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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rotulae; Rotulus; Rotumah; Rotunde; Roture; Rotwelsch; Rotwild; Rotwurz; Rotwurzel; Rotz

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Rotulae - Rotz.

in der Nähe bei dem Dorf Altstadt-R. noch sichtbaren Trümmer einer römischen Stadt, wo außer einer Menge andrer Altertümer auch ein schönes Mosaik aufgefunden wurde, welches sich jetzt in der Lorenzkirche auf dem Gottesacker befindet. Zum Landgerichtsbezirk R. gehören die acht Amtsgerichte: Balingen, Freudenstadt, Horb, Oberndorf, R., Spaichingen, Sulz a. N. und Tuttlingen. - Die Stadt R. war schon in der Karolingerzeit ein Kammergut mit königlicher Pfalz, wurde später Reichsstadt, schloß sich 1331 dem Schwäbischen Städtebund an und erwarb 1401 auch das Schultheißenamt. Sie hatte mit den Württembergern, besonders mit Herzog Eberhard, viele Kämpfe zu bestehen, weshalb sie 1463 und noch einmal 1519 in den Schweizerbund trat. In der Reformationszeit fand die evangelische Lehre auch in R. Eingang, allein die Katholiken behielten die Oberhand, und 1529 mußten 400 evangelische Bürger aus der Stadt flüchten. 1632 unterwarf sie sich dem Herzog von Württemberg. Am 19. Nov. 1643 wurde sie von dem französisch-weimarischen Korps Guébriants, bald darauf wieder von den Kaiserlichen erobert. Bis 1784 bestand hier ein kaiserliches Hofgericht, in dessen erblichem Besitz sich die Grafen von Sulz befanden. Noch jetzt erinnert der steinerne Stuhl des Hofrichters im Garten des Waisenhauses an dieses Gericht. Als R. 1803 seine Reichsfreiheit verlor, hatte es 220 qkm (4 QM.) Gebiet und eine Bevölkerung von 11,000 Menschen. Im Sommer 1842 ward ein großer Teil der Stadt durch Feuer zerstört. Vgl. Ruckgaber, Geschichte der Stadt R. (Rottw. 1835, 3 Bde.).

Rotulae, Kügelchen; R. menthae piperitae, Pfefferminzkuchen; R. sacchari, Zuckerplätzchen.

Rotulus (lat., Rotul, Rotel), ein Bündel Akten; auch das Verzeichnis derselben. Zeugenrotulus, ehedem die unter gerichtliche Autorität gefertigte Zusammenstellung von Zeugenaussagen; daher rotulieren, dieselben aufzeichnen.

Rotumah, Insel, nordöstlich vom Fidschi-Archipel, 36 qkm (0,6 QM.) groß mit (1883) 2450 Einw. (meist christlichen Polynesian). Die von Korallenriffen umgebene, gebirgige Insel ist fruchtbar, das Klima gesund. Edwards entdeckte sie 1791; im J. 1879 wurde sie auf Wunsch der Häuptlinge in die britischen Besitzungen einverleibt und bildet seitdem eine Dependenz der Fidschiinseln.

Rotunde (auch Rotonde, lat. rotunda, ital. rotonda), Rundgebäude mit Zelt- oder Kuppeldach. Die Rotunden verdanken ihre Ausbildung vornehmlich der römischen und byzantinischen Baukunst sowie der Renaissance und wurden meist bei Tempeln und Kirchen angewandt, unter welchen das Panthéon in Rom vielfach Nachahmung gefunden hat. In neuerer Zeit werden Rotunden auch bei andern Bauwerken, z. B. Gasbehältergebäuden und Lokomotivremisen, angewandt u. dann meist mit eisernen Kuppeln gedeckt.

Roture (franz., spr. -tühr), meist verächtlich s. v. w. der nichtadlige Stand, Bürger- und Bauernstand; Roturier (spr. -ürjeh), Bürgerlichen Rotwasserbaum, s. Erythrophlaeum judiciale.

Rotwelsch (Rotwälsch), die älteste der vielen Bezeichnungen der Gaunersprache (s. Kochemer Loschen), kommt schon im Passional des 13. Jahrh. vor und wird abgeleitet von Rot (in der Gaunersprache s. v. w. Bettler, Landstreicher) und welsch (fremdartige Sprache). Vgl. Avé-Lallemant, Deutsches Gaunertum (Leipz. 1862, Bd. 4); Wagner, Die Litteratur der Gauner- u. Geheimsprache (Dresd. 1861).

