regentschaft. 1872-73 Ministerpräsident, ward er von Marinowitsch verdrängt, aber 1876, nachdem er sich der panslawistischen Partei (der Omladina) angeschlossen, im Mai wieder Ministerpräsident und Minister des Äußern. Er leitete in der wichtigen Zeit des Kriegs mit der Türkei und des Berliner Kongresses, auf dem er Serbien selbst vertrat, die serbische Politik mit großer Gewandtheit, so daß Serbien nicht bloß die Unabhängigkeit, sondern auch eine bedeutende Gebietserweiterung erlangte. Als er aber, durch seine Erfolge zu weitern Eroberungsplänen ermutigt, Österreich schroff entgegentrat, erzwang dies durch eine Drohnote 17. Okt. 1880 seine Entlassung. Er war fortan Führer der liberalen, russenfreundliche Partei und Juli 1887 bis Januar 1888 wieder an der Spitze eines liberal-radikalen Ministeriums. Auch als Schriftsteller war R. thätig. In deutscher Sprache schrieb er: "Kurze Charakteristik des geistigen und sittlichen Zustandes von Serbien" (Heidelb. 1851) u. "Die neuere Litteratur der Serben" (Berl. 1852). Seine Schriften erschienen gesammelt u. d. T: "Spoljni odnošaji Srbije" (Belgr. 1887 ff.).

Ristōri, Adelaide, berühmte Schauspielerin, geb. 26. Jan. 1818 zu Cividale in Friaul, betrat frühzeitig die Bühne, entfaltete, durch ein interessantes Äußere unterstützt, zuerst im Lustspiel, später in der Tragödie ein bedeutendes Talent. Nachdem sie sich 1847 mit dem Marchese Giuliano del Grillo vermählt hatte, verließ sie für einige Zeit die Bühne, unternahm aber seit 1850 Kunstreisen und erntete auf den größten Bühnen Italiens sowie zu Wien, Paris, London und Berlin außerordentlichen Beifall. 1857 trat sie mit gleichem Erfolg in Spanien, 1860 in Holland, 1861 in Rußland auf. In Paris spielte sie nach ihrer Rückkehr in französischer Sprache die für sie geschriebene Beatrix von Legouvé sowie dessen von der Rachel abgelehnte Medea, welche Rolle R. in der Übersetzung von Montanelli schon früher geschaffen hatte. 1864 feierte sie Triumphe in Konstantinopel, 1867 in den Vereinigten Staaten, worauf sie Mittel- und Südamerika, Anfang der 70er Jahre Australien und England, 1879 und 1880 Deutschland u. Schweden besuchte. Ihre Gestalten zeichneten sich durch tiefe Innerlichkeit und packende Glut der Leidenschaft aus. Vgl. ihre Autobiographie: "Ricordi e studi artistici" (Turin 1887).

Ristórno (richtiger: Ritorno, ital.; franz. Ristorne, engl. Return, "Rückkehr"), Zurückschreibung, Ab- und Zuschreibung eines Postens im Handelsbuch; namentlich die Ausgleichung eines irrig eingetragenen Postens durch Eintragen eines Gegenpostens von gleichem Betrag (Ristornieren, Stornieren). Im Versicherungswesen versteht man unter R. die Rückgabe der Prämie bei Ungültigkeit oder anderweiter Aufhebung des Versicherungsvertrags. Bei der Seeversicherung kann jedoch der Versicherer in einem solchen Fall zur Entschädigung für Bemühungen und Aufwendungen einen Abzug (Ristornogebühr) machen, der nach dem deutschen Handelsgesetzbuch, sofern nicht ein andrer Betrag vereinbart oder am Orte der Versicherung üblich ist, in ½ Proz. der ganzen oder des entsprechenden Teils der Versicherungssumme und, wenn die Prämie nicht 1 Proz. der letztern erreicht, in der Hälfte der ganzen Prämie oder bei nur teilweiser Aufhebung des Vertrags und bei nur teilweiser Zurückgabe der Prämie in der Hälfte des verhältnismäßigen Teils der letztern bestehen soll. Ähnliche Grundsätze gelten auch in andern Seestaaten. Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 699, 899-902; Code de commerce, Art. 349, 356 ff.; Lewis, Deutsches Seerecht (2. Aufl., Leipz. 1883, 2 Bde.).

Ristretto (ital.), s. v. w. kurzgefaßter Inhalt, Auszug aus Rechnungen etc. (daher Staatsristretto, kurze Darstellung der Staatsbegebenheiten).

Risum teneātis, amīci? (lat.), "würdet ihr euch des Lachens erwehren, Freunde?" Citat aus Horaz' "Ars poetica", V. 5.

Risvegliato (ital., spr. -sweljāto), musikal. Vortragsbezeichnung: geweckt, munter.

Ritardando (ritardato, ital.) musikal. Vortragsbezeichnung: langsamer werdend.

Ritchie (spr. rittschi), Anna Isabella, engl. Schriftstellerin, geb. 1837 zu London, Tochter des Humoristen Thackeray, brachte ihre Kindheit in Frankreich zu und trat 1863, sogleich mit Erfolg, mit "The story of Elizabeth" vor die Lesewelt. Es folgten: "To Esther, and other sketches" (1869); "The village on the cliff"; "Old Kensington"; "Tailors and spinsters, and other essays"; "Bluebeard's keys, and other stories"; "Five old friends and a young prince", Werke, die alle freudig begrüßt wurden. In andern Schriften benutzt sie in eigentümlicher Weise alte Volksmärchen zur Schilderung moderner Zustände und Ereignisse, so: "Dornröschen", "Aschenbrödel", "Rotkäppchen" u. a. Seit 1877 mit Richmond R. vermählt, lebt die Schriftstellerin gegenwärtig in Hampstead, einer Vorstadt von London. Sie veröffentlichte noch die Romane: "Miss Angel" (1875), "Miss Williamson's divagations" (1881) und "Mrs. Dymond" (1885) sowie "A book of sibyls: Mrs. Barbauld, Mrs. Opie, Miss Edgeworth, Miss Austen" (1883) und die Biographie "Madame de Sévigné" (1881). Eine Gesamtausgabe ihrer Werke erschien seit 1875.

Rite (lat.), in gebührender, förmlicher Weise.

Ritenūto (ital., abgek. rit.), musikal. Vortragsbezeichnung: zurückgehalten, zögernd (bezieht sich immer nur auf wenige Noten).

Ritgen, Hugo von, Architekt, geb. 3. März 1811 zu Stadtberge (Westfalen), studierte drei Jahre Medizin in Gießen, dann in Darmstadt, Paris und München Architektur, habilitierte sich 1834 in Gießen als Dozent des Baufaches und ist gegenwärtig Geheimer Baurat und Professor der Kunstwissenschaft daselbst. Seine hervorragendste Arbeit ist die Wiederherstellung der Wartburg, die er in den 50er Jahren ausführte. Auch eine Reihe andrer Burgen und Schlösser, wie Schloß Thurnau bei Kulmbach, der Rittersaal der Burg Reisenberg bei Sterzing, Burg Gleiberg bei Gießen etc., wurden durch ihn restauriert. Auch lieferte er den Plan zur Wiederherstellung von Schloß Eltz an der Mosel. Außerdem hat er sich besonders auf dem Gebiet des Privatbaues bekannt gemacht. Er schrieb: "Der Führer auf der Wartburg" (3. Aufl., Leipz. 1876).