Rotwild (Edelwild), in der Jägersprache Kollektivbezeichnung für das Wild aus der Gattung Hirsch.

Rotwurz, s. Tormentilla.

Rotwurzel, s. Ceanothus.

Rotz (Maliasmus, Malleus humidus), eine seit dem Altertum bekannte, ansteckende Seuchenkrankheit der Einhufer, welche auch auf Menschen, Katzen und andre Tiere übertragen werden kann. Ob der R. auf miasmatischem Weg entstehen kann, ist nicht endgültig entschieden. Gegenwärtig wird allgemein angenommen, daß die Krankheit nur aus Ansteckung hervorgeht. Das Kontagium, welches nach Löffler und Schütz in einem spezifischen Mikroorganismus (Rotzbacillus) besteht, ist fixer Natur, kann sich aber auf Entfernung von etwa 1 m in die atmosphärische Luft erheben und mittels der Atmung auf gesunde Pferde wirksam übertragen werden. Am konzentriertesten ist das Kontagium in dem Nasenausfluß, in den Absonderungen der Rotz-, resp. Wurmgeschwüre und in den Rotzknoten der Lungen enthalten. Die Wirkung des Kontagiums äußert sich durch Erzeugung kleiner, aus Rundzellen sich zusammensetzender Geschwülste (Granulome) und durch entzündliche Veränderungen. Besonders empfänglich sind die Respirationsschleimhaut und die Lungen, die äußere Haut, die Lymphdrüsen und die Lymphgefäße, außerdem Milz, Leber, Nieren, Muskeln und selbst die Knochen. Früher unterschied man die rotzigen Affektionen der äußern Haut von der eigentlichen Rotzkrankheit als Wurm. Gegenwärtig sagt man statt Wurm Hautrotz und bezeichnet die Entwickelung der rotzigen Krankheitszustände in der Nase oder in den Lungen und andern Organen als Nasenrotz, Lungenrotz etc. Mit der Einwirkung des Kontagiums entsteht zunächst an einer kleinen Stelle eine Infiltration von Rundzellen. Letztere zerfallen alsbald, und hiermit wird das Gewebe selbst an der betreffenden Stelle angegriffen. Auf diese Weise entsteht das Rotzgeschwür. Oft ist das Geschwür nur sehr klein (linsenförmige, lentikuläre Rotzgeschwüre) u. kann ziemlich glatt verheilen. Häufiger erreicht es die Größe einer Erbse bis einer Walnuß und zeigt sehr geringe Neigung zur Heilung. Auch sieht man auf der Nasen- und Luftröhrenschleimhaut förmliche Konglomerate von Geschwüren. Im allgemeinen verheilen die oberflächlichen Geschwüre am häufigsten und hinterlassen meist eine größere, sternförmige Narbe auf der Nasenschleimhaut und in der Luftröhre. In den Lungen bilden sich kleinere und größere knötchenförmige Geschwülste (Rotzknoten). Die äußere Haut erkrankt im allgemeinen unter den gleichen Formen wie die Respirationsschleimhaut. Die infektiöse Natur des Rotzkontagiums bedingt fast immer eine Mitaffektion der nächst gelegenen Lymphdrüsen und Lymphgefäße. An der Haut stellen sich strangförmige Anschwellungen der Lymphgefäße mit Eiterung und Verdickung in den Lymphdrüsen ein (Wurm). Beim Nasenrotz zeigt sich konstant eine Anschwellung und höckerige Verdickung der Kehlgangsdrüsen an der betreffenden Seite. Auch beim Lungenrotz findet man häufig eine sekundäre Affektion in den Lymphdrüsen an der Lungenwurzel und im Mittelfell. Gewöhnlich 2-6 Wochen nach der Ansteckung treten die ersten Krankheitszeichen offenkundig hervor, bei künstlicher Übertragung (Impfung des Kontagiums) aber nicht selten schon nach 4-8 Tagen. Häufig entwickelt sich der R. von vornherein in den Lungen, und dann kann ein Pferd Monate und Jahre an der Rotzkrankheit leiden, ohne daß bestimmte Symptome die spezifische Affektion erkennen lassen (latenter, okkulter R.). Mit der Ausbildung des Rotzes entsteht gewöhnlich Nasenausfluß, wobei die Nasenrauder durch eine schmutzige, graue oder grauweiße Masse